Umstrittener US-Kardinal Bernard Law gestorben
Kardinal Law war im Zuge des 2002 ans Licht gekommenen enormen Missbrauchsskandals um pädophile Priester in den USA in die Kritik geraten. Law gab damals nach langanhaltenden Vorwürfen zu, Missbrauchsfälle vertuscht zu haben. Er hatte pädophile Priester versetzt und vor Strafen der Behörden geschützt. Zuvor zählte er zu den profiliertesten US-Bischöfen.
APA/AP/Domenico Stinellis
Kämpfer gegen Diskriminierung
In der nationalen Bischofskonferenz war Law eine der hervorragendsten Persönlichkeiten. Er leitete die Kommission für ökumenische und interreligiöse Beziehungen und managte die Eingliederung übergetretener verheirateter Priester aus der anglikanischen Episkopalkirche in die katholische Kirche.
Einen Namen machte er sich als energische Stimme für soziale Gerechtigkeit und im Kampf gegen Diskriminierung ethnischer Minderheiten, aber auch als autoritärer Verteidiger der katholischen Doktrin, wenn es etwa um Abtreibungsgesetze und Fragen der Kirchenhierarchie ging.
Verhandelte mit Fidel Castro
Dem staatlichen Embargo trotzend knüpfte Law Kontakte zum kommunistischen Kuba und verhandelte persönlich stundenlang mit Diktator Fidel Castro über Menschenrechtsfragen. Immer wieder besprach er sich auch persönlich mit den US-Präsidenten Ronald Reagan und George Bush, mit dem ihn laut „New York Times“ eine besonders enge Beziehung verband.
In den 1990er Jahren kam der Absturz, nachdem die Zeitung „Boston Globe“ Fälle sexuellen Missbrauchs von Priestern an Minderjährigen aufdeckte und enthüllte, wie Law mit diesen Fällen umgegangen war. Er trat etwa zehn Monate nach Bekanntmachung der Missbrauchsfälle durch die Medien als Erzbischof in seiner Diözese Boston zurück.
In Missbrauchsfilm erwähnt
Der Kardinal wurde unter anderem in dem US-amerikanischen Film „Spotlight“ (2015) erwähnt, der darstellt, wie ein Journalistenteam des „Boston Globe“ die Missbrauchsfälle aufdeckte.
Über Jahrzehnte hinweg hatten in der Diözese Dutzende Priester Minderjährige missbraucht. Die römisch-katholische Kirche zahlte deswegen alleine in den USA mehrere Milliarden Dollar an Entschädigungen aus.
Von Boston nach Rom
Papst Johannes Paul II. berief Law nach seinem Rücktritt im Mai 2004 zum Erzpriester der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom. Das Amt gab er 2011 mit Erreichen der Pensionsgrenze für Kardinäle ab. Nachdem der 86-Jährige kürzlich in ein Krankenhaus in Rom eingeliefert worden war, verstarb er am Mittwoch. Law wurde am 4. November 1931 in Mexiko geboren. Er studierte an der Universität Harvard und in Ohio Theologie, Philosophie und Mittelalterliche Geschichte. 1984 ernannte ihn Johannes Paul II. zum Erzbischof von Boston; dem Kardinalskollegium gehörte er seit 1985 an.
religion.ORF.at/APA/AFP
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