Christenverfolgung

ORF/BBC/Robin Barnwell

„Christenverfolgung“ und „Tochter Indiens - Das Protokoll einer Vergewaltigung“

In den Ländern des Nahen Ostens, wo das Christentum seit fast 2.000 Jahren Kultur und Gesellschaft mitgeprägt hat, kämpft es heute um seine Existenz. Die „Tochter Indiens" handelt vom Tod einer 23-Studentin nach einer brutalen Vergewaltigung.

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ORF

Sendungshinweis

Dienstag, 5. April 2016 um 22.35 Uhr, ORF 2, Mittwoch , 6. April 2016 um 20.15 Uhr, ORF III

Hunderttausende Christen sind in den vergangenen Jahren vor allem von islamistischen Kampf- und Terrormilizen im Irak und in Syrien vertrieben worden.

Für die Dokumentation „Christenverfolgung“, reist die britische Journalistin Jane Corbin durch die betroffenen Länder und sucht heilige Stätten, Klöster und Dörfer auf, in denen Christen gelebt haben oder noch leben. Sie spricht mit Menschen, die wegen ihres christlichen Glaubens Folter, Verfolgung und Vertreibung durchmachen mussten.

Ein irakischer katholischer Priester berichtet, man habe ihn tagelang gefoltert und ihm die Zähne herausgebrochen, und seine Folterer hätten dabei gesagt: „Mach dir keine Sorgen. Wir haben die ganze Nacht vor uns, und du hast noch viele Zähne.“

Um 23.25 Uhr folgt Leslee Udwins Film „Tochter Indiens – Das Protokoll einer Vergewaltigung“: Im Dezember 2012 wird die 23-jährige Medizinstudentin Jyoti Singh im indischen Delhi von sechs Männern brutal vergewaltigt und so schwer misshandelt, dass sie zwei Wochen später ihren schweren inneren Verletzungen erliegt.

Ein Vorfall, der trotz seines tödlichen Ausgangs wenig Aufsehen hätte erregen können. Denn in Indien – so die Statistik – wird alle 20 Minuten eine Frau zum Opfer einer Vergewaltigung. Symptom einer Gesellschaft, in der Frauen in weiten Teilen als so wertlos angesehen werden, dass sie ungestraft unterdrückt, geschlagen und vergewaltigt werden dürfen.

Doch das Verbrechen an der jungen Frau wird zum Ausgangspunkt einer beispiellosen Protestbewegung. Indiens Frauen gehen zu Tausenden auf die Straßen. Als „Tochter Indiens“ wird Jyoti Singh zum Symbol für den Kampf gegen Ungleichheit und die Unterdrückung von Menschen, deren einziger „Makel“ ihr Geschlecht ist.

Christenverfolgung

ORF/BBC/Robin Barnwell

„Christenverfolgung“

Auf dem Berg Dschabal Alfaf im Nordirak liegt das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Mattai, dem Evangelisten Matthäus geweiht. Gegründet im 4. Jahrhundert, ist es eines der ältesten existierenden christlichen Klöster der Welt. Zudem ist Mor Mattai für seine beträchtliche Sammlung von syrisch-christlichen Manuskripten bekannt.

Etwa 20 Kilometer von Mossul entfernt, der vormals multiethnischen Stadt, aus der die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eine beträchtliche Zahl von Christen vertrieben hat, liegt Mor Mattai heute an der Grenze des ausgerufenen IS-Kalifats. Schüsse und Explosionen sind deutlich zu hören, Sicherheitskräfte bewachen das Kloster. Sechs Mönche, die mit Aramäisch noch die Sprache Jesu sprechen, halten die Stellung – sie haben auch Flüchtlingsfamilien aufgenommen. Und sie improvisieren Unterricht für die Kinder.

Die 13-jährige Nadin erzählt von dem Haus, in dem ihre Familie auf zwei Stockwerken wohnte. „Wir waren so glücklich dort, konnten tun, was wir wollten“, erzählt sie. Das Haus wurde zerstört, das Dorf vom IS besetzt. Alle sechs Familienmitglieder – zwei Erwachsene und vier Kinder – sind nun in einem Zimmer des Klosters untergebracht. Dabei hatte die Familie noch Glück. Nadin erzählt von anderen Mädchen, die vom IS offenbar als Sexsklavinnen gekidnappt wurden. Es fällt ihr sichtlich schwer, darüber zu reden.

Aber auch dort, wo keine Terrormilizen brandschatzen, sind die Christen in Bedrängnis. In Palästina etwa ist der Druck auf die Minderheit groß, die wirtschaftliche Situation prekär. Durch die meist gute Bildung suchen viele eine bessere Zukunft im Ausland, in den USA, in Kanada oder Australien. In Bethlehem, der Geburtsstadt Jesu, waren 1947 noch 85 Prozent der Bevölkerung Christen. Heute leben noch etwas mehr als 7.000 von ihnen unter den über 30.000 Einwohnern der Stadt. Und der Exodus hält weiter an.

Weltweit wächst die christliche Religion. Doch gerade in ihren Ursprungsländern des Nahen Ostens mit einer mindestens 1.600 Jahre alten Tradition droht das Christentum zu verschwinden. Die Dokumentation führt die dramatische Situation der Christen in der umkämpften Region vor Augen.

Ein Film von Jane Corbin (deutsche Bearbeitung: Sabine Aßmann)

Tochter Indiens - Das Protokoll einer Vergewaltigung

ORF/DR

„Tochter Indiens – Das Protokoll einer Vergewaltigung“

Leslee Udwin erzählt in bewegenden Bildern und Gesprächen Jyoti Singhs Geschichte, wenn etwa ihre Eltern voller Trauer über sie sprechen. Zugleich legt der Film ebenso beispielhaft wie schonungslos die Mentalität dieser männlich dominierten Gesellschaft bloß:

Die Filmemacherin konnte mit einem der Täter sprechen – das Interview sorgte in Indien schon im Vorfeld für große Aufregung – und lässt auch weitere Vertreter jener Geisteshaltung zu Wort kommen, die eine solch unvorstellbare Tat erst möglich gemacht hat.

Ein Film von Leslee Udwin