Mädchen

ORF/Scorpion TV

„Es ist ein Mädchen“

In den beiden bevölkerungsreichsten Ländern der Welt - China und Indien - sind die Worte „Es ist ein Mädchen“ nach wie vor oft ein Todesurteil. „kreuz und quer“ macht sich auf die Suche nach den Hintergründen des „Gendercides“.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 10. Juni 2014
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:

Mittwoch, 11. Juni 2014
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 12. Juni 2014
11.50 Uhr, ORF 2 (nur „Es ist ein Mädchen“)

In einigen Teilen der Welt werden Mädchen abgetrieben oder getötet – nur deshalb, weil sie Mädchen sind. In der Dokumentation „Es ist ein Mädchen“, die „kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – am 10. Juni zeigt, beleuchtet Filmemacher Evan Grae Davis die Situation in Indien und China. Dem Filmemacher ist es gelungen, mit betroffenen Familien in beiden Ländern zu sprechen und ihre Geschichten zu erzählen. Mit Experten von Hilfsorganisationen in diesen Ländern werden die vielfältigen Gründe beleuchtet, warum Mädchen in Indien und China so gering geschätzt werden – was viele von ihnen mit ihrem Leben bezahlen.

Seit 20 Jahren setzt sich Annemarie Kury unermüdlich für die Opfer des Balkankrieges ein, hat mehr als 170 Transporte von Hilfsgütern organisiert und selbst durchgeführt. Mit „Die Weltfrau“ folgt um 23.25 Uhr ein von Michael Cencig gestaltetes filmisches Porträt einer engagierten Frau, die als Kind gemeinsam mit ihrer Familie aus Böhmen vertrieben wurde und vor einigen Jahren den Tod ihres eigenen Sohnes verkraften musste.

„Es ist ein Mädchen“

200 Millionen Mädchen wurden nach Schätzungen der UNO getötet: „Ich wusste, wir können das Baby nur behalten, wenn es ein Bub ist. Also hab ich sie getötet und danach selbst begraben.“ Valliamma, eine der betroffenen Frauen, erzählt im Film von ihrer ersten Tochter, die sie nach der Geburt eigenhändig getötet hat. „Es ist ein Mädchen“ – diese vier Worte sind nach der Geburt eines Säuglings in weiten Teilen Indiens und Chinas auch heute noch lebensgefährlich für das Kind. Mädchen sind hier in vielen Familien weniger wert als Buben. Bis zu 200 Millionen Mädchen mussten nach Schätzungen der UNO deshalb bisher weltweit ihr Leben lassen – oder konnten gar nicht erst geboren werden. Die Problematik wird in Fachkreisen heute als „Gendercide“ bezeichnet.

Mädchen kosten die Familien viel Geld: „Sie brechen ihnen das Genick, drücken nasse Tücher auf ihr Gesicht, manchmal geben sie ihnen Reis, damit die Säuglinge ersticken, manche geben den Babys Gift“, erzählt Glory Dass, die Leiterin eines Waisenheims in Indien. Manchmal werden die Kinder auch nur weggelegt, gefunden und dann in einem Heim wie jenem von Glory Dass großgezogen. Eines bleibt diesen Kindern gemeinsam: Sie sind unerwünscht – ihre Existenz würde Probleme verursachen. Denn Mädchen bedeuten in Indien für die Familien nicht zuletzt eine finanzielle Bürde, der man sich in vielen Fällen durch Kindstötung entledigen will. Die Familie eines Mädchens muss eine teure Mitgift an die Familie des zukünftigen Ehemannes entrichten. Familien von Söhnen gewinnen doppelt: das Brautgeld und eine neue Schwiegertochter.

Chinas Ein-Kind-Politik als Problem für die Mädchen: Auch in China werden vielerorts die Tötungen von weiblichen Säuglingen praktiziert, weil die Familien Buben bevorzugen. Die Problematik wurde in der Vergangenheit aber hier zusätzlich durch die sogenannte Ein-Kind-Politik der Regierung verschärft. Seit 1979 ist es den Familien aufgrund der Überbevölkerung nur gestattet, ein einziges Kind zu bekommen. Ist dieses dann ein Mädchen, versuchen viele Familien es loszuwerden. Das hat auch eine hohe Zahl an Abtreibungen weiblicher Föten zur Folge, weil die Eltern nur einen Sohn akzeptieren.

Ein Film von Evan Grae Davis um 22.35 Uhr in ORF 2

Annemarie Kury

ORF/Meta Film/Franz Riess

Annemarie Kury

„Die Weltfrau“

Seit Ausbruch des Krieges am Balkan 1992 sammelt Annemarie Kury Spenden für notleidende Menschen im ehemaligen Jugoslawien. Sie bringt Geld, Kleidung und Lebensmittel – und finanziert bosnischen Familie Ziegen, Schafe oder auch einmal eine Kuh. Aus dem Verkauf der Milchprodukte beziehen diese Familien ein bescheidenes Einkommen. Eines von Kurys Hauptprojekten ist das Haus „Koraci nade“ (Schritte der Hoffnung), ein Tageszentrum für Kinder mit multiplen Behinderungen in Tuzla. Hier arbeiten gut ausgebildete bosnische Therapeutinnen mit mehr als 100 Kindern, die zur Therapie kommen.

Bei ihren Fahrten nach Bosnien besucht Kury auch zahlreiche Familien, die oft in abgelegenen Gegenden in Armut leben. Nicht wenige Frauen mussten nach dem Krieg als Witwen ihre Kinder durchbringen – und „die Situation wird in Bosnien nicht besser, leider schlechter“, schreibt Annemarie Kury in einem ihrer Fahrtenberichte: „Viele Menschen arbeiten zu viel, andere bekommen keine Arbeit – in Bosnien sind es 50 Prozent.“ Arbeit zu bekommen sei nicht nach dem Leistungsprinzip, sondern nur mit Freundschaft oder Bestechung möglich. „Nicht nur das Teilen von Materiellem, sondern auch von Hoffnung, von Zeit ist dringend notwendig.“

Ihr Engagement hat sie bald auch zur Einsicht gebracht, dass sie auch Zeiten des Rückzugs braucht. Einmal im Jahr betreut Annemarie Kury für einige Wochen eine Selbstversorgerhütte in der Nähe von Murau in der Steiermark, wo sie auch Wanderer bewirtet. Dennoch bleiben ihr Zeiten der Stille und des Gebets, aus denen Kury ihre Kraft schöpft, den Menschen in Bosnien tatkräftig zu helfen.

Ein Film von Michael Cencig um 23.25 Uhr in ORF 2