„Populismus“: Kritik an Aus für Abdullah-Zentrum

Der Nationalrat hat am Mittwoch einen Ausstieg Österreichs aus dem umstrittenen König-Abdullah-Zentrum gefordert. Außenminister Alexander Schallenberg will den Beschluss von SPÖ, FPÖ, NEOS und Liste JETZT umsetzen. Es gibt aber Kritik an dem Vorhaben.

„Es gibt einen klaren Beschluss des Nationalrates, der umzusetzen ist“, hieß es am Mittwoch aus dem Außenministerium gegenüber der APA. Außenminister Schallenberg „hat bereits die Prüfung aller rechtlich notwendigen Schritte beauftragt“.

Van der Bellen: Schließung „nicht einfach“

„Er wird dafür Sorge tragen, dass die Umsetzung ohne Schaden für Österreichs außenpolitische Interessen und im Rahmen der internationalen Gepflogenheiten erfolgt“, teilte das Außenministerium weiter mit. Dieses hatte in der Vergangenheit in einer Expertise darauf hingewiesen, dass ein sofortiger Ausstieg Österreichs aus dem Zentrum nicht möglich ist.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen nimmt den Wunsch des Nationalrats zur Schließung des König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) zur Kenntnis, dämpft aber Hoffnungen auf eine umgehende Umsetzung. „Das ist nicht einfach durch einen Beschluss zu erfüllen, dieser Wunsch des Parlaments, sondern das ist eine etwas kompliziertere Angelegenheit“, sagte Van der Bellen am Donnerstag in Wien.

KAICIID besorgt

Das König-Abdullah-Zentrum selbst reagierte mit „Besorgnis“ über die Entscheidung. Das Zentrum stehe „zu seinen Leistungen bei der Förderung des Dialogs weltweit. An diesen Leistungen sollte es gemessen werden“, betonte das Zentrum in einer Aussendung.

Der internationale und interreligiöse Charakter des Zentrums manifestiere sich auf allen Ebenen - von der Zusammensetzung der Mitgliedsstaaten, des Sekretariats, des Direktoriums bis hin zu jener des Ratgeberforums. Zusammen stünden all diese Stakeholder für ein „Programm des globalen Dialogs und des kulturellen Austauschs, das religiöse Vielfalt verkörpert, insbesondere in jenen Teilen der Welt, die durch notorische Instabilität geprägt sind, wie Nigeria, Myanmar, der Zentralafrikanischen Republik oder dem Nahen Osten“.

Als Einrichtung mit zwischenstaatlichem Charakter sei es dem KAICIID nicht möglich, einen bestimmten Staat zu vertreten oder die inneren Angelegenheiten eines bestimmten Staates zu kommentieren, auch wenn man das Schaffen von Räumen für interreligiösen Dialog, Meinungsbildung und politischer Gestaltung, sowie die Schaffung einer Sensibilität diesbezüglich, als Teil der eigenen Aufgabe sehe.

Kritik an „Populismus“

Der vom Abgeordneten Peter Pilz nun vorgebrachte Anlassfall ist die drohende Hinrichtung eines 18-Jährigen in Saudi-Arabien, der wegen Teilnahme an einer Demonstration für Menschenrechte seit fünf Jahren in Haft sitzt. Ihm wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.

Tarafa Baghajati, Obmann der Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen (IMÖ), reagierte am Donnerstag in einer Aussendung mit Kritik an der seiner Ansicht nach „populistischen Maßnahme“. „Dem von der Todesstrafe bedrohten Jugendlichen und auch allen anderen politischen Gefangenen wird eine KAICIID Schließung nichts bringen“, heißt es in der Aussendung. Direkte politische Kontakte seien „wesentlich vielversprechender als diese Symbolpolitik“. Ansprechpartner sei die saudische Botschaft in Wien.

KAICIID leiste gute Arbeit und habe sich positiv von einer Veranstalterin großer Konferenzen hin zu praxisnahen und nachhaltigen Projekten entwickelt, so Baghajati. KAICIID unterstützte etwa den jüdisch-muslimischen Dialog, initiiere Programme zur Integration von Flüchtlingen und habe „einige Friedensinitiativen an Krisenherden dieser Welt gestiftet und begleitend gefördert“. Baghajati: „Wer wird diese Arbeit übernehmen? Wird der Staat Österreich hier etwa einspringen?“, so Baghajati.

