Papst: Materielle Gier droht Menschheit zu zerstören

Papst Franziskus hat am Freitag vor der UNO-Vollversammlung in New York die Staatengemeinschaft eindringlich gewarnt, dass sich die Menschheit aus materieller Gier und mangelndem Gerechtigkeitssinn auslöschen könnte.

„Die ökologische Krise könnte zusammen mit der Zerstörung eines großen Teils der biologischen Vielfalt die Existenz der Spezies Mensch selbst in Gefahr bringen“, sagte der Papst am Freitag vor der UNO-Vollversammlung in New York. Zugleich kritisierte er die bisherige Politik internationaler Finanzinstitutionen.

Kritik an „Wegwerfkultur“

Angesichts der „unheilvollen Auswirkungen einer unverantwortlichen Zügellosigkeit der allein von Gewinn- und Machtstreben geleiteten Weltwirtschaft“ müssten die Menschen rasch umdenken, mahnte der Papst und kritisierte eine um sich greifende Mentalität einer „Wegwerfkultur“. Die Welt sei heute so eng miteinander verbunden, dass sich Probleme in einem Teil der Welt auch in anderen zeigten, sagte der Papst - ohne allerdings etwa die Flüchtlingskrise explizit zu erwähnen.

Behinderung des Fortschritts

Auch die internationalen Organisationen müssten sich um mehr Gerechtigkeit bemühen. Das gelte auch für den UNO-Sicherheitsrat und die internationalen Finanzorganisationen, denen der aus Argentinien stammende Papst indirekt vorwarf, Fortschritt nicht zu fördern, sondern zu behindern.

Papst Franziskus spricht vor dem Weltsicherheitsrat der UN

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Papst Franziskus sprach vor dem Weltsicherheitsrat der UNO

Er forderte, „alle Art von Missbrauch oder Zinswucher besonders gegenüber den Entwicklungsländern zu begrenzen“. Ohne den für seine Politik umstrittenen Internationalen Währungsfonds (IWF) namentlich zu nennen, warnte er vor einer „erstickenden Unterwerfung durch Kreditsysteme“. Das 78-jährige Oberhaupt der Katholiken warnte, dass das „die Bevölkerung unter das Joch von Mechanismen zwinge, die zu noch größerer Armut, Ausschließung und Abhängigkeit führen“.

Eliminierung von Hunger und Armut bis 2030

Ausdrücklich begrüßte der Papst dagegen, dass die UNO in New York eine Agenda mit 17 Entwicklungszielen (Sustainable Development Goals, SDGs) beschließen will. Dazu gehört die völlige Eliminierung von Hunger und Armut bis 2030. Franziskus mahnte jedoch Eile an: „Wir können es uns nicht leisten, einige Zeitpläne auf die Zukunft zu verschieben.“

„Die Zukunft verlangt von uns kritische und globale Entscheidungen im Hinblick auf die weltweiten Konflikte, die die Anzahl der Ausgeschlossenen und Bedürftigen erhöhen“, sagte er weiter. Weltweit zeige sich aber, dass es einerseits sehr viele folgenlose „Scheinrechte“ gebe und andererseits keinerlei Schutz für große Bereiche der Umwelt, aber auch der Menschheit.

Papst Franziskus spricht vor dem UN Weltsicherheitsrat

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Lob für die Vereinten Nationen

Zugleich lobte der Papst die UNO als unverzichtbare Organisation zum friedlichen Ausgleich von Interessen zwischen Nationen. So etwa das Atomabkommen mit Iran: Dieses sei ein Beweis dafür, was man mit politischem guten Willen erreichen könne - er hofft, dass diese Vereinbarung dauerhaft und wirkungsvoll ist. Ausdrücklich warnte er vor militärischen Interventionen etwa im Nahen Osten: „Es fehlt nicht an herben Beispielen für die negativen Folgen politischer und militärischer Interventionen, die unter den Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft nicht abgestimmt wurden.“

Schritte gegen Ausbeutung und Gewalt

Unmittelbar vor Beginn des UNO-Gipfels zu den Nachhaltigkeitszielen forderte der Papst von den Regierungen der Welt „unverzügliche Maßnahmen“. „Es reichen nicht die feierlich übernommenen Verpflichtungen“, sagte Papst Franziskus. Es müsse darum gehen, etwa Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung von Jungen und Mädchen, Sklavenarbeit einschließlich Prostitution, Drogen- und Waffenhandel, Terrorismus und internationale organisierte Kriminalität so schnell wie möglich zu überwinden. „Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Institutionen wirklich effektiv sind im Kampf gegen all diese Plagen.“

Umweltschädigung ist „Schädigung der Menschheit“

Auch zum Thema Umwelt fand der Papst scharfe Worte: „Jede Schädigung der Umwelt ist eine Schädigung der Menschheit.“ Jeder Mensch habe ein Recht auf Leben, was einem „Existenzrecht der menschlichen Natur selbst“ entspreche. Die heute verbreitete „Wegwerfkultur“ treffe die Ärmsten der Welt am härtesten. Die Welt sei heute so eng miteinander verbunden, dass sich Probleme in einem Teil der Welt auch in anderen zeigten, sagte er - ohne allerdings etwa die Flüchtlingskrise explizit zu erwähnen.

„Tatsächlich führt ein egoistisches und grenzenloses Streben nach Macht und materiellem Wohlstand dazu, sowohl die verfügbaren materiellen Ressourcen ungebührlich auszunutzen als auch die auszuschließen, die schwach und weniger tüchtig sind“, sagte der Papst. Er sei überzeugt, dass die UNO-Klimakonferenz in Paris im Dezember Fortschritte bringe.

Jahrtausendziele noch nicht erreicht

Vor 15 Jahren hatte die UNO die sogenannten Jahrtausendziele (Millennium Development Goals, MDGs) beschlossen, im Rahmen derer bis 2015 eine drastische Senkung etwa von Hunger, Armut und Kindersterblichkeit erreicht hätte werden sollen. Bisher ist die internationale Gemeinschaft aber noch weit von der Zielerreichung entfernt. Die 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs) sollen nun darauf aufbauen.

Papst Franziskus mit UN Generalsekretär Ban Ki-moon

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Ban Ki Moon würdigte Papst Franziskus

„Mann des Glaubens für alle Glaubensrichtungen“

Kurz vor seiner Rede lobte Ban Ki Moon das katholische Kirchenoberhaupt als „Mann des Glaubens für alle Glaubensrichtungen“. Mit seinen Worten vor den UNO-Vollversammlung schreibe Franziskus Geschichte, da niemals zuvor ein Papst die jährliche Vollversammlung eröffnet und vor so vielen Staats- und Regierungschefs gesprochen habe. Ban dankte ihm für seinen Einsatz im Kampf gegen den Klimawandel und für die Würde aller Menschen und lobte ihn als „schallende Stimme des Gewissens“.

religion.ORF.at/APA/dpa/AFP/Reuters

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