Schönborn: Vollform der Ehe für viele nicht möglich

Kardinal Christoph Schönborn hat am Mittwoch am Rand der Bischofssondersynode im Vatikan in einem Radio-Vatikan-Interview mit Bezug auf historische Beispiele gesagt, dass eine „Vollehe“ nicht für jeden sei.

Es gehe ihm um die notwendige Offenheit gegenüber einem Weg der „graduellen Verwirklichung“ der kirchlichen Ehegebote, so Schönborn laut einem Kathpress-Bericht. In dem Interview erinnerte er an vergangene Zeiten in Österreich und erwähnte als Beispiel den unehelich geborenen Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter und dessen Eltern.

Kardinal Christoph Schönborn

APA/Roland Schlager

Kardinal Christoph Schönborn

Er verehre den seliggesprochenen Märtyrer sehr, betonte der Kardinal. „Seine Mutter war eine Magd, die bei einem Bauern als Magd gearbeitet hatte. Sie konnte gar nicht heiraten, sie hatte keine Mittel dazu. Als dann der Franz als lediges Kind geboren wurde, hat sie dann später, als er schon größer war, das Glück gehabt, dass ein Bauer bereit war sie zu heiraten, und den kleinen Franz adoptiert hat“, so Schönborn.

„Viele konnten sich Ehe nicht leisten“

Diese Situationen seien nicht nur im ländlichen, sondern auch im städtischen Bereich sehr häufig gewesen. „Viele konnten sich eine Ehe auch nicht leisten.“ Für eine Verheiratung seien auch die Lebensumstände wichtig, und diese stellten oft Hürden dar, wies der Kardinal hin: „Es gibt auch äußere Lebensumstände, die Ehe erschweren.“ So wie früher in Österreich sei das in vielen Ländern der Welt noch heute der Fall.

Die volle Verwirklichung sei die im Glauben vor Gott und vor der Kirche geschlossene sakramentale Ehe, „aber wir wissen auch, dass viele Menschen diese volle Gestalt der Ehe, so wie sie auch im Plan Gottes gesehen ist, erst allmählich erreichen“, fügte der Wiener Erzbischof hinzu.

Gespräch mit Papst über Heirat

Papst Franziskus habe - so Schönborn - beim Ad-limina-Besuch der österreichischen Bischöfe im Jänner im Gespräch gefragt: „Wie ist das bei euch, ist das ähnlich wie in Argentinien, dass viele junge Menschen zuerst einmal zusammenleben?“ Er habe damit nicht gesagt, „dass das okay ist, er hat nur gesagt, dass es so ist, und dass, wenn ein Kind unterwegs ist, man sich darüber Gedanken macht: ‚Vielleicht wollen wir doch heiraten, sollten zivil heiraten?‘“. Und manche machten dann auch den weiteren Schritt und sagten: „Wir wollen kirchlich heiraten. Wir wollen unsere Beziehung in die volle Gestalt einer Ehe einbringen“, so Schönborn.

Die Kirche müsse da „pastoral hinsehen, nicht mit urteilendem Blick, sondern mit einem begleitenden und verständnisvollen und ermutigenden Blick“. Schon nach den ersten drei Synoden-Tagen könne man sagen, dass die Zeugnisse aus der ganzen Welt zeigten, „wie unglaublich wichtig die Familie für die Gesellschaft, aber vor allem für den Menschen in seiner Verwirklichung und in seinem Glück ist“.

Er erwarte sich von dieser Synode „natürlich auch Impulse für Situationen des Scheiterns - das ist alles wichtig -, aber was weltweit gesellschaftlich das große Thema ist, wie es der jetzt leider verstorbene deutsche FAZ-Mitherausgeber Frank Schirrmacher gesagt hat: ‚Die Familie ist die Überlebensfabrik der Zukunft.‘“

religion.ORF.at/KAP

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