Papst Franziskus vor blauem Himmel

Reuters/Giampiero Sposito

„Die Freunde des Papstes“ und „Der Kardinal“

Anlässlich des ersten Jahrestags der Wahl von Jorge Mario Bergoglio zum Papst eröffnet „kreuz und quer“ über dessen Weggefährten neue Zugänge zu seiner Person und zeichnet anschließend das Leben des vor genau zehn Jahren verstorbenen österreichischen „Jahrhundertkardinals“ Franz König.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 11. März 2014
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholung:

Mittwoch, 12. März 2014
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 13. März 2014
um 11.55 Uhr, ORF 2
(nur „Die Freude des Papstes“)

Am 13. März 2014 jährt sich die Wahl von Jorge Mario Bergoglio zu Papst Franziskus zum ersten Mal. Zugleich ist dieser Tag der zehnte Todestag von Kardinal Franz König. „kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – zeigt dazu am 11. März 2014 um 22.35 Uhr „Die Freunde des Papstes“, ein von Peter Beringer gestaltetes Papstporträt mit sehr persönlichen und überraschenden Facetten. Um 23.20 Uhr dokumentiert Andreas Gruber in „Der Kardinal“ das bewegte Leben des als Bauernsohn geborenen, weltoffenen und redegewandten „Jahrhundertkardinals“ Franz König.

„Die Freunde des Papstes“

Ein Jahr nach der Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio zum Papst steht fest: Franziskus prägt das Papstamt mit einem neuen Stil der Einfachheit – und er ist offenbar auch fest gewillt, Kurie und Kirche insgesamt einer Reform zu unterziehen. Konsequent lebt Papst Franziskus das, was ihm schon als Erzbischof von Buenos Aires wichtig war: Einfachheit, klare Worte und Engagement für die Armen und Verfolgten. „kreuz und quer“ geht seinen biografischen Wurzeln nach und lässt Freunde des Papstes aus seiner südamerikanischen Heimat zu Wort kommen, die ihre Begegnungen mit Bergoglio schildern.

In einem Elendsviertel der Stadt trifft Peter Beringer den Priester José di Paola. Bergoglio hat ihn vor 20 Jahren im Slum „Villa 21“ als Pfarrer eingesetzt. „Padre Pepe“ hat gemeinsam mit dem damaligen Erzbischof eine Armenmission ins Werk gesetzt, die inzwischen im ganzen Land Schule macht. Die Priester leben in größter Einfachheit mit und unter den Leuten. Sie helfen Alten wie Jungen, sich gegen Elend und Bandenkriminalität zu wehren und positive Lebensperspektiven zu entwickeln.

Am Jesuitenkolleg von San Miguel, einem Vorort von Buenos Aires, spricht das „kreuz und quer“-Team mit Juan Carlos Scannone. Er war einst Lehrer Bergoglios und hat die in Südamerika sehr einflussreiche „Theologie der Armut“ mitentwickelt, die auch das Denken Franziskus’ prägt. Sie fordert eine politische Befreiung der Armen und Benachteiligten. Sie wertet die religiösen Ausdrucksformen der armen und indigenen Bevölkerung auf, auch die hier üblichen ekstatischen Formen der Heiligen- und Marienverehrung. Scannone führt durch die Hochschule, die erste Wirkungsstätte Bergoglios, der hier als Jesuitenprovinzial und Rektor des Kollegs erstmals als Leiter einer geistlichen Gemeinschaft in Erscheinung getreten ist. Auch als Rektor hat er es nicht gescheut, bisweilen am Herd zu stehen und selbst für die Kommunität zu kochen.

Eine weitere Freundin Bergoglios ist die junge Aktivistin Camila Montero. Sie arbeitet für La Alameda, eine Organisation, die sich um ehemalige Sklavenarbeiter und Prostituierte kümmert und Täter aus der organisierten Kriminalität zur Anzeige bringt. Bergoglio hatte als Erzbischof die Stiftung unter seinen Schutz gestellt und damit wohl vielen Aktivisten wie Camila, die mit dem Schlimmsten rechnen mussten, das Leben gerettet. Camila ist militant antikapitalistisch, sie ist Atheistin, strikt für Abtreibung, für Geburtenkontrolle und tritt für die Homo-Ehe ein. Bergoglio nennt sie freundschaftlich die „Trotzkistin Gottes“. Sie selbst sagt, sie habe durch Bergoglio eine Kirche kennengelernt, an die sie glauben könne, obwohl sie an Gott nicht glauben kann.

Abraham Skorka ist Rabbi einer eher liberalen jüdischen Gemeinde von Buenos Aires und einer der engen Freunde Bergoglios. Er hat gemeinsam mit dem damaligen Erzbischof ein Buch über religiöse Fragen veröffentlicht und ist viele Jahre allmonatlich mit Bergoglio gemeinsam im Fernsehen der Erzdiözese aufgetreten. Für ihn ist der Papst keiner, „der für feinsinnige Erörterungen“ zu haben ist. Bergoglio „denkt nach, dann handelt er, ohne zu zögern“, so die Einschätzung des Rabbi.

Die Handlungsfreude dieses Papstes bekommt die Zentrale in Rom zu spüren. Was dieses Pontifikat für Rom und die Kirche bedeuten könnten, analysieren die italienischen „Vaticanisti“ Lucio Brunelli von der RAI und Gaetano Galeazzi von „La Stampa“ sowie der Rektor der „Anima“, Franz Xaver Brandmayr, und Theologe Paul Zulehner.

