Lebenskunst – Begegnungen am Sonntagmorgen 13.9.2020

Über Sinn, Suche und Spiritualität

Themen: Film „Corpus Christi“; Religions for Future; Verantwortung für Geschichte; Interview mit Hubert von Goisern; Christoph Kardinal Schönborn – 25 Jahre Erzbischof; Bibelessay von Mirja Kutzer

Von einem Priester lernen, der keiner ist – Über den Film „Corpus Christi“

Hingehen und anschauen, sagt Filmexpertin Brigitte Krautgartner – und noch ist es möglich. Der Film „Corpus Christi“ läuft in österreichischen und deutschen Kinos. Er erzählt von einem jungen Ex-Häftling, der in einem Dorf als katholischer Priester auftritt und mit seinem ungewöhnlichen Stil gut ankommt. Mehr noch: Manch Priester könnte von ihm lernen. Der Film des polnischen Regisseurs Jan Komasa beruht auf einer wahren Begebenheit: 2011 gab sich der damals 19-jährige Pole Patryk Bledowski in einem Dorf als Priester aus, feierte etwa drei Monate lang auf unkonventionelle Art Messen, nahm die Beichte ab und organisierte Aktivitäten für Jugendliche.

Lebenskunst
Sonntag, 13.9.2020, 7.05 Uhr, Ö1

Wo ihm die Tätigkeiten eines Geistlichen nicht vertraut sind, improvisiert er, geht mit viel Einfühlungsvermögen und Empathie ans Werk – gerade, weil er viel vom Leben weiß, die dunklen Ecken der Seele kennt. Der über weite Strecken in fahles Licht getauchte und düster gehaltene Film erhielt bei der Verleihung des Polnischen Filmpreises 2020 elf von 15 möglichen Auszeichnungen und wurde für den Oscar als bester ausländischer Spielfilm nominiert. Nicht zuletzt zeigt er auch die Autorität der katholischen Kirche in Polen: Längst hat der Kapitalismus den Kommunismus abgelöst, aber Daniel als Pfarrer Tomasz hat in gewisser Weise die größte Autorität.

Religions for Future – Klimagerechtigkeit als Aufgabe der Religionsgemeinschaften

Um Klimagerechtigkeit und welchen Beitrag Religionsgemeinschaften dazu leisten können, ging es bei einer interreligiös besetzten Podiumsdiskussion im Rahmen einer Seminarreihe der Donau-Universität Krems. Gastgeberin waren die serbisch-orthodoxe Gemeinde im 3. Bezirk in Wien und ihr Bischof Andrej Cilerdzic; Teilnehmende kamen aus verschiedenen christlichen Konfessionen, aus dem Islam und aus dem Buddhismus. In vielen Punkten waren sich die Religionsvertreterinnen und -vertreter einig, besonders in einem: Ohne Solidarität über geographische, weltanschauliche oder religiöse Grenzen hinweg ist keine Klimagerechtigkeit möglich. Judith Fürst mit Eindrücken von der Klima-Diskussion. Ein Beitrag im Rahmen des ORF-Schwerpunkts MUTTER ERDE zum Thema KLIMA.

Verantwortung für Geschichte und Lebensgeschichten – Ein Besuch bei Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich

Vor 25 Jahren, im September 1995, wurde die 1963 geborene Wirtschaftswissenschaftlerin zur Generalsekretärin des neu geschaffenen „Nationalfonds der Republik Österreich“ für Opfer des Nationalsozialismus ernannt. Der Fonds soll die besondere Verantwortung der Republik Österreich gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus ausdrücken: gegenüber politisch und wegen ihrer Weltanschauung verfolgten Menschen, gegenüber Roma und Sinti, gegenüber Jüdinnen und Juden. Eine Verantwortung, der sich die moderne Frau und gläubige Jüdin aus Überzeugung und mit tiefem Respekt stellt. Wenige Tage vor dem jüdischen Neujahrsfest Rosch Haschana hat Maria Harmer Hannah Lessing in ihrem Büro besucht und mit ihr über ihre sensible Vergangenheitsarbeit und beispielgebende Zukunftsarbeit gesprochen.

Über Sinn, Suche und Spiritualität – Gespräch mit Hubert Achleitner alias Hubert von Goisern

Nach mehreren Jahren Bühnenabstinenz steht er nun wieder im medialen Rampenlicht. Mit dem Roman „flüchtig“ hat er unter seinem bürgerlichen Namen Hubert Achleitner einen Bestseller vorgelegt.

Hinweis:
Buch, Hubert Achleitner, „flüchtig“, Verlag Zsolnay
CD, Hubert von Goisern, „Zeiten & Zeichen“, Sony Music

Unter seinem Künstlernamen Hubert von Goisern erschien die CD „Zeiten & Zeichen“. Der 67-jährige Musiker und Buchautor blickt im Gespräch mit Sandra Szabo auch auf zahlreiche Begegnungen zurück, die ihn bis auf den „Heiligen Berg“, in die Mönchsrepublik Athos, geführt haben – und erzählt von seinem spirituellen Weg.

Meinem Nachfolger wünsche ich unerschütterliche Liebe – Christoph Kardinal Schönborn, 25 Jahre Erzbischof von Wien

Am 14. September ist es 25 Jahre her, dass Papst Johannes Paul II. Christoph Schönborn zum Erzbischof von Wien ernannte. Im Interview spricht der Kardinal über die stets aktuellen Glaubensquellen der christlichen Mystik und über das, was er seinem Nachfolger wünscht.

„Übersieh die Fehler“ – Bibelessay zu Jesus Sirach 27,30-28,7

In der für katholische Gottesdienste am Sonntag, 13. September, vorgesehenen Bibelstelle aus dem Alten oder Ersten Testament wird Zorn und Groll angesprochen, mit denen Menschen oft auf vermeintliche oder tatsächliche Verfehlungen anderer reagieren. Eine Haltung, die auch der an der Universität Kassel lehrenden katholischen Theologin und Germanistin Mirja Kutzer nicht fremd ist, wie sie in ihrem Bibelessay für LEBENSKUNST zugibt. Doch nicht zuletzt die Lektüre der Bibelstelle bei Jesus Sirach ermutige sie zu Großzügigkeit und Humor: Sie lasse sie immer öfter lachen statt zu zürnen.

Das Buch Jesus Sirach gehört zu den sogenannten Spätschriften des Alten Testaments. Es ist nach seinem Autor benannt, der um 190/180 v. Chr. in Jerusalem die hebräische Urfassung niedergeschrieben haben dürfte.

Bibelessay zu Jesus Sirach 27,30 – 28,7

Moderation: Martin Gross
Redaktion: Doris Appel

Lebenskunst 13.9.2020 zum Nachhören (bis 12.9.2021):