Deutsche Bischöfe: Sakramente für Wiederverheiratete

Die deutschen katholischen Bischöfe wollen wiederverheirateten Geschiedenen einen Zugang zu den Sakramenten ermöglichen. Ihre Auslegung des Papst-Schreibens „Amoris laetitia“ enthält eine starke Betonung der Gewissensentscheidung.

„Eine Entscheidung für den Sakramentenempfang gilt es zu respektieren“, heißt es in dem mit Spannung erwarteten Bischofswort zum Papstschreiben „Amoris laetitia“, das die Deutsche Bischofskonferenz am Mittwoch veröffentlicht hat. Mit dieser Formulierung präsentieren die deutschen Bischöfe eine im internationalen Vergleich relativ weit gefasste Auslegung des heftig diskutierten Papstschreibens.

Gewissensentscheidung

Auch in einer Situation, „die objektiv irregulär, subjektiv aber nicht oder zumindest nicht völlig schuldhaft ist“, könne man in Gottes Gnade leben, lieben und dabei wachsen, „wenn man die Hilfe der Kirche und in gewissen Fällen auch die Hilfe der Sakramente bekommt“, so die Bischöfe mit Verweis auf den Punkt 305 des Papstschreibens. Auch dies spreche, heißt es weiter, „für die Möglichkeit des Sakramentenempfangs in diesen Situationen“.

Mann und Frau geben sich die Hände. Hand Ring

ORF/Marcus Marschalek

Kommunion für Wiederverheiratete: Differenzierte Lösungen müssten "dem Einzelfall gerecht werden, sagen die deutschen katholischen Bischöfe

Zugleich betonen die Bischöfe, dass es keinen „Automatismus“ in Richtung einer generellen Zulassung aller zivilrechtlich wiederverheiratet Geschiedenen zu den Sakramenten gebe. Der Gewissensentscheidung müssten eine ernsthafte Prüfung und ein geistlicher Prozess vorausgehen. An dessen Ende könne „nicht in jedem Fall der Empfang der Sakramente von Buße und Eucharistie“ stehen.

„Niemanden auf ewig verurteilen“

Bisher sind Katholiken, die nach einer Scheidung erneut zivil heiraten, vom Empfang der Kommunion generell ausgeschlossen, sofern sie nicht enthaltsam leben. Hintergrund ist die auf das Neue Testament zurückgehende Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe.

Die deutschen Bischöfe erklären, die Unauflöslichkeit der Ehe gehöre „zum unverzichtbaren Glaubensgut der Kirche“. Zugleich aber fordere der Papst den differenzierenden Blick auf die jeweiligen Lebenssituationen. Niemand dürfe „auf ewig verurteilt werden“. Die Betroffenen sollten erfahren, „dass ihre Kirche sie nicht fallen lässt“.

Differenzierte Lösungen

Das Papstschreiben bleibe daher nicht beim irreversiblen Ausschluss von den Sakramenten stehen, betonen die Bischöfe. Differenzierte Lösungen müssten „dem Einzelfall gerecht werden und dann zum Tragen kommen, wenn die Ehe nicht annulliert werden kann“. Zu vermeiden seien sowohl eine zu laxe als auch eine zu starre Handhabung.

In ihrem neuen Wort zu „Amoris laetitia“ kündigen die deutschen Bischöfe außerdem neue Wege zur intensiveren Ehevorbereitung und Ehebegleitung an. Dabei wollen sie Mut machen zur christlichen Ehe, Familien als „Lernorte des Glaubens“ stärken sowie Ehepaare und Familien auch in schwierigen Situationen begleiten.

Heftige Debatten

Seit der Veröffentlichung des Papstschreibens „Amoris laetitia“ im April 2016 gibt es in der katholischen Kirche heftige Debatten über den Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene. Konservative Katholiken meinen, der Papst setze mit seiner Öffnung nicht nur die Unauflöslichkeit der Ehe aufs Spiel, sondern letztlich die gesamte Lehre und Einheit der Kirche. Skeptiker sprechen von einem „faktischen Schisma“, das sich entlang der Frage der Unauflöslichkeit der Ehe durch die Weltkirche ziehe. Andere, wie der Wiener Pastoraltheologe Zulehner, sehen schlicht eine „neue pastorale Kultur“ der Zugewandtheit, die Papst Franziskus wünsche.

Franziskus selbst hat bisher nicht direkt auf Forderungen reagiert, sein Schreiben zu präzisieren und eine eindeutige und einheitliche Regelung für alle festzuschreiben. Mehrfach betonte er, es sei wichtig, die Einzelfälle genau zu unterscheiden. Auch deutete er an, er wolle den nationalen Bischofskonferenzen mehr Freiräume lassen, um Regelungen zu finden, die so gut wie möglich die jeweilige Situation in ihren Ländern berücksichtigen. Seitdem hat es in verschiedenen Ländern unterschiedlich weit gefasste Auslegungen des Schreibens gegeben.

religion.ORF.at/KAP/KNA/dpa

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