Regierung plant genaue Prüfung von Abdullah-Zentrum

Die Bundesregierung hat am Dienstag angekündigt, dass die Tätigkeit des König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) in Wien vor der Vertragsverlängerung im kommenden Jahr eingehend geprüft werden soll.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) erklärten am Dienstag im Pressefoyer nach dem Ministerrat, dass die Arbeit des Zentrums beobachtet werde. Für Faymann stellt sich die Frage, ob die ursprünglichen Ziele wie der interreligiöse Dialog überhaupt eingehalten wurden. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) werde dies sehr genau verfolgen, bevor nach dem derzeit gültigen Dreijahresvertrag ein neuer abgeschlossen werde.

Gemeint ist damit laut Außenministerium jener Gründungsvertrag, der 2012 von den Teilnehmerstaaten Österreich, Spanien und Saudi-Arabien unterzeichnet wurde und der bis 2015 läuft. Das Amtssitzabkommen, das dem KAICIID den Status einer internationalen Organisation und damit auch Steuervorteile zuschreibt, ist dagegen auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, könnte aber mittels Nationalratsbeschluss gekündigt werden.

Mitterlehner gegen Anlassdiskussion

Mitterlehner sprach sich gegen eine Anlassdiskussion aus, eine entsprechende Bewertung sei 2015 vorzunehmen. Er positionierte sich aber deutlich gegen die Aussagen von Claudia Bandion-Ortner, Ex-ÖVP-Justizministerin und Vizegeneralsekretärin des Abdullah-Zentrums, zu Todesstrafe und Vollverschleierung in Saudi Arabien. „Auch ich finde das negativ, was hier von ihr gesagt worden ist“, betonte er.

Nicht äußern wollten sich beide in der Frage, ob Bandion-Ortner nach ihren Äußerungen im Amt verbleiben soll. Er habe die entsprechenden Verträge nicht geschlossen und daher kein Recht, hier Personalentscheidungen zu treffen, so der Bundeskanzler.

Bandion-Ortner hatte im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „profil“ - angesprochen auf öffentliche Hinrichtungen in Saudi-Arabien, gesagt, diese fänden „nicht jeden Freitag“ statt. Die Ganzkörperverschleierung bezeichnete sie als „angenehmes Kleidungsstück“ und verglich sie mit dem Talar, den sie als Richterin getragen hatte.

Sebastian Kurz

APA/Georg Hochmuth

Sebastian Kurz

Zuständigkeit bei Faymann

Kurz ging beim Ministerrat klar auf Distanz zum KAICIID. Seitens des Zentrums habe es nicht sehr viele Initiativen gegeben, die positiv hervorzuheben seien, so der Außenminister. Selbst aktiv werden will er allerdings nicht: Die Verantwortlichkeit dafür sieht er bei Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ). „Der Herr Bundeskanzler hat mit seinem Regierungsteam vor zwei Jahren das Zentrum gegründet“, so Kurz. „Wenn er hier eine Neubewertung vornehmen will, wird er das tun.“

Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Josef Cap wies nach dem Ministerrat per Aussendung darauf hin, dass die Initiative für die Errichtung des Abdullah-Zentrums vom damaligen ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger ausgegangen sei. „Vielleicht sollte sich Außenminister (Sebastian, Anm.) Kurz kurz mit diesen Fakten befassen, bevor er hier Kindesweglegung betreibt“, so Cap.

Kurz hatte das KAICIID bereits mehrmals öffentlich kritisiert. Unmittelbar nach dem Bandion-Ortner-Interview forderte er beispielsweise viel mehr Aktivität von dem Zentrum, um die Barbareien der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu verurteilen. „Das Wiener Zentrum soll kein Feigenblatt sein“, sagte Kurz damals. „Der Erfolg des Zentrums misst sich letztlich daran, inwieweit der gegenseitige Respekt der Religionen auch in die Tat umgesetzt wird. Die freie Ausübung der Religion ist in Saudi-Arabien bis dato rechtlich nicht realisiert“, so der Seitenhieb.

Das Palais Sturany, in dem das KAICIID untergebracht ist

APA/Herbert Neubauer

Das KAICIID in Wien

Grüne kritisieren „Ping-Pong-Spiel“

Die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun bezeichnete die Diskussion um das Zentrum als „politisches Ping-Pong-Spiel zwischen ÖVP und SPÖ“. Die Regierungsfraktionen bräuchten nur dem Grünen Antrag zur Überprüfung und Auflösung der Verträge zustimmen, lautete ihr Lösungsvorschlag.

„Hätte die Regierung auf die Warnungen der Grünen gehört, wären wir heute gar nicht in dieser Situation. Zuerst einem Menschenrechtsverletzer-Regime die Mauer zu machen und nun den Ball einander zuzuschieben, löst das Problem aber nicht“, meinte Korun in einer Aussendung. Faymann und Kurz müssten aktiv werden. Sie wies darauf hin, dass Kurz’ Außenminister-Vorgänger Michael Spindelegger die treibende Kraft hinter der Etablierung des Zentrums gewesen sei.

2012 gegründet

Das „König Abdullah Bin Abdulaziz Zentrum für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog“ (KAICIID) wurde im Herbst 2012 eröffnet und wird größtenteils von Saudi-Arabien finanziert. Als Hommage an den Geldgeber trägt das Zentrum den Namen des schwerkranken greisen saudi-arabischen Monarchen. Kritiker sehen in der Institution einen Versuch Riads, sein international wegen Menschenrechtsverletzungen ramponiertes Image aufzupolieren. Denn während in Wien mittels Dialogs Brücken gebaut werden sollen, droht in Saudi-Arabien jedem, der von der dortigen mittelalterlichen Ausrichtung des Islam abfällt, der Tod.

Das KAICIID wird von einem Board of Directors geleitet, das aus Vertretern der großen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus) und Kulturen besteht. Das Dialogzentrum erhält Unterstützung von den Regierungen von Saudi-Arabien, Spanien und Österreich, von denen jede im Council of Parties des Zentrums vertreten ist. Der Vatikan hat einen Beobachterstatus. Mehr als 35 fest angestellte Mitarbeiter aus 23 Ländern arbeiten im KAICIID. Sitz des KAICIID ist das Wiener Palais Sturany am Schottenring.

religion.ORF.at/APA

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