Bewährungshelfer und Täter

ORF/Metafilm

„Dreimal Todesstrafe“ und „Menschen töten“

„kreuz und quer“ zeigt Menschen, die sich in ihrem ganz persönlichen Leben mit Todesstrafe und Hinrichtung auseinandersetzen müssen.

Sendungslogo von "Kreuz & Quer"

ORF

Sendungshinweis

„kreuz und quer“ am Dienstag 4. September 2012, 22.30 Uhr, ORF 2

Wiederholung

Mittwoch 5. September 2012, 20:15 Uhr, ORF III

Der Dokumentarfilm „Dreimal Todesstrafe“ (Originaltitel: „Honk“) zeigt nicht nur die Realität der Todesstsrafe im heutigen Amerika, sondern auch Menschen, die sich in ihrem ganz persönlichen Leben mit Todesstrafe und Hinrichtung auseinandersetzen müssen. Kein Film, kein Buch wird jemals vollständig verstehen lassen, was einen Menschen dazu bewegt, einen anderen Menschen zu töten.

Der anschließende Dokumentarfilm „Menschen töten“ von Johnny Roth (23.20 Uhr) versucht sich diesem Verständnis anzunähern, indem der Film das Töten aus verschiedenen Blickwinkeln zeigt: Dem der Täter, dem der Opfer, der Psychologie, der Religion und dem der Menschen, die verurteilten Mördern und Hinterbliebenen zurück ins „normale“ Leben helfen. Eine interdisziplinäre Zusammenschau, die von Menschen und ihren Schicksalen erzählt und bei Zuseherinnen und Zusehern die Frage hinterlässt, ob nicht auch er bzw. sie zu töten fähig wäre.

ORF

ORF

Dorothee Frank, Schriftstellerin, Autorin des Sachbuchs „Menschen töten“

„Dreimal Todesstrafe“´

Es ist ein Juniabend im amerikanischen Bundesstaat Utah. Vier Frauen sind im Auto unterwegs. Es sind Angehörige der Familie Kirk, und das Ziel ihrer Fahrt ist das Staatsgefängnis südlich von Salt Lake City. Sie fahren zur Hinrichtung des wegen mehrfachen Mordes zum Tod verurteilten Ronnie Lee Gardner. George (Nick) Kirk war eines der Opfer Gardners, und die Witwe hofft, endlich Frieden zu finden, indem sie der Hinrichtung des Täters beiwohnt.

Todesstrafe

ORF

In dreiunddreißig Bundesstaaten der USA ist die Todesstrafe noch heute im Gesetz verankert. Aber ist sie noch zeitgemäß? Befürworter und Gegner kommen zu Wort. Vor allem aber geht es um die Betroffenen: die Verurteilen, auf die die Hinrichtung wartet, und die Angehörigen der Opfer, der Täter und der zu Unrecht Verurteilten. Drei Schicksale sind es, die Arnaud Gaillard & Florent Vassault in ihrer Dokumentation unter die Lupe nehmen. Im Bild: Exekutionspritsche.

So beginnt die erste von drei Episoden des Dokumentarfilms „Dreimal Todesstrafe“. Die zweite Episode erzählt von Curtis McCarty, der in Oklahoma wegen Mordes zum Tod verurteilt wurde und neunzehn Jahre seines Lebens im Todestrakt verbracht hat. Erst als die Zweifel an der Beweisführung der Anklage sich verhärteten und nachträgliche DNA-Tests McCarty als Täter ausschlossen, wurde das Urteil schließlich aufgehoben und McCarty wieder freigelassen.

Und dann ist da noch Golda Medina. Auch ihr Sohn wurde zum Tod verurteilt und sieht seit 1996 seiner Hinrichtung entgegen. Im Staat Texas ist dafür die Giftinjektion vorgesehen. Noch steht kein Termin fest, und die Mutter besucht ihren Sohn jede Woche im Gefängnis. Sie würde alles darum geben, ihn auch in die Arme nehmen zu dürfen, aber das ist nicht vorgesehen. Und sie befürchtet, es nie mehr zu können, denn ihre Hoffnung schwindet, dass sich die Hinrichtung ihres Sohnes doch noch abwenden lässt.

ORF

ORF

Dr. Reinhard Haller, Gerichtspsychiater. Was bewegt Menschen dazu, Menschen zu töten? Die Dokumentation versucht, verschiedene Blickwinkel einzunehmen. Die Sicht des Täters, der Hinterbliebenen, der Psychologie und der Religion.

In 33 der insgesamt 50 Bundesstaaten der USA ist die Todesstrafe für ganz besonders schwere Verbrechen im Gesetz vorgesehen. Im Jahr 2011 ist sie an 43 Menschen auch vollstreckt worden. Laut Meinungsumfragen wird sie von 61 Prozent der Bevölkerung gutgeheißen, obwohl sich ihre oft zitierte abschreckende Wirkung nicht nachweisen lässt und andererseits erwiesen ist, dass auch Schuldlose hingerichtet werden. Doch scheinen die Bemühungen der Todesstrafen-Gegner auch in Amerika Früchte zu tragen: Fünf Bundesstaaten haben in den vergangenen fünf Jahren die Todesstrafe abgeschafft, zuletzt Connecticut im April 2012. Ein Dokumentarfilm von Arnaud Gaillard und Florent Vassault

„Menschen töten“

Wir neigen heute dazu, die nachdenklichen Aussagen unserer großen Dichter zu vergessen und den Graben zu vertiefen, der zwischen uns und den plakativ in den Medien ausgemalten Verbrechen gezogen wird. Thomas Mann sprach von „Bruder Hitler“, Goethe sagte, er fühle sich jedes Verbrechens fähig. Heute ersetzt historische Distanz zu diesen Tätern Verständnismöglichkeiten durch Ahnungslosigkeit und sucht Zuflucht bei einer künstlichen Naivität. Wolfgang Schmidtbauer, Vorwort zu Dorothee Franks „Menschen töten“, 2006.

Bewährungshelfer und Täter

ORF/Metafilm

Ein wegen mehrfachen Mordes verurteilter Mann und sein Bewährungshelfer stehen am Ufer des Bodensees und blicken in die Ferne: Wie weit entfernt sind wir Durchschnittsbürger davon, einen Menschen zu töten? Wie lebt man mit dem Bewusstsein, einen Menschen getötet zu haben? Im Dokumentarfilm „Menschen töten“ begegnet man einem ehemaligen IRA-Terroristen, gemeinsam mit der Tochter seines Opfers; einem Wehrmachtssoldaten der über seine Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg ein Buch geschrieben hat: „Mit Gottvertrauen durch den Krieg“; dem Kriminalpsychologen Thomas Müller, dem Gerichtspsychiater Reinhard Haller, der Sachbuchautorin Dorothee Frank und dem Gefängnisseelsorger Arno Preis, die gemeinsam Fragen nachgehen wie: Steckt in jedem Mörder ein verletztes Kind? Und wenn ja – steckt das nicht in allen? Was unterscheidet dann diese Menschen von Durchschnittsbürgern? Menschen, die getötet haben, erzählen aus ihrem Leben. Ein Dokumentarfilm von Jonny Roth

„kreuz und quer“ ist nach der TV-Ausstrahlung sieben Tage auf der Video-Plattform ORF-TVthek (TVthek.ORF.at) als Video-on-Demand abrufbar.

Lesen Sie dazu:

Wenn Menschen Menschen töten (religion.ORF.at; 04.09.2012)