Indigene: Papst-Schreiben ruft zu „Empörung“ auf

In seinem nachsynodalen Schreiben „Querida Amazonia“, das sein Resümee der im Oktober im Vatikan abgehaltenen Amazonien-Synode darstellt, hält Papst Franziskus ein starkes Plädoyer für Indigene und Umweltschutz. Den Zölibat lässt er unberührt.

Der Vatikan veröffentlichte das Dokument, dessen Name auf Deutsch „Geliebtes Amazonien“ bedeutet, am Mittwoch. In weiten Teilen widmet der Papst sich darin dem Kernthema der Synode: dem Gebiet rund um den Amazonas, den dort stattfindenden Umweltzerstörungen und dem brutalen Vorgehen gehen die dort lebende - oder bereits von dort vertriebene - indigene Bevölkerung.

Hier gibt sich Franziskus entschieden und kämpferisch: „Den nationalen oder internationalen Unternehmen, die Amazonien Schaden zufügen und das Recht der ursprünglichen Völker auf ihr Gebiet und dessen Grenzen, auf Selbstbestimmung und vorherige Zustimmung nicht achten, muss man den Namen geben, der ihnen gebührt: Ungerechtigkeit und Verbrechen.“

Papst fordert „Empörung“

Diese Verbrechen, auch in der Vergangenheit, malt er drastisch aus und fordert eine „Empörung“ seitens der Christinnen und Christen nach den Vorbildern, „so wie Mose zornig wurde (vgl. Ex 11,8), so wie Jesus zürnte (vgl. Mk 3,5), so wie Gott angesichts der Ungerechtigkeit in Zorn entbrannte (vgl. Am 2,4-8; 5,7-12; Ps 106,40).“ Von Vertreibung, sexueller Ausbeutung und Verelendung vertriebener Indigener ist die Rede, der Papst prangert Gier und Machtmissbrauch an.

Papst Franziskus

APA/AFP/Andreas Solaro

Papst Franziskus prangert in „Querida Amazonia“ Gier und Machtmissbrauch an

„Wenn sich einige Unternehmen in der Begierde nach schnellem Gewinn die Gebiete aneignen und am Ende sogar das Trinkwasser privatisieren, oder wenn der Holzindustrie und Projekten zum Bergbau oder zur Erdölförderung sowie anderen Unternehmungen, welche die Wälder zerstören und die Umwelt verschmutzen, seitens der Behörden grünes Licht gegeben wird, dann verändern sich die wirtschaftlichen Beziehungen auf ungerechtfertigte Weise und werden zu einem Instrument, das tötet.“

Keine Änderungen beim Zölibat

Rund um die Themen Priestermangel, Zölibat und dessen eventuelle „Aufweichung“ (Stichwort geweihte verheiratete Männer, „viri probati“) sowie die Stellung der Frau in der römisch-katholischen Amtskirche geht es in dem Papst-Schreiben letztlich auch, doch erst im vierten Kapitel kommt Franziskus darauf zu sprechen - und für viele, die sich einen Reformkurs in dieser Richtung gewünscht haben, bedeuten seine Worte dazu wohl eine Enttäuschung.

Zwar behandelt „Querida Amazonia“ die strukturellen Schwierigkeiten, die in einigen Regionen dazu führen, dass Gläubige nur einmal im Jahr die Messe besuchen können, die Schlussfolgerung ist aber mehr oder weniger eine Einzementierung des Status quo: „Die kirchliche Pastoral ist in Amazonien nicht sehr präsent, was zum Teil auf die immense territoriale Ausdehnung mit vielen schwer zugänglichen Orten, auf die große kulturelle Vielfalt, auf die schwerwiegenden sozialen Probleme (...), zurückzuführen ist.“

Laien stärker einbinden

Doch weder „viri probati“ noch ein irgendwie geartetes Weiheamt für Frauen stellt er in Aussicht. Zwar sei die „Art und Weise der Gestaltung des Lebens und der Ausübung des Priesteramtes (...) nicht monolithisch und nimmt an verschiedenen Orten der Erde unterschiedliche Ausformungen an“. Daher sei es wichtig, „zu bestimmen, was dem Priester in besonderer Weise zukommt, was nicht delegierbar ist. Die Antwort liegt im heiligen Sakrament der Weihe begründet, das ihn Christus, dem Priester, gleich gestaltet. Und die erste Schlussfolgerung ist, dass dieser ausschließliche Charakter, der in den heiligen Weihen empfangen wird, ihn allein befähigt, der Eucharistie vorzustehen.“

Um die Priester zu unterstützen, regt Franziskus mehr Einbindung von Laien an. Weiters sehe er sich veranlasst, „alle Bischöfe, besonders die Lateinamerikas, zu ermutigen, nicht nur das Gebet um Priesterberufungen zu fördern, sondern auch großzügiger zu sein und diejenigen, die eine missionarische Berufung zeigen, dazu zu bewegen, sich für das Amazonas-Gebiet zu entscheiden.“

„Eigener weiblicher Stil“

Der Abschnitt, der den Frauen gewidmet ist, formuliert, dass „Frauen, die in der Tat eine zentrale Rolle in den Amazonas-Gemeinden spielen, Zugang zu Aufgaben und auch kirchlichen Diensten haben, die nicht die heiligen Weihen erfordern, und es ihnen ermöglichen, ihren eigenen Platz besser zum Ausdruck zu bringen“, und weiter: Frauen sollten zwar in wichtige Entscheidungen eingebunden werden, „ohne dabei jedoch ihren eigenen weiblichen Stil aufzugeben“.

Indigene Männer aus der Gruppe der Kayapo in Piaracu nahe Sao Jose do Xingu, Mato Grosso, Brasilien

APA/AFP/Carl de Souza

Der Papst ruft dazu auf, von Indigenen zu lernen (indigene Männer aus der Gruppe der Kayapo in Piaracu nahe Sao Jose do Xingu, Mato Grosso, Brasilien)

Von Indigenen lernen

Stark betont das Schreiben den Punkt der Inkulturation: Hier knüpft Franziskus an seine Schreiben „Evangelii Gaudium“ an, er plädiert für Offenheit gegenüber den indigenen Kulturen und regt dazu an, von ihnen zu lernen: "Die indigenen Völker könnten uns helfen zu erkennen, was eine glückliche Genügsamkeit ist, und in diesem Sinne ‚haben (sie) uns vieles zu lehren‘ (Zitat aus „Evangelii Gaudium", Anm.). Sie verstehen es, mit wenig glücklich zu sein, sie erfreuen sich an Gottes kleinen Gaben, ohne viele Dinge anzuhäufen, sie zerstören nicht ohne Not, sie bewahren die Ökosysteme (...).“

Das müsse bei der Evangelisierung berücksichtigt werden, so Papst Franziskus. Mit einem Gebet, in dem er die Gottesmutter Maria um Schutz für das Amazonien-Gebiet bittet, endet das Synodendokument.

gril, religion.ORF.at

Mehr dazu:

Link: