Flüchtlings-Proteste überdauern Weihnachtstage

Der Gesundheitszustand der hungerstreikenden Asylwerber in der Votivkirche „verschlechtert sich leider von Tag zu Tag“, so die Caritas Wien. Es befinden sich rund 30 Flüchtlinge in dem Gotteshaus, 14 davon im Hungerstreik.

Die Caritas der Erzdiözese Wien, übernimmt gemeinsam mit dem Sanitätsdienst der Johanniter die medizinische Versorgung der Flüchtlinge. Die medizinische Ambulanz der Caritas, der Louisebus, ist hier im Einsatz. Die Frage, wie es weitergehen sollte, war für den am Donnerstag anwesenden Geschäftsführer der Caritas Wien, Werner Binnenstein-Bachstein, leicht zu beantworten: „Aus der Sicht der Caritas ist nun die Politik gefragt“, sagte er der APA. Er betonte, dass die begleitenden Personen an einer Deeskalation interessiert seien.

In der Nacht auf Donnerstag übernachteten laut Caritas-Aussendung 29 Flüchtlinge in der Votivkirche. Sie wurden wie zuletzt von zwei Sanitätern der Johanniter und Caritas-Mitarbeitern betreut. „Als Caritas unternehmen wir alles, um zu vermitteln“, hieß es. Es gelte auch den Flüchtlingen zuzuhören, wenn sie über ihre zum Teil dramatischen Fluchtumstände erzählten.

Caritas-Direktor Landau wendet sich an Faymann

Der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau stattete der Kirche am Mittwoch einen Besuch ab und feierte mit der Gemeinde den Gottesdienst. Seine am Christtag ausgesprochene Einladung an Bundeskanzler Werner Faymann, persönlich mit den Flüchtlingen in Kontakt zu treten, blieb bis dato unbeantwortet.

Die Situation ist mittlerweile ziemlich verzwickt. Bereits seit 18. Dezember besetzen die Flüchtlinge die Votivkirche, nachdem sie davor in einem Park vor dem Gotteshaus campiert hatten. Vermittlungsversuche der Caritas blieben bisher erfolglos. Auch ein Treffen mit Vertretern von Innenministerium und Kanzleramt hatte vergangene Woche keinen Durchbruch gebracht. Mehr dazu in Flüchtlinge in Kirche: Runder Tisch noch vor Weihnachten

Verhärtete Fronten

Die Fronten sind verhärtet. Weder nahmen die Flüchtlinge ein Angebot des Innenministeriums, in ihre Grundversorgungsquartiere zurückzukehren an noch nächtigten sie in einem extra von der Caritas bereitgestellten Notquartier (mehr dazu in Flüchtlinge in Votivkirche: Übersiedlung in Not-Quartier). Der harte Kern der Flüchtlinge ist seit dem Wochenende im Hungerstreik, ein gutes Dutzend dürfte diesen bis dato durchgehalten haben.

Ein Flüchtling in eine Decke gehüllt.

APA/ Michael Gruber

Viele der Flüchtlinge im Hungerstreik sind bereits sehr geschwächt.

Caritas-Sprecher Klaus Schwertner berichtete der APA am Mittwoch, dass einige bereits sehr geschwächt seien. Zur Betreuung in den Nachtstunden haben sich die Johanniter bereit erklärt. Sollte es akute Gesundheitsprobleme geben, würden die Flüchtlinge jedenfalls in ein Spital gebracht, betonte Schwertner.

Caritas unterstützt Forderungen der Flüchtlinge

Ausdrücklich unterstützt werden manche Forderungen der Flüchtlinge von der Caritas, etwa der Wunsch, nicht mehr in abgelegenen und schlecht ausgestatten Unterkünften untergebracht zu werden, etwa der Kärntner Saualm. Zu den weiteren Anliegen der Flüchtlinge gehören etwa ein Arbeitsmarkt-Zugang für Asylwerber oder die Löschung ihrer Fingerabdrücke, damit sie in anderen Staaten noch Asyl-Chancen wahrnehmen könnten. Landau forderte am Stefanitag nach seinem Besuch in der Votivkirche „echte Verbesserungen“ für Asylwerber.

Der Wiener Caritasdirektor zeigte sich auch besorgt über aufgetretene innerpfarrliche Frontstellungen im Blick auf die Behandlung der Asylwerber. Er appellierte deshalb an alle Katholiken der Umgebung, die Caritas bei der Flüchtlingsarbeit in der Votivkirche und in den bereitgestellten Quartieren zu unterstützen. Es handle sich um Menschen, die von dramatischen Fluchtsituationen gezeichnet seien. Andererseits sei sich auch die Caritas bewusst, dass es Instrumentalisierungen gebe.

Caritas-Präsident Landau gibt eine Pressekonferenz.

APA/ Herbert Pfarrhofer

Caritas-Direktor Landau stellt sich hinter die Forderungen der Flüchtlinge nach menschenwürdiger Unterbrungung.

Kardinal Christoph Schönborn hatte am Weihnachtstag ein Gespräch mit Pfarrer Farrugia geführt und ihm für die Aufnahme der Asylwerber gedankt. Während der Feiertage sperrte der Pfarrer das Gebäude kurz, was wiederum einen Sturm der Entrüstung bei Aktivisten auslöste. Bald darauf war die Kirche wieder offen. Derzeit ist vorgesehen, dass während der Nacht nur die Flüchtlinge und fünf ihrer Vertrauenspersonen in dem Gotteshaus bleiben.

FPÖ-Forderung bleibt ungehört

Eine Räumung ist nach derzeitigem Stand sehr unwahrscheinlich, könnte die Polizei doch nur auf Antrag des Pfarrers eingreifen, was sichtlich nicht im Sinne der Erzdiözese wäre. Das Camp im Park davor wiederum bleibt stehen, so lange die Wiener Stadtregierung keine Schritte dagegen einleitet. Insofern dürfte auch die heutige FPÖ-Aufforderung, den „Asyl-Erpressern“ eine letzte 24-Stunden-Frist zu stellen, ungehört verhallen.

Caritas-Sprecher Schwertner appellierte am Mittwoch an die Politik, in der Situation kühlen Kopf zu bewahren und verantwortungsbewusst und sensibel vorzugehen. Bundeskanzler Faymann sicherte bei einem gemeinsamen Besuch eines Caritas-Pflegeheims am Christtag Landau zumindest zu, dass die Politik zu weiteren Gesprächen mit Flüchtlingen bereit sei. Der Einladung des Caritas-Direktors, gemeinsam in die Votivkirche zu gehen, folgte der SPÖ-Chef aber zumindest bisher nicht.

religion.ORF.at/ APA

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