Priester mit Blutreliquie

ORF/GA&A

Neapel - Stadt des Heiligen Blutes

Wundersame Verflüssigung von Blutreliquien, angeblich blutende Statuen - in Neapel steht so etwas fast an der Tagesordnung. „kreuz und quer“ versucht, den Phänomenen auf den Grund zu gehen. Anschließend: „Experimente nach Ignatius – Jesuit werden oder nicht“.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 8. Juli 2014
um 22.35 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:

Mittwoch, 9. Juli 2014
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 10. Juli 2014
11.50 Uhr, ORF 2 (nur „Neapel - Stadt des Heiligen Blutes“)

Neapel ist die Stadt mit der weltweit höchsten Anzahl von Blutwundern bei Heiligenfiguren. Wunden an Märtyrerdarstellungen und Marienfiguren beginnen an bestimmten Feiertagen neu zu bluten. Die Dokumentation „Neapel – Stadt des Heiligen Blutes“ von Gregorio Paolini und Paolo Malizia, die „kreuz und quer“ – präsentiert von Christoph Riedl-Daser – am 8. Juli zeigt, befragt Wissenschaftler und Gläubige zu diesen Erscheinungen. Um 23.25 Uhr begleitet Julia Wallnöfers Dokumentation „Experimente nach Ignatius – Jesuit werden oder nicht“ zwei junge Novizen bei ihren Experimenten.

„Neapel – Stadt des Heiligen Blutes“

Wenn sich alljährlich am Festtag des heiligen Januarius (Italienisch: San Gennaro) dessen Blutreliquie bei einer Prozession im Dom von Neapel verflüssigt, verheißt dies Gutes für das darauffolgende Jahr. Schlecht für Neapel, wenn das Blutwunder ausbleibt: Dann nämlich, so heißt es, werde Unheil über die Stadt kommen.

Die Blutverflüssigung ist zwar von der Kirche nie offiziell als Wunder anerkannt worden, die Verehrung der Blutreliquie wird aber als Ausdruck der Volksfrömmigkeit toleriert. Doch das Blutwunder von San Gennaro ist nicht das einzige, das sich in Neapel ereignet. So gibt es Blutreliquien auch von anderen Märtyrern, wie jene des heiligen Laurentius und des heiligen Pantaleon.

Gemeinsam ist allen diesen Blutwundern, dass sie nie eingehend wissenschaftlich untersucht worden sind. Zwar bemühten sich zahlreiche Wissenschafter, Zugang zu den geheimnisumwitterten Substanzen zu erhalten, die Kirche hat jedoch alle Untersuchungen abgelehnt – aus Sicherheitsgründen, heißt es.

Dennoch ist der Chemiker Luigi Garlaschelli – er war auch an den Untersuchungen des Turiner Grabtuchs beteiligt – überzeugt, dass es sich bei der angeblichen Blutverflüssigung um eine chemische Reaktion handelt, die auch bereits die Alchimisten des Mittelalters gekannt hätten. Doch für gläubige Neapolitaner steht ohne Zweifel fest, dass es sich tatsächlich um ein göttliches Wunder handelt.

Ein Streit zwischen Naturwissenschaft und Religion? Oder doch nur eine Frage der Sichtweise? Der Anthropologe Mario Niola: „Alle Menschen haben das Bedürfnis, an irgendetwas zu glauben. Und alle haben das Bedürfnis nach einem Symbol.“

Ein Film von Gregorio Paolini und Paolo Malizia
Deutsche Fassung: Rosemarie Pagani-Trautner

Junger Mann kniet in einem kargen Raum vor einem Kreuz

ORF/Tausend Rosen Film

Stefan Hofmann bei einem seiner „Experimente nach Ignatius“

„Experimente nach Ignatius – Jesuit werden oder nicht“

Mit Papst Franziskus wurde erstmals in der Kirchengeschichte ein Jesuit auf den Stuhl Petri gewählt. Seither steht der „geistliche Stoßtrupp Gottes“, wie der Jesuitenorden auch genannt wurde, stärker im öffentlichen Focus. Die „kreuz und quer“-Dokumentation beleuchtet den katholischen Eliteorden, der für seine Disziplin, seine intellektuelle sowie zugleich geerdet-spirituelle Ausrichtung bekannt ist, aus einer bestimmten Perspektive: Welche Anforderungen stellt der Orden an seine jungen Bewerber?

