Alois Brunner

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Persönliche Schicksale unterm Hakenkreuz

„kreuz und quer“ setzt sich in den Dokumentationen „Hitlers Kinder“ und „Der Massenmörder und der Trillionär“ aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln mit den Verbrechen der NS-Zeit auseinander.

„kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – zeigt anlässlich des 75. Jahrestags der Volksabstimmung zu „Anschluss“ Österreichs an Hitlerdeutschland am 9. April 2013 mit Chanoch Ze’evis Film „Hitlers Kinder“ eine intensive, schmerzliche Auseinandersetzung mit der eigenen Herkunft und dem Thema Schuld und Aussöhnung. Danach steht eine tödliche Konfrontation am Kreuzungspunkt der Lebenswege von Geschäftsmann Siegmund Bosel und SS-Mörder Alois Brunner. Um diese beiden Personen und das schreckliche Finale baut Georg Ransmayr seine „kreuz und quer“-Dokumentation „Der Massenmörder und der Trillionär“, die anschließend auf dem Programm steht.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 9. April 2013
um 22.30 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:
Mittwoch, 10. April 2013
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 11. April 2013
um 11.50 Uhr, ORF 2
(nur „Der Massenmörder und der Trillionär“)

„Hitlers Kinder“

Hermann Göring, Rudolf Höß, Heinrich Himmler und Amon Göth – ihre Namen stehen für die grauenhaften Verbrechen des Nationalsozialismus. Die Nachkommen der Täter tragen schwer an ihrer Herkunft. „Wie viel Mörder steckt in mir?“ fragen sie sich. Katrin Himmler, Großnichte des „Reichsführers-SS“ beispielsweise ist mit einem Israeli verheiratet und setzt auf die bewusste Konfrontation, um die Scham zu überwinden. Rainer Höß, Enkel des Kommandanten, reist nach Auschwitz, um mit Nachkommen jüdischer Opfer zusammenzutreffen.

Wie gehen diese Männer und Frauen mit einer Hinterlassenschaft um, die sie mit einem der größten Verbrechen der Geschichte verbindet? Wie ist es für sie, mit einem Namen aufgewachsen zu sein, mit dem man sofort Bilder von Mord und Völkermord assoziiert?

Die Protagonisten:

Bettina Göring (53), Großnichte von Hermann Göring (Hitlers Oberbefehlshaber der Luftwaffe). Sie lebt in Santa Fe (US-Staat New Mexico), praktiziert alternative Medizin. Göring und ihr Bruder ließen sich freiwillig sterilisieren. „Ich habe das machen lassen, um mehr oder weniger keine weiteren Görings zu produzieren.“

Katrin Himmler (43), Großnichte von Heinrich Himmler („Reichsführer-SS“ und leitender Organisator des Völkermords). Sie heiratete einen israelischen Juden, Sohn von Holocaust-Überlebenden.

Monika Hertwig (65), Tochter von Amon Göth (Kommandant des KZs Plaszow): „Inwieweit kann man den Mörder vom Vater trennen? Wie viel vom Mörder steckt in mir? Diese Dinge treiben mich um.“

Im KZ Auschwitz lässt sich Rainer Höß die Villa des grausamen Lagerkommandanten, die Villa seines Großvaters, zeigen.

ORF/Cinephil

Im KZ Auschwitz lässt sich Rainer Höß die Villa des grausamen Lagerkommandanten, die Villa seines Großvaters, zeigen

Niklas Frank (70), Sohn von Hans Frank (Hitlers Generalgouverneur der besetzten polnischen Gebiete). Er erinnert sich, wie sein Vater ihn mit ins KZ nahm. Von den Horror-Bildern wird er heute noch heimgesucht: „In meinen Träumen sehe ich die Berge von Leichen im Lager.“

Rainer Höß (44), Enkel von Rudolf Höß (Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz). Der Enkel reist – gemeinsam mit einem Israeli, der einen Teil seiner Familie im Konzentrationslager verloren hatte – nach Auschwitz, um sich der dunklen Geschichte seiner Vorfahren zu stellen.

Ein Film von Chanoch Ze’evi

„Der Massenmörder und der Trillionär“

Februar 1942: Der gefürchtete SS-Mann Alois Brunner lässt wieder Hunderte Juden von Wien in die Vernichtungslager des Ostens deportieren. In einem Waggon befindet sich auch der schwerkranke Siegmund Bosel. Der einst steinreiche Unternehmer und Finanz-Jongleur war Anfang der 1920er-Jahre als Wiener Kronen-Trillionär bekannt geworden.

Etwa eine Woche nachdem Siegmund Bosel im Februar 1942 deportiert worden ist, erfährt dessen Familie, dass er den Transport nicht überlebt hat. Brunner hat Bosel getötet. Zeitzeugen, Angehörige und Historiker beleuchten die dramatischen Ereignisse, die zum Aufeinandertreffen der beiden geführt haben. Eigentlich war Bosel vor den Nazis bereits in Sicherheit, er lebte in Paris, doch wenige Tage vor dem Einmarsch deutscher Truppen im März 1938 kam er nochmals nach Wien zurück. Das wurde ihm zum Verhängnis.

Bosel und Brunner waren ursprünglich gelernte Verkäufer, aus kleinen, fast ärmlichen Verhältnissen stammend. Bosels Karriere ist kometenhaft. Brunner bringt es dagegen beruflich nicht weit, der fanatische Antisemit sucht früh sein Heil unterm Hakenkreuz. 1938 heuert der gebürtige Burgenländer bei Adolf Eichmann an und wird erbarmungsloser Vollstrecker der Judenvernichtung.

Die Dokumentation präsentiert bisher unveröffentlichte Dokumente und Bilder. Gestalter Georg Ransmayr, dem es gelang, die Tochter Siegmund Bosels erstmals für den ORF zu interviewen, erläutert auch, wie Alois Brunner als gesuchter Kriegsverbrecher in den 1950er-Jahren in Syrien Unterschlupf finden konnte. Etwa 130.000 Juden hat Brunner ungestraft in den Tod geschickt. Eine brisante Frage bis heute: Haben westliche Geheimdienste mit dem geflüchteten und gesuchten Kriegsverbrecher in Syrien zusammengearbeitet?

Ein Film von Georg Ransmayr