VfGH vertagt Beratungen zu „Kopftuchverbot“

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wird seine Beratungen über das Verhüllungsverbot an Volksschulen (Kopftuchverbot) Mitte Juli fortsetzen. Das Thema Tötung auf Verlangen (aktive Sterbehilfe) wird im Herbst erneut auf der Tagesordnung stehen.

Die Sterbehilfe soll Gegenstand einer öffentlichen Verhandlung voraussichtlich im September sein, teilte der VfGH am Dienstag mit. Die Beratungen zum Verhüllungsverbot und anderen Themen sind für 13. und 14. Juli geplant, hieß es in einer Presseaussendung.

Zwei Familien und die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) hatte im Jänner Beschwerde gegen das Kopftuchverbot beim VfGH eingebracht. Seit Beginn des Schuljahres 2019/2020 ist an Volksschulen „Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist“, verboten.

„Unverhältnismäßiger Eingriff“

Unterstützt von der IGGÖ hatten sich zwei sunnitische bzw. schiitische Familien an den VfGH gewandt. Beklagt wird ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Recht auf Religionsfreiheit bzw. religiöse Kindererziehung. Zudem wird unter Hinweis auf die weiterhin erlaubte jüdische Kippa oder Patka der Sikhs eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes angeprangert. Von dieser Entscheidung wird es abhängen, ob die türkis-grüne Regierung ihr Vorhaben, das Kopftuchverbot auf 10- bis 14-jährige Schülerinnen auszuweiten, umsetzt.

Der Verhandlungssaal des Verfassungsgerichtshofs

APA/Hans Klaus Techt

Der Verfassungsgerichtshof hat seine Beratungen zu den Themen Kopftuchverbot und Sterbehilfe auf Juli bzw. September vertagt

Zudem hatte Anfang Juni der Antidiskriminierungsausschuss des Europarats das Kopftuchverbot an Volksschulen in Österreich kritisiert, und gefordert, dass das Gesetz überarbeitet wird. Und zwar, „um sicherzustellen, dass es den Neutralitätsgrundsatz respektiert, ein legitimes Ziel verfolgt und frei von jeglicher Form von Diskriminierung einer bestimmten Gruppe von Schülern ist“, erklärten die Expertinnen und Experten für Antidiskriminierung der europäischen Menschenrechtsorganisation.

Strafen bis zu 440 Euro vorgesehen

Vom Inkrafttreten des Verbots zu Schulbeginn bis Ende November 2019 gab es (laut einem APA-Rundruf damals) bundesweit acht Fälle, in denen Mädchen im Hijab zum Unterricht erschienen - und in allen Fällen lenkten die Eltern in der vom Gesetz vorgeschriebenen Rechtsbelehrung durch die Schulleitung ein. Tun sie das nicht, müsste die Bildungsdirektion Anzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde bzw. beim Magistrat erstatten, und diese könnten eine Strafe von bis zu 440 Euro verhängen.

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) hatte im Jänner auch ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen nicht ausgeschlossen. Das Kopftuchverbot bis 14 verteidigte Raab, schließlich wolle man allen Mädchen vermitteln, selbstbewusste Frauen zu werden. Es gehe um ein „gemeinsames Wertefundament, das wir wahren müssen.“

Sterbehilfe: Gegen Zwang zum Leid

Ein sehr umstrittenes Thema, mit dem sich der VfGH nun doch erst im Herbst befassen wird, ist die aktive Sterbehilfe. Das strikte Verbot der Sterbehilfe bzw. der Mitwirkung am Suizid versucht die Österreichische Gesellschaft für ein humanes Lebensende (ÖGHL) im Wege von unterstützten Individualanträgen zu kippen. Vier Antragsteller - darunter zwei Schwerkranke - argumentieren, dass leidende Menschen gezwungen seien, entweder entwürdigende Verhältnisse zu erdulden oder (unter Strafandrohung für Helfende) Sterbehilfe im Ausland in Anspruch zu nehmen.

Die katholische Kirche und kirchliche Vereine wandten sich in den vergangenen Wochen strikt gegen eine Lockerung des Sterbehilfegesetzes. Kardinal Christoph Schönborn appellierte etwa an die Entscheidungsträger in Österreich, nicht dem deutschen Beispiel zu folgen. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hatte im März das Verbot gegen die sogenannte geschäftsmäßige Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Kirchliche Organisationen fordern, den Ausbau von Palliativeinrichtungen, um Menschen ein würdevolles Leben bis zuletzt zu ermöglichen.

religion.ORF.at/APA

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