Synode: Latein erstmals nicht offizielle Sprache

Bei der Bischofssynode zu Familienthemen im Vatikan gibt es gegenüber früheren Treffen einige Neuerungen. Eine davon ist die Sprache: Erstmals werden die Statements der Teilnehmer nicht auf Latein vorgetragen.

Die Vorträge gehörten zu den wenigen Anlässen, zu denen im Vatikan noch Latein gesprochen wurde - auch wenn Latein bis heute eine der Amtssprachen des Kirchenstaats ist - mehr dazu in Wo Latein noch lebt. Während des weiteren Verlaufs der Synoden hatten sich die Bischöfe allerdings auch schon früher kaum mehr in der Sprache der Römer verständigt.

Wie der Generalberichterstatter der Synode, Kardinal Peter Erdö, zur Eröffnung mitteilte, hat Papst Franziskus entschieden, dass Italienisch und nicht mehr Latein „offizielle“ Sprache der Versammlung ist. „Das vereinfacht die Sache etwas“, sagte Erdö. In den vergangenen Jahren, als man sich anderthalb Stunden eine Vorlesung auf Latein angehört habe, sei das „für alle nicht einfach gewesen“.

Twitter als Sprachrohr

Zur Synoden-Eröffnung am Montag hatte der Vatikan auch erstmals live und umfassend aus einer internen Beratung getwittert: Am ersten Sitzungstag der Bischofssynode zum Thema Familie verbreitete der Pressesaal des Heiligen Stuhls unter @HolySeePress Inhalte der laufenden Ansprachen über den Kurznachrichtendienst.

An die rund 190 teilnehmenden Bischöfe selbst appellierte der Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, hingegen, nicht während der Sitzungen zu twittern. Zugleich gestand er ihnen ausdrücklich zu, sich außerhalb der Synodenaula vor Journalisten zu äußern - wobei er es „der Klugheit jedes Einzelnen“ anheimstellte, welche Informationen an die Öffentlichkeit sollten.

Kardinal schaut in einen Tablet-Computer

Reuters/Max Rossi

Ein Bischof bei der Synode im Vatikan

Viele Änderungen

Tagungsort der Bischöfe ist die Synodenaula, die sich im Gebäude der vatikanischen Audienzhalle befindet. Die Bischöfe treten täglich (außer am 11. und 12. Oktober) zu zwei Sitzungen zusammen. Bis zum 13. Oktober tagt das Plenum zu den ersten zehn sogenannten Generalkongregationen. Vom 14. bis zum 16. Oktober beraten die Bischöfe in den sogenannten kleineren Zirkeln jeweils nach Sprachgruppen geordnet.

Die andere Vortragssprache und die Twitterbegleitung sind nicht die einzigen Neuerungen. Die Arbeitsmethoden wurden grundlegend verändert. Neu ist zum Beispiel, dass die Bischöfe im Plenum nicht mehr ihre zuvor eingereichten schriftlichen Stellungnahmen verlesen dürfen, sondern frei sprechen sollen. Sie können dabei ihren eingereichten Text mündlich zusammenzufassen, dürfen sich aber auch zu einem ganz anderen Thema äußern. So soll das Eingehen auf Vorredner ermöglicht und eine Debatte erleichtert werden.

Die Redezeit beträgt vier Minuten je Stellungnahme. Am Beginn jeder Generalkongregation steht die Stellungnahme eines Ehepaares oder eines anderen „Gasthörers“. Von 18.00 bis 19.00 Uhr können jeweils sogenannte „freie Stellungnahmen“ außerhalb der engeren Tagesordnung abgegeben werden.

Programm nach Arbeitspapier

Den thematischen Leitfaden bildet das Arbeitspapier, das vor der Synode veröffentlicht wurde. Das in der deutschen Version 85 Seiten umfassende Dokument ist auf der Grundlage der Rückmeldungen auf die vatikanische Umfrage zu Ehe, Familie und Sexualität entstanden. Die Synode behandelt ihre Themen in der Reihenfolge, wie sie in diesem Fragenkatalog geordnet waren.