Ein Film von Peter Beringer

Kardinal Franz König beim Beten

APA/Roland Schlager

Kardinal Franz König

„Der Kardinal“

Brückenbauer, moralisches Gewissen des Landes, Wegbereiter der Ökumene und des interreligiösen Dialogs – das sind nur einige der Attribute, die Kardinal Franz König (1905–2004) zugeschrieben werden. Der langjährige Erzbischof von Wien war eine der prägendsten Persönlichkeiten Österreichs im 20. Jahrhundert – einerseits von vielen geschätzt und respektiert, andererseits wegen seiner Haltung von konservativen Kreisen angefeindet.

Der Film – eine Koproduktion von Tellux Film, ORF, 3sat, Autentic und BMUKK, gefördert von Fernsehfonds Austria, Kultur Niederösterreich, Filmförderungsfonds Wien, Kulturland Oberösterreich und dem Katholischen Filmwerk – zeigt das bewegte Leben des „Jahrhundertkardinals“, thematisiert aber auch die Konflikte in Königs Wirken und stellt seine Gegner dar, die mehr als einmal Königs Zurückhaltung und Toleranz auszunutzen wussten.

Gedreht wurde im September 2010 u. a. im Erzbischöflichen Palais und im Wiener Stephansdom sowie in der Benediktinerabtei Stift Altenburg, dargestellt wird der Kardinal von August Zirner, der u. a. in Stefan Ruzowitzkys Oscar-gekröntem Film „Die Fälscher“ zu sehen war. In weiteren Rollen spielen Peter Lerchbaumer (Bruno Kreisky), Edmund Jäger (Weihbischof Helmut Krätzl), Peter Fitz (Kardinal József Mindszenty), Martin Maria Abram (Papst Johannes XXIII.), Katharina Lorenz (Annemarie Fenzl), Volkmar Kleinert (Papst Johannes Paul II.), Rainer Egger (Pfarrer Karl), Wolfgang Hübsch (Kardinal Stefan Wyszinski) u. v. m.

Das Wirken des „roten Kardinals“, wie er von manchen abschätzig, von anderen wieder respektvoll genannt wurde, steht für die Annäherung der römisch-katholischen Kirche an die österreichische Sozialdemokratie genauso wie für den Dialog mit den kommunistischen Staaten in Osteuropa. Kardinal König hat mehr als einmal Geschichte geschrieben – und war ebenso oft harter Kritik ausgesetzt. Die filmische Erzählung beginnt mit Königs schwerem Autounfall in Kroatien 1960, der ihm seine Aufgabe vor Augen führt, in Osteuropa aktiv zu werden.

Als Vermittler während des Kalten Krieges kommt der Wiener Kardinal in den folgenden Jahren immer öfter ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit. So versucht er, in einer mühevollen Mission den ungarischen Primas József Mindszenty, der seit 15 Jahren im selbst gewählten Asyl in der amerikanischen Botschaft in Budapest lebt, aus Ungarn herauszuholen. Dabei gerät König in den Konflikt zwischen die realpolitischen Interessen des Vatikans und den Erhalt der Menschenwürde des verbitterten Primas von Ungarn, der sein Land unter keinen Umständen verlassen will.

Zur selben Zeit findet Franz König in dem österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky einen kongenialen Gesprächspartner. Die beiden leiten eine beispiellose Annäherung zwischen der römisch-katholischen Kirche und der SPÖ ein, ein Verhältnis, das seit dem Bürgerkrieg 1934 in Österreich schwer belastet war. Kardinal König und Kreisky beginnen den Dialog – und zerstreiten sich heillos in der Frage der Fristenlösung. Dennoch bleibt die Versöhnung mit der Sozialdemokratie eine bleibende Errungenschaft, die auf Königs Wirken zurückgeht.

Gleichzeitig steigt Königs Bedeutung in der Weltkirche. Als eine der Galionsfiguren des Zweiten Vatikanischen Konzils gilt er schon bald als „papabile“, als Papstkandidat. Dabei ist König eher ein „Papstmacher“. Erst durch seinen Vorschlag wird Karol Wojtyla 1978 zum Papst gewählt. Franz König hat davon buchstäblich – nichts. Gute und falsche Freunde des Papstes denunzieren König, kratzen an seinem Lebenswerk.

Umstrittene Bischofsbestellungen stürzen die katholische Kirche Österreichs in eine Krise. Königs Bemühen um eine Stärkung der Ökumene und eine lebendige Kirche unter Einbeziehung der Laien wird u. a. durch seinen Nachfolger, Kardinal Groer, beschädigt bzw. infrage gestellt. Als dieser anhaltenden Vorwürfen wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger ausgesetzt ist, kommt es in Österreich zu einer beispiellosen Kirchenaustrittswelle.

Die Frage nach Vertrauen und Misstrauen, wie weit Toleranz gehen kann, ohne dass sie ausgenutzt wird, ist ein Lebensthema Kardinal Königs und damit ein zentrales Motiv dieses Films, der auch den Brüchen in Königs Lebenslinien folgen will. König war kein Mann der dramatischen Geste, er zog sich stets zurück, bevor er sich wichtigen Fragen stellte, und er kehrte gestärkt zurück, als einer, der mutig genug war, ohne Vorbehalte und politisches Lagerdenken auf alle zuzugehen.

Ein Film von Andreas Gruber