Glaubenspräfekt Müller: Franziskus kein Revolutionär

Der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller, sieht neue Herausforderungen auf Papst Franziskus zukommen, für einen „Revolutionär“ hält er ihn aber nicht.

Die Kirche muss sich nach Worten von Kurien-Erzbischof Gerhard Ludwig Müller im neuen Pontifikat neuen Herausforderungen stellen - unter Wahrung der Glaubenssubstanz. Den Begriff einer „Revolution“ durch Papst Franziskus, den italienischen Medien verbreitet haben, hält der Präfekt der Glaubenskongregation in einem Interview mit „Kathpress“ am Montag jedoch für verfehlt. „Die Grundlagen der Kirche, die Gott gelegt hat, lassen sich nicht von Menschen verändern“, sagte er.

Erzbischof Müller

Foto: dpa/Armin Weigel

Gerhard Ludwig Müller ist seit Juli 2012 Präfekt der Glaubenskongregation

Müller nahm auch zur Befreiungstheologie Stellung, mit der Franziskus seit seiner Wahl zum Papst in Verbindung gebracht wird. Dabei geht es laut Müller um das konkrete Engagement für die Armen.

„Keiner darf ausgeschlossen werden“

„Unsere Rede von der Würde des Menschen ist in die Wirklichkeit umzusetzen, wir müssen prophetisch und kritisch ungerechte Strukturen aufzeigen und aktiv gegen sie vorgehen, weil sie dem christlichen Menschenbild diametral widersprechen“, so Müller. „Keiner darf von den Gütern dieser Erde ausgeschlossen werden.“ Das gelte auch im Verhältnis der Völker zueinander. Es sei inakzeptabel, dass manche Länder „halbe Erdteile als ihren Hinterhof betrachten“.

Wenn manche Leute für die Befreiungstheologie seien, weil sie diese für eine linke Ideologie hielten, sollten sie bedenken, dass „der Kommunismus der größte Feind der Armen“ sei. „Für mich gilt als Kriterium, was jemand tatsächlich für die Armen tut“, so Erzbischof Müller.

Eine Neufassung der Position der Kirche zur Befreiungstheologie hält der Glaubenspräfekt nicht für notwendig. Die diesbezügliche Erklärung von 1986 wäge sehr gut ab, was unter Befreiungstheologie in einem positiven katholischen Sinn verstanden werden könne.

Abgrenzung zum marxistischen Menschenbild

Müller wörtlich: „Einen klaren Trennungsstrich muss man zu einer Art von Theologie ziehen, die sich von einem marxistischen, atheistischen Menschenbild leiten lässt. Ebenso abzulehnen sind Strömungen, die Heil schaffen wollen, indem sie den Großteil der Bevölkerung unterdrücken, wie wir es im Leninismus-Stalinismus erlebt haben. Nach dem universalen Heilswillen Gottes sollen alle Menschen gerettet werden.“

Der frühere Regensburger Bischof hat offenbar auch kein Problem damit, dass sich der von Joseph Ratzinger gemaßregelte Befreiungstheologe Leonardo Boff jetzt fast hymnisch über die Papstwahl und über den neuen Papst äußert. „Wenn Boff der ganzen Linie von Papst Franziskus folgt und das Papsttum anerkennt, ist es gut. Es geht nicht an, dass der Papst für Zwecke instrumentalisiert wird, die nichts mit dem Petrusdienst zu tun haben. Ich würde mich freuen, wenn Boff sich ganz vom Evangelium her bestimmen lässt und sich auf den Boden der katholischen Glaubenslehre stellt“, sagte Müller.

„Wandel in den Methoden“

Im Hinblick auf das neue Pontifikat sagte Müller, ein neuer Stil und ein „Wandel in den Methoden“ seien gut vorstellbar. Man könne „bei den Ausdrucksformen kirchlichen Lebens nicht immer nur Vergangenes kopieren und unverändert weiterführen“.

Zugleich steht Papst Franziskus laut Müller aber für Kontinuität in der Glaubensverkündigung. Er unterstrich, das Glaubensbekenntnis sei kein Parteiprogramm, das jeweils an neue Erwartungen angepasst werden könne. Ebenso dürfe die von Papst Franziskus aufgenommene Forderung nach einer „Entweltlichung“ nicht missverstanden werden, so Müller. Entweltlichung meine weder Weltfremdheit noch einen Rückzug der Kirche aus der Welt.

Der Kurienerzbischof betonte, der am 13. März gewählte Papst habe bisher noch keine Gelegenheit gehabt, ein fertiges Konzept seines Pontifikats zu entwerfen. Sicher werde er seine Erfahrungen aus Lateinamerika positiv einbringen. „Aber man kann die Weite der Weltkirche nicht nur auf die lateinamerikanische Dimension eingrenzen“, so der Präfekt der Glaubenskongregation.

KAP

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