Papst eröffnet Synode: Lähmende Strukturen verändern

Papst Franziskus hat am Mittwochvormittag mit einem Appell an den Veränderungswillen der Bischöfe die Jugendsynode im Vatikan eröffnet, die mehr als drei Wochen dauern wird.

Das Treffen müsse es schaffen, „jene Strukturen zu verändern, die uns heute lähmen, von der Jugend trennen und entfernen und dazu führen, dass sie im Regen stehen“, sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. Bei den Beratungen dürfe sich nicht die „Logik der Selbsterhaltung und Selbstbezogenheit“ durchsetzen, warnte der Argentinier.

Papst Franziskus mit Bischöfen bei der Eröffnung der Jugendsynode, 3. Oktober 2018

APA/AP/Alessandra Tarantino

Papst Franziskus mit Bischöfen bei der Eröffnung der Jugendsynode am Mittwoch

Bischöfe aus aller Welt wollen sich in Rom bis zum 28. Oktober über die Sorgen und Wünsche junger Leute und über die Zukunft der Kirche austauschen. Überschattet wird die Synode vom Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. Der Papst steht dabei selbst in der Kritik, nicht hart genug gegen pädophile Täter vorzugehen oder gar Missbrauch selbst vertuscht zu haben - mehr dazu in Missbrauchsopfer-Sprecher: Papst-Bilanz „desaströs“.

„Hoffnung zerbricht Konformismus“

„Die Hoffnung (...) zerbricht den Konformismus des ‚Das war schon immer so‘ und verlangt von uns, aufzustehen, um den jungen Menschen direkt ins Gesicht zu schauen und zu sehen, in welchen Situationen sie sich befinden“, sagte der Papst zu den Mitgliedern der 15. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode. Er erinnerte außerdem an die Forderung der Jugendlichen, dass nicht wie in der Vergangenheit über sie, sondern mit ihnen Entscheidungen getroffen werden.

„Wir wissen, dass unsere jungen Menschen in dem Maße prophetisch und visionär sein werden, in dem wir als mittlerweile Erwachsene oder Ältere zum Träumen fähig sind und in dem wir mit unseren Hoffnungen und Träumen, die wir im Herzen tragen, ansteckend sind“, sagte Franziskus. Dabei griff er die „Propheten des Unglücks und der Schrecken“ an und rief zum Widerstehen und Engagement auf, „um den jungen Menschen direkt ins Gesicht zu schauen und zu sehen, in welchen Situationen sie sich befinden“, und um aktiv zu sein „bei der Überwindung von Situationen der Unsicherheit, Ausgrenzung und Gewalt, denen unsere Jugendlichen ausgesetzt sind“.

Aufruf zu mehr Engagement

Als Folge vieler Entscheidungen in der Vergangenheit forderten junge Menschen die kirchlichen Verantwortlichen auf, mehr Engagement beim Kampf gegen das zu zeigen, „was in irgendeiner Weise daran hindert, sich in Würde zu entwickeln“, fuhr er fort: „Die Jugendlichen verlangen und brauchen von uns eine kreative Hingabe, eine intelligente, begeisternde und hoffnungsvolle Dynamik, und dass wir sie nicht allein lassen in den Händen so vieler mörderischer Geschäftemacher, die ihr Leben unterdrücken und ihre Zukunftsvision verdunkeln.“

Gegen „Selbsterhaltung und Selbstbezogenheit“

Das erfordere, dass sich in der Kirche nicht „die Logik der Selbsterhaltung und Selbstbezogenheit durchsetzt“, warnte Franziskus: „Letztendlich führt diese Logik dazu, dass Unwichtiges wichtig und Wichtiges unwichtig wird.“ Der Papst erbat für alle die Gabe des aufrichtigen „und von Vorurteilen und Vorbedingungen möglichst freien Zuhörens“. Diese Haltung bewahre „vor der Versuchung, in moralistische und elitäre Positionen zu fallen“.

Bischöfe bei der Eröffnung der Jugendsynode, 3. Oktober 2018

APA/AP/Alessandra Tarantino

Etwa 200 Bischöfe aus aller Welt nehmen an Synoden teil

Die Bischofssynode ist ein Organ zur Beratung des Papstes, das im Gegensatz zum Konzil nicht entscheidungsbefugt ist. In der Regel finden Synoden alle drei Jahre statt, daneben kann es außerordentliche Versammlungen geben. Im Unterschied zu einem Konzil nehmen an einer Bischofssynode nicht alle rund 5.000 Bischöfe der Weltkirche teil, sondern um die 200.

Zwei österreichische Bischöfe dabei

Die nationalen beziehungsweise regionalen Bischofskonferenzen entsenden jeweils Delegierte. Aus Österreich sind Kardinal Christoph Schönborn und der Referatsbischof für die Kinder- und Jugendpastoral in der Österreichischen Bischofskonferenz, Stephan Turnovszky, dabei. Ihre Zahl richtet sich nach der Größe der Ortskirchen. Bei der Jugendsynode stellen die Delegierten aus den weltweiten Bischofskonferenzen zusammen mit den Teilnehmern der römischen Kurie rund 260 Bischöfe, darunter erstmals zwei aus der Volksrepublik China - eine Folge des Ende September ratifizierten Interimsabkommens zwischen dem Heiligen Stuhl und Peking.

Fürbitte auf Chinesisch

In der Begrüßung nahm der Papst darauf Bezug: „Heute sind zum ersten Mal auch zwei Mitbrüder im Bischofsamt aus Kontinentalchina hier bei uns. Wir heißen sie herzlich willkommen. Die Gemeinschaft des ganzen Bischofskollegiums mit dem Nachfolger Petri ist dank ihrer Präsenz nun noch stärker sichtbar.“ Die erste Fürbitte des Gottesdienstes wurde zudem auf Chinesisch gesprochen.

Die Synode steht unter dem Motto „Jugend, Glaube und Berufungsunterscheidung“. Nach Angaben der Organisatorinnen und Organisatoren sollen dabei auch Missbrauch und Vertrauensverlust in der katholischen Kirche angesprochen werden. Betroffenenverbände kündigten für Mittwoch eine Kundgebung im Park der Engelsburg unweit des Petersplatzes an.

Fachleute und Gasthörerinnen dabei

Eingeladen zur Synode sind neben 267 katholischen Synodenväter, darunter auch Leiter der Ostkirchen, Ordensleute und Kurienchefs. Daneben hat der Vatikan 23 externe Fachleute sowie 49 Gasthörerinnen und -hörer berufen. Die Mehrheit von ihnen ist zwischen 18 und 29 Jahre alt, Frauen machen etwa die Hälfte davon aus.

Am Nachmittag beginnen die Beratungen verschiedener Sprachgruppen in der vatikanischen Synodenaula. Sie stützen sich auf ein Arbeitsdokument („Instrumentum laboris“), das Ergebnisse aus Treffen mit Jugendlichen und Experten sowie Umfrageergebnisse und Eingaben von 2017 zusammenfasst. Am 24. Oktober soll ein Abschlussdokument vorgestellt werden, über das drei Tage später abgestimmt wird. Im Unterschied zu den Bischöfen sind dabei Gäste nicht stimmberechtigt.

religion.ORF.at/KAP/dpa

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