Schönborn zu Synode: Keine „generellen Bestimmungen“

Kardinal Christoph Schönborn erwartet von der Familiensynode Anfang Oktober keine „generellen Bestimmungen“ für den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen.

Eine Erlaubnis nach dem Schema „dreimal, viermal heiraten, alles wird abgesegnet“ werde es bei der in einer Woche beginnenden Weltbischofssynode im Vatikan nicht geben, sagte der Wiener Erzbischof am Samstag in einem Ö1-Radiointerview - mehr dazu in Kardinal Schönborn: „Ich habe auch manchmal Angst“. Primär gehe es um die Seelsorge, wobei die Synode dazu einladen dürfte, genauer hinzuschauen um zu sehen „wie ist die Situation von Wiederverheirateten?“, so Schönborn.

Die Ehe sei „von ihrem innersten Wesen her auf Dauer und Treue angelegt“, so der Kardinal. Weithin bekannt sei, dass dies nicht immer gelinge, verwies Schönborn auf seine eigene Biografie: „Ich komme selbst aus so einer Familie.“ Dennoch könne es auch im Leben von wiederverheirateten Geschiedenen sowie auch unverheirateten Zusammenlebenden „sehr viel Edles geben“.

„Liebevolle Verantwortung“

Schönborn hatte im Vorfeld darauf hingewiesen, dass auch in „irregulären“ Verbindungen viele Elemente von Wahrheit und Heiligkeit seien, sofern Paare liebevolle Verantwortung füreinander übernehmen. Das gelte für alle Beziehungen, auch für homosexuelle Partnerschaften, präzisierte er nun. „Das erste ist nicht die Frage, welche sexuelle Ausrichtung du hast, sondern welcher Mensch du bist“, so Schönborn. Ein Mensch könne auch als Heterosexueller ein „schrecklicher Partner“ sein.

Zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften habe die Bibel freilich eine klare Lehre, bemerkte der Kardinal - „dass sie nicht der ursprüngliche Schöpfungsplan sind. Es heißt hier: Als Mann und Frau schuf er sie, und die zwei sollen eins sein.“

„Anzeichen für Epochenwandel“

Ganz im Zeichen der Flüchtlingskrise stand die Feier zum 20-jährigen Jubiläum von Schönborn als Wiener Erzbischof am Samstag. Die heutige Situation sei „Anzeichen für einen Epochenwandel“, erklärte der Kardinal im Wiener Stephansdom vor rund 4.000 Gläubigen. Die Kirche müsse die Zeichen der Zeit richtig deuten, sich der „Dringlichkeit“ der Realität stellen und die Flüchtlingsfrage zuvorderst als eine Frage der Menschlichkeit sehen. „Alles entscheidet sich daran, ob wir die persönliche Begegnung wagen oder ihr ausweichen“, so Schönborn.

Zu Beginn der Eucharistiefeier bekam Schönborn von seinem Flüchtlingsbeauftragten Manuel Maan Baghdi eine Marienmedaille überreicht. Sie sei der „Dank für ein neues Leben“ einer syrischen Flüchtlingsfamilie, die vor zwei Jahren vom Wiener Erzbischof aufgenommen worden sei und sich mittlerweile gut in Wien integriert haben. Bis zu seinem Tod getragen habe die Medaille zuvor der im Syrienkrieg ermordete Vater der Familie. Bagdhi würdigte Schönborns „unverzügliche Bereitschaft, Menschen in Not zu unterstützen“, die er in den Jahren seiner Tätigkeit hautnah miterleben habe dürfen.

Nächstenliebe „kein Allerweltsgefühl“

Christsein sei auch bei der Flüchtlingsfrage „nicht romantisch, sondern sehr konkret“ und Nächstenliebe „kein Allerweltsgefühl“, sagte Schönborn. Wer das Jesuswort „Ich war fremd und obdachlos, und du hast mich beherbergt“ ernst nehme, müsse praktisch handeln. Als Beispiel führte Schönborn seine Sekretärin an, die in das Flüchtlingsquartier am Stephansplatz gegangen sei und die Wäsche der Migranten geholt und gewaschen habe. „Ich bin nicht auf diese Idee gekommen“, so der Erzbischof. Angesichts der großen Solidarität gegenüber Flüchtlingen würden „sogenannte Fernstehende“ Jesus deshalb viel näher stehen als sie selbst ahnten.

„Europa ist schon anders“

Europa werde nicht anders, sondern „es ist schon anders und wird sich noch viel verändern. Es wird nicht nur wirtschaftlich enger, es wird kulturell-religiös vielfältiger und pluraler“, erklärte der Kardinal. Gleichzeitig wandle sich auch die Kirche, wo volle Gottesdienste heute eine Seltenheit geworden, stellte der Kardinal fest. Zahlenmäßig sei die Wiener Erzdiözese geschrumpft, mit jährlich mehr als einem Prozent Kirchenaustritten. „Wenn ich das in eine Leistungsbilanz schreibe, ist das sofort meine Entlassung“, so Schönborn ironisch. Der derzeit laufende Reformprozess der Pfarrzusammenlegungen unter dem Stichwort „Pfarre Neu“ habe auch damit zu tun.

Schönborn sprach auch die „schwierige Stunde“ seines Amtsantritts an, als er 1995 auf Hans Hermann Groer nach den Missbrauchsvorwürfen gegen diesen als Wiener Erzbischof folgte. „Wir durften seither gemeinsam einen schwierigen, aber schönen Weg gehen, mit schmerzlichen Konflikten, einem gesegnetem Miteinander“, so der Kardinal zu den versammelten Gläubigen. Er selbst habe viel gelernt und nicht wenige Fehler gemacht, für die er um Verzeihung bitte, zugleich sei aber auch viel Schönes und Segensreiches gewachsen. Wichtig sei ihm, „mit Freude mit dem Herrn auf dem Weg zu sein“, so der Kardinal.

Gestaltet wurde die Messe von 250 Sängern, dem „größten Kirchenchor, den ich je in St. Stephan erlebt habe“, wie Schönborn hervorhob. Der Wiener Erzbischof segnete vor seiner Predigt mit dem Evangeliar die anwesenden Gläubigen, wozu das Evangelienbuch von Hand zu Hand weitergegeben wurde. Die Kollekte des Gottesdienstes wurde gänzlich für der Flüchtlingshilfe zur Verfügung gestellt.

religion.ORF.at/KAP

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