Bettany Hughes in China

ORF/BBC/Timothy Knight

Göttliche Frauen: Dispute und Wortgefechte

In der dritten Folge des Dreiteilers „Göttliche Frauen“ stellt Historikerin Bettany Hughes bemerkenswerte Frauenfiguren vor, die sich allen Widerständen zum Trotz und in einer von Männern dominierten Welt behaupteten. Danach: Umoja, das kenianische „Dorf der Frauen“.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 29. Juli 2014
um 22.30 Uhr, ORF 2

Wiederholungen:

Mittwoch, 30. Juli 2014
um 20.15 Uhr, ORF III

Donnerstag, 31. Juli 2014
11.50 Uhr, ORF 2 (nur „Göttliche Frauen: Dispute und Wortgefechte“)

Seit jeher haben Männer und Frauen das Bedürfnis verspürt, dem Diesseits und dem Jenseits einen Sinn zu geben. In der Beziehung zum Göttlichen haben Frauen immer schon eine zentrale Rolle gespielt – selbst in den patriarchal geprägten und dominierten Religionen. Doch dieser Teil der Geschichte wurde im Laufe der Zeit oft zum Verschwinden gebracht – bis heute wird die zentrale Rolle von Frauen oft verschwiegen. Welche Rolle spielten und spielen Frauen nun im Laufe der Geschichte in den verschiedenen Religionen? Welche Rolle spielten sie beim Entstehen so genannter institutionalisierter Religionen? Dieser Frage geht die preisgekrönte Historikerin Bettany Hughes in dem Dreiteiler „Göttliche Frauen“ nach.

In der dritten und letzten Folge „Dispute und Wortgefechte“, die „kreuz und quer“ – präsentiert von Doris Appel – am 29. Juli 2014 zeigt, stellt Bettany Hughes bemerkenswerte Frauenfiguren vor, die sich allen Widerständen zum Trotz und in einer von Männern dominierten Welt behaupteten. Die Historikerin zeigt auf, wie für diese Frauen nicht nur die Religion, sondern vor allem auch Bildung und das geschriebene und gedruckte Wort zu lebenswichtigen Instrumenten wurden. Um 23.20 Uhr dokumentiert Francois de Roubaix in „Dorf der Frauen“, wie die Frauen im kenianischen Dorf Umoja ihren Weg zu mehr Unabhängigkeit und Selbstbestimmung finden.

„Göttliche Frauen: Dispute und Wortgefechte“

Bettany Hughes’ Reise beginnt diesmal rund 500 Jahre nach Christi Geburt. Das Christentum ist die offizielle Religion des Römischen Reichs und die Epoche wird von einer der kontroversiellsten und meistgeschmähten Frauen der Geschichte beherrscht: Theodora wird im 6. Jahrhundert in Konstantinopel geboren, dem heutigen Istanbul. Das römische Reich ist zweigeteilt. Rom fungiert als Hauptstadt im Westen, Konstantinopel als jene im Osten. Die Historikerin spürt in Istanbul dem Leben jener schillernden Frau nach: Theodoras unglaubliche Geschichte führt sie vom untersten Ende der sozialen Rangleiter bis an die Seite von Justinian, mit dem sie gemeinsam als Kaiserin über das oströmische Reich herrschen und ihre Gesellschaft durch massive Reformen nachhaltig verändern wird.

Von Konstantinopel geht die Reise der Historikerin weiter nach Osten. In einer anderen Welt sucht Bettany Hughes nach den Spuren einer weiteren bemerkenswerten Frau. Rund 100 Jahre nach Theodora wird eine Frau geboren, die über das chinesische Reich herrschen wird und sich dabei zum Buddhismus wendet. Wu Zetian – in China berühmt, im Westen jedoch kaum bekannt – macht sich die Religion zunutze, um ihren Einfluss und ihre Macht zu sichern. Und sie bedient sich dabei auch einer ganz neuen Technik, um das geschriebene Wort für ihre Zwecke zu nutzen. Lange vor der ersten gedruckten Bibel in Europa werden in China bereits buddhistische Schriften gedruckt.

Ein Film von Bettany Hughes

Frauen in bunter Kleidung im Dorf Umoja

ORF/Arte France

Frauen im kenianischen Dorf Umoja

„Dorf der Frauen“

Am Rande des Samburu-Nationalparks in Kenia liegt Umoja – auf den ersten Blick ein ganz normales Dorf in der afrikanischen Savanne: Einfache Lehmhütten auf trockener roter Erde, Kinder spielen, Ziegen meckern. Und doch ist hier alles anders: In Umoja leben ausschließlich Frauen. Seit 1990 finden sie hier Zuflucht vor Zwangsehe, Männergewalt oder Genitalverstümmelung. Gemeinsam haben sich die Frauen hier eine neue Existenz aufgebaut und übernehmen ganz selbstverständlich auch traditionell männliche Aufgaben wie Viehzucht oder Schlachten. Eine Provokation für die patriarchal geprägte Gesellschaft der Samburu.

Naporas Geschichte ist beispielhaft für das Schicksal vieler Frauen im Umoja. Bei der Suche nach Feuerholz wurde sie von einem Fremden vergewaltigt. Als sie ihrem Ehemann davon erzählte, schlug und verjagte er sie. Verstoßen und gedemütigt fand sie schließlich in Umoja Zuflucht. Heute bietet ihr die Frauengemeinschaft Sicherheit, doch Naporas seelische wie körperliche Wunden heilen nur langsam. Umoja bedeutet „Einheit“ auf Suaheli – und das ist es auch, was die Frauen hier finden. Im Gemeinschaftshaus oder unter der großen Akazie im Zentrum des Dorfes kommen sie regelmäßig zusammen, um sich auszutauschen. Gemeinsam versuchen sie, das Schreckliche, das jede Einzelne von ihnen erlebt hat, zu verarbeiten. „Wir wollen miteinander Spaß haben, so vergessen wir den Ärger“, sagt Rebecca Lolosoli, die Gründerin des Dorfes. „Keine Demütigung mehr für diese Frauen. Nur noch Respekt!“ Niemals wieder sollen Frauen missachtet oder misshandelt werden – so ihre Forderung.

Das Zusammenleben im Dorf verläuft nach selbst definierten Regeln: Sämtliche Güter werden geteilt. Außerdem besitzen die Frauen in Umoja Haus und Land, züchten Vieh und schlachten es auch selbst – alles Rechte und Aufgaben, die ihnen außerhalb der Grenzen ihres Dorfes verwehrt bleiben. Denn bei den Samburu geht die Frau mit der Hochzeit traditionell in den Besitz des Mannes über. Dass Frauen selbst Vieh und Land besitzen, ist undenkbar. Die Männer im Nachbarort Archer’s Post fühlen sich durch das neue Selbstbewusstsein der Frauen bedroht. Bei Einkäufen im Ort werden die Frauen aus Umoja mit Argwohn empfangen und bedrängt. Doch sie lassen sich durch die Widerstände nicht beirren, sie engagieren sich politisch auch außerhalb ihres Dorfes für alle Frauen in Kenia. Rebecca Lolosoli ist regelmäßig im Ausland unterwegs, um auf die Lage der kenianischen Frauen aufmerksam zu machen. Und sie ist optimistisch: „Die Zukunft sieht besser aus.“ Um auch finanziell unabhängiger zu werden, planen die Frauen, ein Touristencamp in Umoja zu errichten – ein weiterer Schritt zu mehr Anerkennung und Selbstbestimmung.

Ein Film von Francois de Roubaix