Die Causa Tebartz-van Elst

Der umstrittene Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst hat vom Vatikan eine Auszeit verordnet bekommen. Bereits seit Wochen steht er wegen angeblicher Prunksucht unter heftiger öffentlicher Kritik.

Wegen der Kostenexplosion beim Bau des neuen Bischofssitzes und eines drohenden Strafbefehls war der Druck auf den Limburger Bischof zuletzt zusehends gewachsen. Kritik an dem Bischof gab es aber bereits seit Monaten. Die wegen Falschaussage vor Gericht drohende Geldstrafe sei nur noch der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringe, formulierte es der „Mannheimer Morgen“ Anfang Oktober.

„Maßlosigkeit, Hoffart und Eitelkeit“

„Dieses Fass ist indessen nicht mit Weihwasser gefüllt, sondern mit einem Verschnitt aus Maßlosigkeit, Hoffart und Eitelkeit - jene Eigenschaften, die nach dem katholischen Katechismus zu den Hauptlastern der Menschheit zählen. Der Limburger Bischof passt zur Bescheidenheit des neuen Papstes wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge“, befand die deutsche Zeitung.

Seit Tebartz-van Elst im Jänner 2008 in die Fußstapfen von Limburgs langjährigem Bischof Franz Kamphaus getreten war, änderte sich viel in der Diözese Limburg. Kamphaus hatte stets als bescheiden gegolten. Umso greller war der Kontrast zu seinem jungen Nachfolger Tebartz-van Elst, der bei seiner Amtseinführung mit 48 Jahren der jüngste deutsche Diözesanbischof war.

Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst

APA/ EPA/dpa/Fredrik von Erichsen

Tebartz-van Elsts Werdegang

Nach seiner Priesterweihe 1985 studierte Tebartz-van Elst im US-Bundesstaat Indiana Theologie. Er lehrte Pastoraltheologie und Liturgiewissenschaft an der Universität Passau. 2003 wurde er Weihbischof in Münster, im November 2007 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Bischof von Limburg. Im Jänner 2008 trat er sein Amt an.

Zuerst 2,5 Mio. Euro für Bau veranschlagt

Die Geschichte rund um den Neubau begann schon vorher. Das Limburger Domkapitel beschloss den Neubau des Bischofssitzes im Jahr 2007, also vor dem Amtsantritt von Bischof Tebartz-van Elst im Jänner 2008. Bereits in der Entwurfsphase gab es Kritik, mehrfach wurden die Pläne geändert. Veranschlagt waren ursprünglich 2,5 Millionen Euro. Am Ende wurden daraus mehr als 31 Millionen Euro.

Überblick über die Ereignisse

19. August 2012: Tebartz-van Elst wird Verschwendung vorgeworfen. Er sei erster Klasse nach Indien geflogen, um dort soziale Projekte zu besuchen, berichtet das Magazin „Der Spiegel“. Das Bistum weist die Vorwürfe zurück.

29. Mai 2013: Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Limburger Bischof wegen möglicher Falschaussage über ein Upgrade in die Business Class bei einem Flug nach Indien.

28. Juni: Die umstrittene neue Bischofsresidenz hat nach Angaben des Limburger Bistums knapp zehn Millionen Euro gekostet - rund viermal so viel wie ursprünglich geplant. Der Bischof betont, dass der Bau schon 2007 vor seinem Antritt beschlossen worden sei.

9. Juli: Das Bistum korrigiert die Gesamtkosten für die neue Residenz nach oben. Sie lägen deutlich über 9,85 Millionen Euro.

25. August: Im Bistum beginnt mit einem offenen Brief eine Unterschriftensammlung gegen die Amtsführung des Bischofs. Gefordert wird eine umfassende Aufklärung über die Kosten der Residenz.

29. August: Das streng konservative „Forum Deutscher Katholiken“ ruft zur Solidarität mit dem Oberhirten auf.

1. September: Tebartz-van Elst bittet alle Gläubigen seines Bistums in einem Brief um Vertrauen und räumt Fehler ein.

6. September: Gläubige überreichen dem Bischof ihren offenen Protestbrief mit rund 4.400 Unterschriften.

9. September: Der päpstlichen Gesandte Kardinal Giovanni Lajolo besucht Limburg. Das Bistum betont, es handele es sich um einen „brüderlichen Besuch“ und nicht um eine Untersuchung. Der Bischof sichert wenige Tage später zu, alle Kosten für die Baumaßnahmen Prüfern zugänglich zu machen.

23. September: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, kritisiert Tebartz-van Elst wegen der Finanzaffäre. Eine Kommission werde untersuchen, warum die Kosten für das neue Domizil explodierten.

7. Oktober: Das Bistum beziffert die Kosten für den neuen Bischofssitz auf 31 Millionen Euro.

10. Oktober: Die Staatsanwaltschaft Hamburg gibt bekannt, dass sie einen Strafbefehl gegen den Bischof beantragt hat. Sie wirft ihm vor, im Rechtsstreit mit dem „Spiegel“ über die Berichterstattung zum Erste-Klasse-Flug nach Indien eine falsche eidesstattliche Erklärung abgegeben zu haben.

Zahlreiche Stimmen der Kritik und Rücktrittsforderungen in Richtung des Limburger Bischofs werden laut. Zollitsch will den Fall im Vatikan zur Sprache bringen.

11. Oktober: Der Sprecher des bischöflichen Vermögensverwaltungsrats, Jochen Riebel, beschuldigt Tebartz-van Elst, gelogen zu haben, als dieser im Juni von Baukosten knapp unter zehn Millionen berichtet hat. Zu dem Zeitpunkt sei dem Bischof bekannt gewesen, dass diese Zahl nicht der Wahrheit entspreche. Auch die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, dass die Kostenexplosion schon länger bekannt gewesen sei. Zollitsch mahnt die deutschen Bischöfe indes zu Bescheidenheit und bezeichnet die Vorwürfe gegen Tebartz-van Elst als „bedrückend“.

12. Oktober: Erste Medienberichte über eine Rom-Reise des Bischofs tauchen auf. Das Bistum Limburg will die Berichte nicht kommentieren.

13. Oktober: Der Druck auf Tebartz-van Elst wächst weiter: „Welt am Sonntag“ und „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichten über bis zu 40 Millionen Euro Gesamtfinanzbedarf für die Limburger Residenz und Versuche, die Kostenexplosion zu verschleiern. Der Bischof reist am Vormittag nach Rom zu Gesprächen mit dem Papst. Auch Zollitsch reist zu seinem schon länger geplanten Besuch nach Rom.

16. Oktober: Die katholische Nachrichtenagentur KNA berichtet, der Vatikan sei über die Aufteilung des Limburger Bauprojekts in zehn Einzelprojekte bereits seit 2010 informiert gewesen. Zuvor war gemutmaßt worden, Tebartz-van Elst habe den Vatikan durch die Aufteilung getäuscht, da nur Projekte, die über fünf Millionen Euro Kosten verursachen, nach Rom gemeldet werden müssen, die Kosten der Einzelprojekte aber darunter lagen.

17. Oktober: Papst Franziskus empfängt Zollitsch zur schon länger geplanten Audienz, bei der auch die Vorwürfe gegen Tebartz-van Elst behandelt werden. Zollitsch sagt danach, er hoffe auf eine baldige Lösung für die Zukunft des Bistums Limburg.

18. Oktober: Die von der Bischofskonferenz eingesetze Untersuchungskommission nimmt ihre Arbeit auf.

21. Oktober: Tebartz-van Elst erhält eine Audienz bei Papst Franziskus. Laut der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ heißt es im Vatikan, Franziskus wolle die Ergebnisse der Untersuchungskommission abwarten, bevor er über Tebartz-van Elst entscheidet.

23. Oktober: Der Vatikan verordnet Tebartz-van Elst eine dreimonatige Auszeit, belässt ihn aber - zumindest vorerst - im Amt. In der Zwischenzeit soll er von Generalvikar Wolfgang Rösch vertreten werden. Es sei zu einer Situation gekommen, in der der Bischof sein Amt „zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht ausüben“ könne, so die Vatikan-Mitteilung.

religion.ORF.at/dpa

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