Vatikan prüft früheren Termin für Papst-Wahl

Die Wahl eines neuen Papstes könnte früher beginnen als angenommen. Vatikan-Sprecher Federico Lombardi sagte am Samstag, es werde derzeit geprüft, ob die Kirchenvorschriften einen früheren Termin zuließen.

Nach dem angekündigten Rücktritt von Papst Benedikt XVI. könnte das Konklave zur Wahl eines neuen Kirchenoberhaupts bereits vor dem 15. März zusammenkommen. Verschiedene Kardinäle hätten ein vorgezogenes Datum ins Spiel gebracht, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Samstag.

Neue Situation

Lombardi betonte, die Regeln für die Zusammenkunft des Konklaves seien für den Fall konzipiert, dass ein Papst stirbt. Mit dem Rücktritt Benedikts XVI. stelle sich die Situation aber anders dar, und es sei möglich, die geltenden Regeln anders „zu interpretieren“. Entscheidend sei, dass alle Kardinäle versammelt seien, mit der Rücktrittsankündigung hätten sie dazu nun mehr Zeit. Es ist das erste Mal seit mehr als 600 Jahren, dass sich der Vatikan mit einem solchen Rücktritt konfrontiert sieht.

Gemäß den Regeln, die Benedikts Vorgänger Johannes Paul II. im Jahr 1996 festgelegt hatte, müsste das Konklave zwischen dem 15. und dem 20. März beginnen. In den Vorgaben heißt es, ab dem Tag, an dem das Papstamt vakant sei, müssten die im Vatikan versammelten Kardinäle „volle 15 Tage“ auf die abwesenden Kardinäle warten. Benedikt XVI. will am 28. Februar zurücktreten. Der Vatikan strebt die Wahl eines Nachfolgers bis Ostern an.

In den Augen des Chefredakteurs der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“ ist eine Vorverlegung zwar möglich, müsste aber angesichts der nicht ganz eindeutigen Regelungen in der Papstwahlordnung vom scheidenden Papst selbst bestimmt werden - mehr dazu in: Insider: Papst entscheidet über früheres Konklave.

Spekulationen um Herkunft des neuen Papstes

Der italienische Kardinal Velasio De Paolis sagte der Tageszeitung „La Stampa“ vom Samstag, die Kardinäle sollten europäische Kandidaten bei der Wahl des neuen Papsts nicht ausschließen, auch wenn die meisten katholischen Gläubigen in Asien, Afrika und Lateinamerika lebten. Das Konklave werde „auf Basis der Person abstimmen, nicht woher sie kommen“. Die Amtsführung Benedikts war von einigen als zu „eurozentrisch“ kritisiert worden. Vatikan-Beobachter fordern zudem, dass nun anderen Kontinenten größeres Gewicht gegeben werden müsse. Von den 116 Kardinälen des Konklaves stammt mehr als die Hälfte aus Europa.

Konklave: Kardinäle im Gespräch

ORF

Spannende Wahl zum neuen Papst

Der Bischof von Speyer, Karl-Heinz Wiesemann, sprach sich für einen Papst von außerhalb Europas aus. „Es wäre für die Weltkirche sicherlich kein Schaden, wenn der neue Papst aus einer Weltregion käme, in der das kirchliche Leben wächst“, sagte er der Wochenzeitung „Bild am Sonntag“. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann meinte, die Kirche werde „immer internationaler, und der Papst sollte das auch sein.“

„Kirche erneuern“

Bei einem seiner letzten öffentlichen Auftritte am Sonntag, rief Benedikt XVI. die Kirche am Sonntag zur Erneuerung auf. Bei seinem vorletzten Angelus-Gebet auf dem Petersplatz sagte er vor zehntausenden Gläubigen, die Kirche solle „sich neu Gott zuwenden, um Hochmut und Egoismus zu begegnen“. Die Kirche rufe „alle ihre Mitglieder auf, sich zu erneuern“. Dies bedeute einen „spirituellen Kampf, weil der Geist des Bösen versucht, uns vom Weg zu Gott abzubringen“.

Der Schweizer Theologe und Kirchenkritiker Hans Küng befürchtet nach dem Rücktritt des Papsts einen Machtkampf im Vatikan. „Es droht mit Benedikt XVI. ein Schattenpapst, der zwar abgedankt hat, aber indirekt weiter Einfluss nehmen kann“, sagte Küng dem Magazin „Spiegel“. Als Nachfolger wünschte sich Küng „einen Papst, der geistig nicht im Mittelalter lebt“.

religion.ORF.at/APA/AFP

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