Irak: Patriarch Sako kritisiert zögerliche US-Politik

Kritik sowohl an der zögerlichen US-Politik als auch am Zaudern des Parlaments in Bagdad hat der wichtigste christliche Führer im Irak, der chaldäische Patriarch Louis Rafael I. Sako, geübt.

Die Entscheidung von Präsident Barack Obama, US-Luftschläge nur zur Verteidigung der kurdischen Hauptstadt Erbil (Arbela) und der Sindschar-Region vorzusehen, sei „enttäuschend“. Das werde nicht zur Befreiung Mossuls aus den Händen der Dschihadisten führen, sagte Sako laut einer Aussendung der Stiftung Pro Oriente. Er forderte die Vertreibung der IS-Milizionäre aus Mossul und aus der Ninive-Ebene mit ihren zahlreichen christlichen Kleinstädten und Klöstern und formulierte erneut einen dramatischen Hilfsappell für die von den islamistischen IS-Milizionären vertriebenen Christen.

„Feilschen um Machtverteilung“

Verärgert zeigte sich Sako angesichts der wachsenden Flüchtlingsnot über die von den Amerikanern verlangte Zusammenarbeit zwischen der offiziellen irakischen Armee und kurdischen Peschmerga-Einheiten. Unverständlich sei auch, dass die Einigung auf einen neuen irakischen Regierungschef Voraussetzung für militärische Hilfe seitens der USA sein solle.

Patriarch Louis Rafael I. Sako

APA/EPA/Khider Abbas

Patriarch Louis Rafael I. Sako

Dem Parlament in Bagdad warf der Patriarch seine Unfähigkeit vor, sich auf einen neuen Regierungschef zu einigen - die entsprechende Sitzung wurde auf den 12. August verschoben. „Während das Land lichterloh brennt, feilschen sie um die Machtverteilung“, empörte sich Sako.

Kirchen „verwaist und entweiht“

Die Nachrichten aus den Kleinstädten und Dörfern der Ninive-Ebene bezeichnete Sako als „tragisch“. Die Kirchen seien „verwaist und entweiht“, fünf Bischöfe hätten ihre Bischofssitze verlassen müssen, Priester, Mönche und Nonnen könnten ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen. Die zügellose Gewalttätigkeit der Terrorgruppe IS habe zahllose Dokumente und Manuskripte zerstört, von denen manche 1.500 Jahre alt waren.

Nach Angaben des Patriarchen haben in Ankawa, der christlichen Vorstadt Erbils, rund 70.000 christliche Flüchtlinge Zuflucht gefunden, in der Distriktshauptstadt Dohuk weitere rund 60.000. Andere Flüchtlinge hätten sich nach Kirkuk, Suleimaniah oder bis nach Bagdad durchgeschlagen.

Mangelnde Koordination der Hilfen

Wörtlich stellte der chaldäische Patriarch fest: „Tod und Krankheit bemächtigen sich der Alten und der Kinder. Die Leute brauchen Unterkünfte, Nahrungsmittel, Wasser und Medikamente, aber die mangelnde Koordination der Hilfen der internationalen Gemeinschaft wirkt sich negativ aus. Die Kirche bietet alles auf, was ihr möglich ist.“

Generell sei die Lage der Flüchtlinge dramatisch und lasse eine noch schrecklichere Katastrophe befürchten. Der Patriarch dankte für die Hilfe des internationalen Hilfswerks Kirche in Not, das am 8. August erneut 100.000 Euro für die christlichen Flüchtlinge im Irak zur Verfügung gestellt hat.

religion.ORF.at/KAP

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