Die Bibeljäger

ORF/off the fence

„Die Bibel-Jäger – Die Suche nach der Wahrheit“

Ein sensationeller Fund in einem Wüstenkloster brachte im 19. Jahrhundert größere Klarheit über die biblischen Texte – in Tausenden Manuskripten und Fragmenten wurden diese überliefert. Die Handschriften weichen voneinander ab. Was die Frage aufwirft: Liegen uns stark veränderte Texte vor?

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 18. August 2015
um 22.30 Uhr, ORF 2

Wiederholung:

Mittwoch, 19. August 2015
um 20.15 Uhr, ORF III
(nur „Wer war Jesus von Nazareth?“)

„kreuz und quer“ – präsentiert von Christoph Riedl-Daser – zeigt mit der Dokumentation „Die Bibel-Jäger – Die Suche nach der Wahrheit“ von Tilman Remme eine spannende filmische Rekonstruktion der Suche nach der historischen Authentizität der Bibel. Teil 2, „Die Bibel-Jäger – Die Suche nach dem Evangelium“, steht am 25. August auf dem Programm.

Um 23.25 Uhr folgt eine Diskussion zum Thema „Wer war Jesus von Nazareth? Die Faszination eines Mannes und seiner Botschaft“ unter der Leitung von Michael Hofer.

Darüber diskutieren Thomas Söding (Exeget für das Neue Testament, Universität Bochum), Annette Merz (Bibelwissenschafterin, Universität Utrecht), Bernhard Lang (Professor für Altes Testament und Religionswissenschaft, Universität Paderborn) und Susanne Plietzsch (Judaistin, Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg).

„Die Bibel-Jäger – Die Suche nach der Wahrheit“

Wie nahe sind unsere heutigen Bibelübersetzungen am Urtext? Im 19. Jahrhundert, als man auf Abweichungen bei der Schriftüberlieferung stärker aufmerksam wurde, war diese Fragestellung aufrüttelnd. Sie führte zu einer regelrechten Jagd von Wissenschaftern auf möglichst alte biblische Handschriften. In der zweiteiligen „kreuz und quer“-Dokumentation „Die Bibel-Jäger“ heftet sich der Archäologe und Historiker Jeff Rose an die Fersen der Forscher bei ihrer Spurensuche nach beschriebenen Papyrus- und Pergamentstücken in Ägypten und Syrien.

Einer von ihnen war der deutsche Bibelwissenschafter und evangelische Theologe Konstantin von Tischendorf. Nach Hinweisen in Kairo brach er 1844 mit einer Kamel-Karawane zum entlegenen Katharinenkloster in der Wüste Sinai auf. Nach tagelanger Reise und unermüdlichen Nachforschungen im Kloster machte er schließlich eine sensationelle Entdeckung: Er stieß auf die – unter den Mönchen bis dahin nicht beachtete – älteste umfassende Handschrift des Alten und Neuen Testaments.

Unter dem Namen „Codex Sinaiticus“ wurde das gebundene Manuskript weltberühmt. Der Codex, der nach verschlungenen Wegen heute in der British Library in London aufbewahrt wird, gehört zu dem sehr verlässlichen „Alexandrinischen Texttypus“ der Bibelüberlieferung. Somit gilt der „Sinaiticus“ als einer der wichtigsten biblischen Textzeugen – er wird ins 4. Jahrhundert datiert.

Was bei der Publikation durch Tischendorf damals viele verstörte: Der Codex Sinaiticus bot – neben anderen Textabweichungen zu den üblichen Bibelübersetzungen – einen kürzeren Schluss des ältesten der vier neutestamentlichen Evangelien: Nach der Handschrift endet das Markusevangelium nicht mit den Erscheinungen des auferstandenen Christus vor den Aposteln, sondern mit den Frauen, die nach der Auferstehungsbotschaft, die sie von einem Engel im leeren Grab erhalten, mit Angst und Entsetzen fliehen. Dieser anstößige Schluss wird in der Bibelwissenschaft bis heute diskutiert. Am wahrscheinlichsten gilt, dass dieses abrupte Ende tatsächlich der ursprüngliche Schluss des Markusevangeliums war.

Tischendorfs Leistungen ermutigten eine neue Generation von „Bibel-Jägern“, ebenfalls nach Ägypten zu reisen. Darunter waren auch zwei Zwillingsschwestern von der schottischen Westküste: Agnes und Margaret Smith stammten aus einer presbyterianischen Familie und genossen die beste Ausbildung – vor allem in Cambridge.

Ausgerüstet mit Foto-Equipment zogen auch sie auf die Sinai-Halbinsel. Doch in den 1880er Jahren war es fast unmöglich, als Frau – noch dazu mit protestantischem Bekenntnis – ein orthodoxes Männerkloster zu betreten. Mehrere Tage mussten die Zwillingsschwestern mit ihrem Tross vor dem Katharinenkloster ausharren, ehe die Mönche Vertrauen fassten und sie einließen. Doch die Mühe hatte sich gelohnt: Sie stießen zunächst auf ein altes Manuskript mit frommen Texten.

Doch unter dieser Handschrift trat schließlich eine noch viel ältere zutage. Weil Schreibmaterial teuer war und man genug Bibeln im Kloster besaß, hatten Mönche Jahrhunderte zuvor den biblischen Text mit damaligen Mitteln gelöscht und mit Texten von Kirchenvätern überschrieben. Nach Entdeckung dieses sogenannten Palimpsests wurde die Entzifferung der ursprünglichen Bibelhandschrift in Aramäisch – der Sprache Jesu und seiner Jünger – in Europa zur Sensation. Der altsyrisch-aramäische Codex gehört heute zu den bedeutenden neutestamentlichen Textzeugen.

Ein Film von Tilman Remme

Susanne Plietzsch (Judaistin, Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg)

ORF

„kreuz und quer“-Diskussion zum Thema „Wer war Jesus von Nazareth? Die Faszination eines Mannes und seiner Botschaft“

Er trat auf wie ein Prophet, galt als Heiler, wurde von vielen als erhoffter Messias gesehen: Jesus von Nazareth. Dennoch wurde der jüdische Wanderrabbi von den Römern wie ein Verbrecher gekreuzigt. Unter seinen Zeitgenossen war er somit als Messias widerlegt. War Jesus also ein Aufrührer – oder ein verkannter Friedensprophet?

Welchen Anspruch hat er für sich selbst erhoben, und woran entzündete sich der Konflikt mit jüdischen Autoritäten und den Römern? Warum ist seine Verehrung als Christus bis heute lebendig und seine Botschaft nach 2.000 Jahren nicht verstummt?

Unter der Leitung von Michael Hofer diskutieren Thomas Söding (Exeget für das Neue Testament, Universität Bochum), Annette Merz (Bibelwissenschafterin, Universität Utrecht), Bernhard Lang (Professor für Altes Testament und Religionswissenschaft, Universität Paderborn) und Susanne Plietzsch (Judaistin, Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg).