Papst feiert Seligsprechung mit einer Million Menschen

Papst Franziskus hat in Seoul bei einem Gottesdienst mit knapp einer Million Menschen 124 Märtyrer seliggesprochen. Die Messe im Zentrum der Hauptstadt war Höhepunkt der fünftägigen Papst-Reise nach Südkorea.

Lauter Jubel erhob sich auf dem Platz vor dem historischen Monument, einem Wahrzeichen Seouls, als Franziskus den Märtyrer Paul Yun Ji-Chung (1759 bis 1791) und seine 123 Gefährten offiziell zur Ehre der Altäre erhob. Zu Orgel- und Trompetenklängen wurde auf riesigen Bildschirmen ein stilisiertes „Gruppenbild“ mit den Porträts der Seligen enthüllt, die im 18. und 19. Jahrhundert wegen ihres Glaubens verfolgt wurden. Sie gehörten zur ersten Generation von Katholiken in Korea, die ihres Glaubens wegen starben.

Teilnehmer der Messe mit Seligsprechungsfeier in Seoul

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Teilnehmer der Messe mit Seligsprechungsfeier in Seoul

Sichtlich bewegt war Papst Franziskus zuvor Samstagfrüh auch am Heiligtum von Seo So-Mun, der alten Hinrichtungsstätte von Seoul, niedergekniet. Ein Kreuz und drei Stelen erinnern an die ersten christlichen Märtyrer, die hier getötet worden waren.

„Christus an erste Stelle setzen“

In seiner Predigt bei der anschließenden Seligsprechungsfeier forderte der Papst zu einem vorbehaltlosen Einsatz für eine „gerechtere, freiere und versöhntere Gesellschaft“ auf. Das Vorbild der Märtyrer habe auch den heutigen Menschen „viel zu sagen“, die in Gesellschaften lebten, „wo neben unermesslichem Reichtum schreckliche Armut lautlos“ zunehme und „wo der Schrei der Armen selten Gehör findet“, so Franziskus. Es werfe die Frage auf, „wofür wir selbst - wenn überhaupt - zu sterben bereit wären“.

Papst Franziskus beim Gottesdienst der Seligsprechungsfeier

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Papst Franziskus beim Gottesdienst der Seligsprechungsfeier

Die heutige Welt lege Christen oft nahe, Kompromisse zu schließen und „die radikalen Forderungen des Evangeliums abzuschwächen und sie dem Zeitgeist anzupassen“, sagte Franziskus weiter. Die Märtyrer hingegen hätten Besitz, Land, Ansehen und Ehre geopfert, weil „Christus allein ihr wahrer Schatz war“. „Die Märtyrer rufen uns zu, Christus an die erste Stelle zu setzen“, sagte der Papst. Zugleich seien sie Vorbilder für christliche Nächstenliebe, weil sie die starren Gesellschaftsstrukturen ihrer Zeit hinterfragt hätten.

Bedeutende Rolle der Laien

Franziskus würdige zugleich die Rolle der Laien in der katholischen Kirche. Sie seien „die ersten Apostel“ der Kirche in Korea gewesen. Die Geschichte von Paul Yun Ji-Chung und seinen 123 Gefährten „sagt uns viel über die Bedeutung, die Würde und die Schönheit der Berufung der Laien“, so der Papst.

Die Papst-Reise nach Südkorea:

17. August: Abschlussmesse des Asiatischen Jugendtages in Haemi

18. August: Messe für Frieden und Versöhnung in Seoul

Das Christentum war nicht durch ausländische Missionare nach Südkorea gebracht worden, sondern durch koreanische Laien, die sich in China hatten taufen lassen. Auch die Märtyrer während der Verfolgungen im 18. und 19. Jahrhundert waren fast ausschließlich Nicht-Geistliche. „Der Sieg der Märtyrer und ihr Zeugnis für die Liebe Gottes bringen heute weiter Frucht in Korea“, sagte der Papst in seiner Festpredigt. Der Blutzoll der Märtyrer sei für die Anfänge der Kirche Koreas entscheidend gewesen und präge bis heute das Selbstverständnis vieler Gläubiger.

Gespräch mit „Sewol“-Angehörigen

Vor der Messe hatte sich Franziskus ausführlich Zeit für eine Fahrt im offenen Geländewagen durch die Menschenmenge genommen, die zum großen Teil bereits seit vielen Stunden ausharrte. Für den vorderen Teil waren über die katholischen Pfarren rund 200.000 Einlasskarten ausgegeben worden, die sehr begehrt und dementsprechend rasch vergriffen waren.

Papst mit dem Papamobil in der Menschenmenge

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Papst mit dem Papamobil in der Menschenmenge

Während dieser Fahrt ließ Franziskus das Auto auch an einer Gruppe von Angehörigen von Opfern des „Sewol“-Fährunglücks in gelben T-Shirts anhalten. Er stieg aus und sprach mit den Menschen - darunter ein Mann, der sich bereits seit 20 Tagen in einem Protestlager unweit des Gwanghwamun-Tors im Hungerstreik befindet. Auf einem großen Transparent stand: „Wir wollen die Wahrheit.“

religion.ORF.at/KAP

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