Deutschland: Kirchen warnen vor Selbstjustiz und Gewalt

Der Kölner Stadtdechant Robert Kleine hat Selbstjustiz nach den Übergriffen in der Silvesternacht scharf verurteilt. Die Zivilgesellschaft und besonders Christen müssten sich Übergriffen auf Migranten entgegenstellen.

„Keiner hat das Recht, einem anderen gegenüber gewalttätig zu werden“, sagte er am Montagabend auf dem Dreikönigsempfang des Katholikenausschusses. „Gewalt hat keine Nationalität“, betonte Kleine. Am Wochenende hatten Rechtsextremisten und Hooligans in der Domstadt Migranten angegriffen und zum Teil verletzt. Auch beklagen Migrantenorganisationen und muslimische Verbände eine zunehmende Feindseligkeit gegenüber Muslimen.

Kleine warnte vor pauschalen Urteilen: „Es gibt nicht ‚die‘“, erklärte er. „Es sind immer Einzeltäter, auch wenn sie - wie an Silvester - in einer Gruppe und in großer Anzahl ihre Verbrechen begehen.“ Zugleich bezeichnete Kleine die Gewalttaten der Silvesternacht als „unmöglich und unerträglich“. Auch nach zehn Tagen sei „unfassbar, was geschehen ist“. Der Rechtsstaat sei nun gefordert: „Solche Übergriffe dürfen sich in Köln, dürfen sich an keinem Ort in unserem Land wiederholen.“

Christen gegen Hooligans

Auch in Leipzig randalierten Hooligans, wobei Christen sich ihnen entgegenstellten. Zum ersten Jahrestag des fremdenfeindlichen Bündnisses „Legida“ setzten am Montagabend Leipziger Bürger ein Zeichen des friedlichen Protestes. Den Auftakt zu einer Lichterkette rund um den dreieinhalb Kilometer langen Innenstadtring bildete ein ökumenisches Friedensgebet in der Nikolaikirche.

Zugleich hielten Legida-Anhänger eine Demonstration im Stadtzentrum ab. Im Stadtteil Connewitz randalierten rund 250 Hooligans. Laut Polizei handelten sie rechtsextremistisch motiviert und stammen aus dem Fußballbereich.

Polizeipräsident beim Friedensgebet

An dem Friedensgebet nahmen unterdessen rund 850 Menschen teil, darunter Polizeipräsident Bernd Merbitz. Vor einem Jahr waren 2.500 Menschen aus Protest gegen Legida zum Friedensgebet in die Nikolaikirche gekommen, von der die Montagsdemonstrationen der friedlichen Revolution in der DDR ihren Ausgang genommen hatten.

Der evangelische Superintendent Martin Henker erklärte, die Lichterkette stehe für die Wahrung des Grundrechts auf Asyl, für eine menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen und gegen einen Generalverdacht gegen die Asylsuchenden. Sachsens evangelischer Landesbischof Carsten Rentzing sagte seine Teilnahme kurzfristig aus Krankheitsgründen ab.

„Starkes Zeichen“ aus Leipzig

Der katholische Propst Gregor Giele bezeichnete es auf Anfrage als „starkes Zeichen der Leipziger Stadtgesellschaft, dass keine bisherige Legida-Demonstration unwidersprochen blieb“. Im vergangenen Jahr habe sich „eine Art Ritus der Konfrontation“ eingebürgert. In diesem Jahr sei es die Herausforderung, „wieder in einen Modus der Kommunikation zu finden, denn nur das führt zu einer echten Lösung“. Dabei komme der Tradition der Friedensgebete sowie den Kirchen eine besondere Aufgabe zu.

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung hatte alle Bürger zur Teilnahme an der Lichterkette aufgerufen. Zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Kirchen und Gesellschaft unterstützen die Aktion.

Örtliche CDU auf Distanz

Die örtliche CDU sorgte unterdessen für Befremden, indem sie sich ausdrücklich von der Lichterkette distanzierte. CDU-Kreisvorsitzender Robert Clemen erklärte, die Union habe sich als Institution im vergangenen Jahr nicht an Demonstrationen beteiligt. „Wir werden jetzt auch nicht an einer sozialdemokratisch organisierten Geburtstagsfeier für Legida teilnehmen“, so Clemen. CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla erklärte, die Ziele der Lichterkette-Organisatoren torpedierten die Bemühungen der Bundesregierung um eine Reduzierung und Eingrenzung der Flüchtlingszahlen.

religion.ORF.at/KAP

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