Am Montagnachmittag standen demnach etwa die biblischen und kirchlichen Aussagen zur Familie sowie Kenntnis und Rezeption der kirchlichen Lehre über Ehe und Familie auf der Tagesordnung. Am Mittwochnachmittag widmen sich die Bischöfe dann dem Thema wiederverheiratete Geschiedene, das unter die „pastoral schwierigen Situationen“ fällt.

Viele scheitern am Familienideal

Vatikansprecher Federico Lombardi gab am Dienstag bei einer Pressekonferenz zusammenfassend Einblick in die Statements der ersten beiden Tage. In zahlreichen Wortmeldungen deutlich geworden, dass das Ideal des christlichen Familienlebens häufig an der konkreten Lebenssituation vieler Menschen scheitere, sagte er.

Demnach lieferten dazu am Montag und Dienstag 70 Kardinäle und Bischöfe kurze Redebeiträge. Die Teilnehmer hätten deutlich gemacht, dass die Schönheit der christlichen Lehre nicht in Regeln und Gesetzen liege, sondern die Botschaft Jesu im Mittelpunkt stehen müsse, so Lombardi.

Dies gilt nach Ansicht der Synodalen besonders mit Blick auf die moralische Dimension der Ehe. Immer wieder sei dabei die Unauflöslichkeit der christlichen Ehe hervorgehoben worden, so Lombardi. Allerdings verwiesen Redner laut Lombardi auch darauf, dass es heutzutage auch andere Partnerschaftsmodelle und Beispiele für gelebte Treue gebe, die nicht vorschnell als sündhaft verurteilt werden dürften. Dies könne aber kein Anlass sein, den Wert des Ehesakraments in Zweifel zu ziehen.

Marx: Ideale Realität von Ehe und Familie gab es nie

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hatte sich am Montag als einer der ersten Synodenteilnehmer den Fragen der Journalisten gestellt. Er sprach sich gegen eine Glorifizierung einer vermeintlich guten alten Zeit aus.

„Wir sollten den Unterton vermeiden, es habe irgendwann eine ideale Realität von Ehe und Familie gegeben“, sagte Marx. Das sei eine „falsche“ und „ungeschichtliche“ Sicht, „die ein bisschen reconquistamäßig“ sei. Es dürfe nicht darum gehen „wiederzugewinnen, was wir mal hatten“. Bei der von Marx angesprochenen Reconquista handelt es sich um die christliche Wiedereroberung der zuvor von den Mauren beherrschten Iberischen Halbinsel.

Zugleich forderte der Kardinal, der auch zum engsten Beratergremium des Papstes, der so genannten K9, gehört, eine „öffentliche Debatte“ über Ehe und Familie in der Kirche. In diesem Sinne habe er sich auch bei der Synode geäußert. Der Kardinal betonte, die Lehre der Kirche sei kein „statisches Gebilde“ und müsse „weiterentwickelt“ werden. Die Synode habe zwar nicht das Ziel, die Lehre zu verändern. Aber man könne auch nicht sagen: „Wir rühren nicht an der Lehre und betrachten nur die Pastoral.“

Respekt vor homosexuellen Treuebeziehungen

Marx plädierte auch für eine differenziertere Sicht auf Homosexualität in der katholischen Kirche. Über eine homosexuelle Beziehung, die über Jahrzehnte treu gelebt werde, könne man nicht sagen, „das ist alles nichts“. Das sei ein „bisschen zu stark“. In solchen Fällen dürfe die Kirche nicht "einfach alles über einen Kamm scheren, sondern müsse es „genauer anschauen“, forderte der Kardinal. Deswegen heiße er aber „nicht einfach homosexuelle Beziehungen gut“.

Der erste Tag der Bischofssynode sei „Mut machend“ gewesen und habe in einer „Atmosphäre der Offenheit“ stattgefunden, berichtete Marx weiter. Die Bandbreite der Beiträge sei sehr groß gewesen. Geäußert hätten sich „viele, die klar gemacht haben, dass sie ein pastorales Interesse haben, dass sie die Realitäten der Menschen wahrnehmen“.

religion.ORF.at/KAP

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