Ein Leben im Jesuitenorden bedeutet, überall auf der Welt frei verfügbar zu sein und seine eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. Ein Leben in Armut, Keuschheit und Gehorsam, der Verzicht auf eine eigene Familie. Kein leichter Lebensweg. Und keine leichte Entscheidung für junge Männer, die Jesuiten werden wollen. Der Film begleitet den 22-jährigen Thomas Seissl und den 32-jährigen Stefan Hofmann bei ihrer Ausbildung. Das Kamerateam konnte dabei nicht nur das Leben im Noviziatshaus, sondern auch die sogenannten „Experimente“ filmen, bei denen die jungen Männer z. B. in Krankenhäusern oder beim Pilgern ohne Geld ganz konkrete Aufgaben erfüllen müssen.

Bereits der Ordensgründer, der heilige Ignatius von Loyola, hat die Experimente im 16. Jahrhundert für die angehenden Jesuiten vorgeschrieben und den Sinn so erklärt, „dass der Novize sich zeigen kann, wie er wirklich ist, dass er lernt, in Demut einfache Dienste zu tun und Gott immer mehr in allen Dingen zu finden“. Nach 15 Monaten Studium und Gebet im Noviziatshaus in Nürnberg und neun Monaten in den verschiedensten „Experimenten“ stellt sich für die Kandidaten die entscheidende Frage: Sollen sie die Gelübde ablegen, also Armut, Gehorsam und Keuschheit versprechen oder nicht? Dabei macht eine Besonderheit des Jesuitenordens die Sache nicht leichter: Die ersten Gelübde gelten nämlich bereits als ewige Versprechen.

Dass es heutzutage für junge Männer immer schwieriger wird, ein Leben als Ordensmann überhaupt in Betracht zu ziehen, erlebt der Novizenmeister Pater Josef Maureder tagtäglich: „Eines der schwersten Dinge in der heutigen Zeit ist die ganze Frage der ehelosen Keuschheit. Das ist ganz normal, weil die Männer, die hier herkommen, ganz normale Leute sind.“ Fünf vorgeschriebene „Experimente“ geben den jungen Männern die Chance, in der Praxis ganz konkret zu erfahren, wie dieses Leben denn ausschauen könnte.

Thomas Seissl macht beim Dienst im Krankenhaus seine erste Grenzerfahrung: „Für mich war die Grenze überschritten, als es für mich ein Problem geworden ist, immer wieder mit diesem Schicksal der Patienten und dem Leid konfrontiert zu werden.“ Für Stefan Hofmann stellen hingegen die dreißigtägigen Exerzitien im Schweigen, eine intensive Zeit der inneren Einkehr, die größte Herausforderung dar: „Mit den eigenen Schwächen konfrontiert zu sein und da nicht ausweichen zu können. Man kann da nicht einfach ins Internet gehen oder sich ablenken. Da hat es für mich alle Höhen und Tiefen gegeben, die der Mensch emotional durchleben kann.“

Auch die weiteren Experimente führen die beiden Novizen in extreme Situationen. Thomas Seissl wird ohne Geld auf eine dreißigtägige Pilgerreise geschickt und Stefan Hofmann muss im Sterbehospiz Menschen auf ihrem letzten Weg begleiten. Seelische und körperliche Belastungsproben, die immer wieder die Frage nach der eigenen Berufung aufwerfen. Während Thomas Seissl allerdings noch ein Jahr Zeit hat, bevor er sich entscheiden muss, ob er die ewigen Gelübde ablegen will oder nicht, sind es für Stefan Hofmann bereits die letzten Wochen im Noviziat. Wird er am Ende Ja sagen und sich für immer an den Jesuitenorden binden?

Ein Film von Julia Wallnöfer