Synode: „Deutsche“ Initiative für Öffnung

Bei der Familiensynode zeichnet sich eine vorsichtige Öffnung ab: Eine Initiative der von Kardinal Christoph Schönborn geleiteten deutschen Sprachgruppe („Circulus Germanicus“) zur Frage der wiederverheirateten Geschiedenen stieß auf große Resonanz.

Die deutsche Sprachgruppe hat bei der Familiensynode einen Vorschlag in der Frage gemacht, wie wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion kommen können. Ausgangspunkt des „deutschen“ Vorschlags ist die Überlegung, dass sich die Kirche stets in einem Spannungsfeld bewegt.

Denn auf der einen Seite steht die von den Jesusworten im Evangelium begründete Lehre: „Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen“. Auf der anderen Seite steht der Auftrag an den Seelsorger, auch jene zu begleiten und zum Heil zu führen, die in einer katholischen Ehe gescheitert sind. Anders ausgedrückt: Es gilt, die Gültigkeit der Norm („Die Ehe ist unauflöslich“) zu verbinden mit der Biografie des konkreten Menschen, der auch scheitern kann.

Gescheiterte lebenslang ausgegrenzt

Lange Zeit sah es so aus, als könne man nur einem von beiden Aspekten gerecht werden und müsse dabei zwangsläufig den anderen missachten: Gilt die Norm ohne Ausnahme, werden Gescheiterte lebenslang ausgegrenzt. Lässt man in Einzelfällen Ausnahmen zu, wird die Gültigkeit der Norm untergraben, und am Ende fällt die Norm. Um diese moraltheologisch schwer schiffbaren Gewässer quasi auf dem Landweg zu umgehen, hat die deutschsprachige Gruppe sich an zwei Hilfskonstruktionen entlang gehangelt.

Bischöfe auf dem Petersplatz in Rom

APA/EPA/Giuseppe Lami

Die Weltbischofssynode begibt sich in moraltheologisch schwer schiffbare Gewässer

Zum einen nutzt sie einen von Johannes Paul II. im Jahr 1981 entwickelten Kriterienkatalog, mit dessen Hilfe ein Seelsorger die Situationen von Schuld oder Unschuld bei geschiedenen Wiederverheirateten untersuchen kann. Dabei wird etwa gefragt, ob jemand ohne eigene Schuld vom Partner verlassen wurde. Oder ob jemand nach einer Scheidung eine neue Beziehung deshalb einging, weil es um das Wohl der Kinder ging. Der polnische Papst lehrte damals, dass nach einer solchen Prüfung eine zweite Zivilehe das „geringere Übel“ sei; allerdings nur, sofern die beiden neuen Partner in ihrer Beziehung auf jene sexuellen Akte verzichten, die Ehegatten vorbehalten sind.

Ausschluss von Sex fällt weg

Diesen Ausschluss der sexuellen Dimension in der neuen Partnerschaft erwähnt der „deutsche Vorschlag“ nicht. Stattdessen erweitert er den Kriterien-Katalog um einige Fragen: Wie ist die Situation des verlassenen Partners? Wie reagieren die Verwandten und die Gemeinde auf die neue Partnerschaft? Wie ist das Verhältnis zu den Kindern aus der früheren Beziehung?

Die Prüfung dieser Fragen soll, und das ist die zweite Hilfskonstruktion, in Gesprächen mit einem Beichtvater erfolgen. Die letzte Entscheidung geschieht dann im „Forum internum“, also im Gewissen des Einzelnen - und nicht, wie es andere vorgeschlagen hatten, in einem kirchenrechtlichen Gremium.

Keine „schmutzige Wäsche“

Die neue Lösung hat mehrere Vorteile: Man muss nicht vor einer kirchlichen Instanz „schmutzige Wäsche waschen“. Die Entscheidung hängt aber auch nicht an der subjektiven Befindlichkeit des Betroffenen, sondern sie wird entlang der genannten Kriterien im Blick auf die „objektive Situation“ im seelsorgerischen Gespräch gefunden.

Dieser Vorschlag löst auch ein anderes Problem: Ähnlich wie ein Sünder nach Mord oder Abtreibung erst einmal wieder in die kirchliche Gemeinschaft aufgenommen werden muss, um überhaupt beichten zu dürfen, so ist auch dem in zweiter Ehe lebenden Geschiedenen die Beichte zunächst prinzipiell verwehrt. Wenn aber allein die Sündenvergebung in der Beichte die einzige Tür ist, die den Zugang zur Kommunion eröffnet, dann fehlt dem Sünder der Schlüssel, um diese Tür zu öffnen.

Letztlich entscheidet das Gewissen

Dem Mörder wird der Schlüssel durch die Aufhebung der Exkommunikation zurückgegeben. Bei wiederverheirateten Geschiedenen läuft der deutsche Vorschlag darauf hinaus, dass der Beichtvater ihm oder ihr den Schlüssel nach dem klärenden Gespräch und einem „Weg der Besinnung und der Buße“ wieder in die Hand geben kann. Ob er oder sie ihn dann nutzt und zu den Sakramenten geht, muss jeder und jede letztlich immer noch mit dem Gewissen ausmachen.

Falls dieser Vorschlag übernommen wird, bleiben immer noch einige Fragen zu klären. So wäre es denkbar, dass jeder Bischof (oder der Papst verbindlich für alle Bischöfe) den Kriterienkatalog genau definiert. Ferner könnte die Erlaubnis für diese seelsorgerische Begleitung nur bestimmten Priestern zugeordnet werden, die eine besondere Befähigung für die heiklen Gespräche besitzen. Doch auch wenn der Spalt, den der Vorschlag neu eröffnet hat, im weiteren Verfahren noch einmal verengt werden sollte, so weist er doch einen Weg, den bis vor kurzem kaum jemand für gangbar hielt.

religion.ORF.at/KAP

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