Sukkot: Jüdischer Erntedank in der Laubhütte
Beim Auszug aus Ägypten mussten die Israeliten während der Wüstenwanderung in Hütten aus Zweigen leben. Die „Sukka“ (Laubhütte) ist eine provisorische Hütte aus Latten und Zweigen, Blättern und Stoff, die häufig im Garten oder im Innenhof aufgebaut wird. Sukkot ist ein Fest der Freude und beginnt 15 Tage nach dem ersten Herbstfeiertag Rosch ha-Schanah und fünf Tage nach Jom Kippur. Die Festlichkeiten beginnen am 15. des Monats Tischri im jüdischen Kalender - 2014 am 9. Oktober - und dauern mindestens sieben Tage.
Leben fast unter freiem Himmel
In Israel findet man in den Wohnvierteln der Strenggläubigen einige terassenartig angelegte Häuser. So können die Bewohner ihre Laubhütten auch auf dem Balkon errichten, denn die „Sukka“ muss unter freiem Himmel stehen. Nachts soll man durch ihr Blätterdach die Sterne sehen können. Im kühlen Europa wird das Gebot erleichtert: Es reicht, wenn sich Gläubige dort zum Essen und Singen treffen.
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Dieser Brauch soll sowohl an die harten Bedingungen der Vorfahren als auch an die Vergänglichkeit von materiellem Wohlstand erinnern. Gläubige besinnen sich der Natur als Geschenk Gottes. Allein Gott gibt nach jüdischem Glauben Sicherheit.
Vier Gaben als Symbol für die Menschen
In den letzten Wochen vor Sukkot besorgen die Gläubigen vier Gaben für den Lulaw, einen Feststrauß aus einer Zitrusfrucht (Etrog), einem Palmzweig (Lulaw), drei Myrthenzweigen (Hadassim) und zwei Bachweidenzweigen (Arawot). „Am ersten Tag nehmt schöne Baumfrüchte, Palmwedel, Zweige von dicht belaubten Bäumen und von Bachweiden und seid sieben Tage lang vor dem Herrn, eurem Gott, fröhlich!“, heißt es dazu im 3. Buch Mose 23,40.
Die vier Gaben stehen symbolisch für die vier Menschentypen im Volk Israel. Die Gaben werden sehr sorgfältig ausgewählt. Etrog-Früchte werden eigens für Sukkot gezogen und erzielen zum Teil hohe Preise auf Märkten sowie im Internet.
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Das göttliche Gericht
Der Lulaw wird bei den Morgengebeten in der Synagoge in sechs Richtungen geschüttelt: in die vier Himmelsrichtungen sowie nach oben und unten. Man dankt für den Ertrag des vergangenen Jahres und bittet um gute Ernte für das kommende. Auch für Regen wird gebetet.
Das Fest endet am 21. Tischri mit dem Hoschanna Raba (großes Hosianna), dem letzten großen jüdischen Feiertag im Herbst. An diesem Tag wird nach jüdischer Vorstellung das göttliche Urteil über die Menschen für das kommende Jahr, das zu Rosch ha-Schanah geschrieben und zu Jom Kippur besiegelt wurde, dem göttlichen Gericht übergeben und damit endgültig. Beim Festgottesdienst umrunden die Teilnehmer sieben Mal die Bima, das Lesepult für die Tora, während sie Gott um Regen und eine gute Ernte bitten.
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Ende des Lesezyklus der Tora
Unmittelbar im Anschluss an Sukkot beenden die beiden Feiertage Schmini Azeret (achter Tag der Versammlung) und Simchat Thora (Freude an der Thora die Reihe der herbstlichen Feste. Simchat Thora ist der freudvolle Schlusspunkt der Herbstfeiertage. An diesem Tag endet der Lesezyklus der fünf Bücher Mose, der Thora und beginnt sofort wieder von neuem. Alle Thorarollen werden aus ihrem Schrein genommen und sieben Mal feierlich um das Lesepult, die Bima, getragen. Kinder werden zu Simchat Thora üblicherweise mit Süßigkeiten beschenkt.
Zwar gilt Schmini Azeret als eigener Feiertag, jedoch sind viele Bräuche ähnlich wie bei Sukkot. So wird auch an diesem Feiertag für reichen Regen gebetet, und viele Familien essen noch einmal in ihrer Sukka. Beim Gottesdienst zu Schmini Azeret wird das Jiskor (Totengebet, wörtl: Du sollst Dich erinnern) gesprochen, das nur vier Mal im Jahr gebetet wird.
religion.ORF.at/dpa
Mehr dazu:
- Rosch ha-Schanah: Jüdisches Jahr 5775 beginnt
(religion.ORF.at; 24.9.2014) - Jom Kippur: Das Fest des Sündenbocks
(religion.ORF.at; 1.10.2014)