Debatten über „Saudi-Zentrum“

Das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog ist in Wien am Schottenring beheimatet und wird großteils von Saudi-Arabien finanziert. Es ist bereits seit Jahren innenpolitisch umstritten, im Jahr 2015 löste es eine handfeste Koalitionskrise zwischen den damaligen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP aus.

Damals ging es um die Weigerung des KAICIID, eine drakonische Strafe gegen den saudischen Blogger Raif Badawi zu verurteilen, der sich für Religionsfreiheit eingesetzt hatte. Der damalige Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hatte mit einer Schließung des Zentrums gedroht, woraufhin ihm von der ÖVP vorgeworfen wurde, den Ruf Österreichs aufs Spiel zu setzen.

Gegründet 2012

Das KAICIID wurde Ende 2012 von Österreich, Spanien, Saudi-Arabien gegründet und von den Saudis größtenteils finanziert. Die entsprechenden Abkommen, die die Etablierung des „Dialogzentrums“ ermöglichten, waren 2012 vom Nationalrat abgesegnet worden. Seit seiner Gründung ist auch der Heilige Stuhl als Ständiger Beobachter in die Arbeit des Dialogzentrums strukturell eingebunden. Geleitet wird das KAICIID von einem multireligiösen Direktorium, dem Vertreter von Buddhismus, Christentum, Hinduismus, Islam und Judentum angehören.

Die katholische Kirche ist dabei durch Kurienbischof Miguel Ayuso vertreten. - Bischof Ayuso wurde erst vor wenigen Tagen von Papst Franziskus zum Präsidenten des Päpstlichen Rats für den interreligiösen Dialog ernannt. Von orthodoxer Seite gehört dem Direktorium der Pariser griechisch-orthodoxe Metropolit Emmanuel (Adamakis) an.

Kirchenvertreter gegen Schließung

Seit der Ermordung des regime-kritischen Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul sind immer wieder verstärkt kritische Stimmen aufgekommen, die die Schließung des Dialogzentrums fordern. Vertreter der Kirchen zeigten sich dabei aber immer sehr zurückhaltend und sprachen sich eher für die Fortführung des Zentrums aus. So hatte sich beispielsweise im vergangenen Herbst der orthodoxe Metropolit Emmanuel (Adamakis) gegen eine Schließung stark gemacht.

„Wir sind nicht Saudi-Arabien“, so der Pariser Metropolit damals in der „Kronen Zeitung“. Er verstehe, dass der Name des Zentrums und die Tatsache, dass der größte Teil seiner Mittel aus Saudi-Arabien kommen, bei vielen den Eindruck erwecken würden, es handle sich um eine saudi-arabische Einrichtung. „Aber das sind wir nicht. Wir sind eine zwischenstaatliche Organisation wie die UNO, die OSZE oder rund 40 weitere derartige Organisationen in Wien.“ Das Direktorium bestehe aus neun Führungspersönlichkeiten aus den fünf großen Weltreligionen.

„Dialog nicht abbrechen“

„Unser Mandat ist es, Menschen zusammenzubringen, die normalerweise nicht an einem Tisch sitzen würden“, so Metropolit Emmanuel. Nachsatz: „Wir sollten den Dialog nicht abbrechen.“

Im Jänner 2015 hatten auch Kardinal Christoph Schönborn und der damalige Bundespräsident Heinz Fischer ähnliche Bedenken gegen eine mögliche Schließung des KAICIID geäußert. Anlass dafür waren anhaltende Proteste gegen das Dialogzentrum wegen der Auspeitschungs-Bestrafung des saudischen Bloggers Raif Badawi. Es brauche „Brücken zwischen den Kulturen und Orte des Dialogs, vor allem dort, wo Entwicklungen besonders notwendig und die Beziehungen problematisch sind“, so der Wiener Erzbischof damals. Und Bundespräsident Fischer gab zu bedenken: „Brücken sind schneller abgebrochen als wieder aufgebaut.“

religion.ORF.at/APA/KAP

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