Chemnitz: Religionsvertreter in Sorge über Rassismus

Religionsvertreter haben sich angesichts der Vorgänge in Chemnitz besorgt geäußert. Der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Stefan Vesper, nannte die Ereignisse „erschreckend und bestürzend“.

Im Interview des Bonner „General-Anzeigers“ (Montag-Ausgabe) äußerte er die Sorge „um die Sicherstellung unserer Demokratie und der demokratischen Grundwerte der Gesellschaft“. Vesper plädierte für einen noch stärkeren Einsatz bestimmter Grundwerte, die aus der Menschenwürde entspringen. Standards des gesellschaftlichen Miteinanders wie einen respektvollen Umgang müssten verteidigt werden.

Vesper sieht es nach eigenen Worten als Aufgabe der Katholikinnen und Katholiken an, „auch dort Gesicht zu zeigen, wo wir in der Minderheit sind“ - wie in Teilen Ostdeutschlands. „Aber gerade in einer Stadt wie Chemnitz werden wir immer auch mit allen Menschen guten Willens zusammenarbeiten und die Gegner der Demokratie entschieden bekämpfen“, so der Generalsekretär des Laiengremiums, das in diesem Jahr das 150-Jahr-Jubiläum feiert. „Da, wo die Christen stark sind, sind die Radikalen schwächer“, fügte er hinzu.

Ausschreitungen Rechtsextremer

Infolge der rechtsextremen Ausschreitungen vor rund einer Woche nach dem gewaltsamen Tod eines 35-jährigen Deutschen am Rande des Stadtfestes in Chemnitz - er war mutmaßlich von zwei Asylwerbern erstochen worden - hatten am Sonntag u.a. die evangelisch-lutherische Kirche, der Katholikenrat in der Diözese Dresden-Meißen und die jüdische Gemeinde eine Kundgebung gegen Gewalt und Fremdenhass auf dem Chemnitzer Neumarkt veranstaltet.

Rund 1.000 Menschen kamen unter dem Motto „Wir in Chemnitz - aufeinander hören, miteinander handeln“ zusammen, darunter auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der evangelische Landesbischof Carsten Rentzing. Tags zuvor hatten rund 11.000 Menschen bei drei Demonstrationen verschiedener politischer Lager demonstriert, unter enormem Polizeiaufgebot zur Verhinderung von Zusammenstößen.

Kirche besorgt über Radikale

Der evangelisch-lutherische Kirchenbezirk in Chemnitz hatte die gewalttätige Instrumentalisierung der tödlichen Attacke durch radikale Demonstrantinnen und Demonstranten auf das Schärfste verurteilt. „Als Kirche sind wir besorgt darüber, dass radikale, gewaltbereite Minderheiten in unserer Gesellschaft das Gewaltmonopol des Staates infragestellen“, hieß es. Es bleibe Aufgabe der staatlichen Behörden, die Vorfälle aufzuarbeiten und Täter und Täterinnen ihrer gerechten Strafe zuzuführen.

Seitens der katholischen Bischöfe hatte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick dazu aufgerufen, sich nicht mit der „pessimistischen und resignativen“ Feststellung einer aus den Fugen geratenen Welt abzufinden. Die Ereignisse in Chemnitz, aber auch „Missbrauch und Kämpfe im Vatikan“ oder die zunehmende Gewalt an Schulen zeigten, dass Menschen die Fassung verlören, schrieb Schick auf Facebook. Wer die biblische Weisung „Was ihr von anderen erwartet, tut auch ihnen“ beachte, könne dazu beitragen, „dass unsere Welt sich in den Fugen des Wahren, Guten und Schönen bewegt“.

Bischof Bedford-Strohm kritisiert AfD

Auch der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, forderte mehr Solidarität. „Wir alle sind geschaffen zum Bilde Gottes und haben eine Würde, die uns niemand bestreiten darf“, sagte er am Samstag. Dies gelte unabhängig davon, woher jemand komme und wie viel er verdiene. Der bayerische Landesbischof erneuerte zudem seine Kritik an der AfD. „Wenn aus den Reihen der AfD Hass- und Hetzparolen verbreitet werden, kann dies von Christinnen und Christen nicht stillschweigend hingenommen werden“, mahnte er. Die Partei habe sich zuletzt sehr radikalisiert.

Der Vorsitzende des Zentralrates der Muslime in Deutschland (ZMD), Aiman A. Mazyek, begrüßte deutschlandweite Kundgebungen gegen Ausgrenzungen. „Danke an alle, die Herz und Mut gegen die Hetze und Schande für unser Land entgegen gebracht haben“, so Mazyek auf Twitter.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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