Informatiker in „Vatileaks“-Affäre verurteilt

In der sogenannten „Vatileaks“-Affäre ist Claudio Sciarpelletti zu zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Ein vatikanisches Gericht befand den Informatiker am Samstag wegen Beihilfe zum Diebstahl für schuldig.

Die vatikanische Staatsanwaltschaft, die im Skandal um den Diebstahl vertraulicher Dokumente ermittelt, hatte eine viermonatige Haftstrafe für den Informatik-Experten Claudio Sciarpelletti, gefordert, der wegen Beihilfe vor Gericht stand. Die milde Strafe erklärte der vatikanische Staatsanwalt Nicola Picardi damit, dass Sciarpelletti nicht vorbestraft ist und mit der Justiz bei der Klärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe beigetragen habe.

Sciarpelletti soll bei Vernehmungen den Ermittlern unter anderem verschiedene Versionen zu den Vorfällen gegeben haben, damit habe er die Untersuchung zum sogenannten „Vatileaks“-Fall erschwert. Der Rechtsanwalt Sciarpellettis hatte dagegen den Freispruch seines Mandanten gefordert.

Gabriele als Zeuge geladen

Fünf Zeugen wurden am Samstag von Richter Giuseppe Dalla Torre vernommen, darunter der am 6. Oktober zu 18 Monaten Haft verurteilte Ex-Kammerdiener des Papstes, Paolo Gabriele, den Chef der vatikanischen Gendarmerie, Domenico Giani, dessen Mitarbeiter Gianluca Gauzzi Broccoletti, den Vizekommandanten der Schweizergarde, William Kloter, und Bischof Carlo Maria Polvani, für den Sciarpelletti arbeitete.

Der Prozess gegen den Informatikexperten fand wie bereits das Verfahren gegen Gabriele in einem kleinen Gerichtssaal hinter der Peterskirche statt. Zu den Verhandlungen wurde lediglich ein Pool aus acht Printmedien- und Agenturjournalisten zugelassen. Fotos oder TV-Bilder des Angeklagten im Gerichtssaal gab es nicht.

Innervatikanische Flügelkämpfe

Paolo Gabriele war am 6. Oktober von einem vatikanischen Gericht verurteilt worden, weil er in der sogenannten Vatileaks-Affäre vertrauliche Dokumente kopiert und an einen Journalisten weitergegeben hatte. Dieser hatte sie in einem Enthüllungsbuch veröffentlicht. Der Ex-Kammerdiener befindet sich in einer Zelle der vatikanischen Gendarmerie. Ein Sprecher des Papstes bezeichnete eine Begnadigung Gabrieles durch Benedikt XVI. als „sehr wahrscheinlich“.

Laut Ermittlungen hatte Gabriele dem italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi zahlreiche kopierte Briefe und Geheimdokumente aus der Wohnung des Papstes weitergereicht. Als die Dokumente veröffentlicht wurden, spekulierten Beobachter, innervatikanische Flügelkämpfe seien die wahre Ursache für den Vertrauensbruch gewesen, eines der Angriffsziele sei Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone. Nuzzis Buch „Sua Santità“ sorgte in den vergangenen Monaten weltweit für Schlagzeilen.

APA

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