Lebenskunst 6.1.2021, Rita Perintvalfi

Bibelessay zu Matthäus 2,1-12

Die Sterndeuter kamen aus dem Osten und suchten den neugeborenen König der Juden. Sie folgten dem Stern, der die Menschwerdung Gottes angekündigt hat, für die Sterndeuter war er ein Zeichen dafür, dass die Geburt einer großen Persönlichkeit bevorsteht.

Ihre Schätze Gold, Weihrauch und Myrrhe sagen etwas Wichtiges über das Leben dieses Kindes voraus – als eine Art Prophetie kann man sie verstehen. Das Gold verweist traditionell auf die Königswürde Jesu, Weihrauch auf seine Göttlichkeit, Myrrhe hingegen auf seinen Tod.

Rita Perintvalfi
ist katholische Theologin und Bibelwissenschaftlerin an der Universität Graz

Gottesbewegung im bedürftigen Menschen

Der Gott, von dem die Bibel erzählt, ist, folgt man den Schriften des Neuen Testaments, durch die Geburt des Jesus aus Nazareth Mensch geworden. Ist in Jesus erfahrbar und sogar in gewisser Weise begreifbar geworden. Das bedeutet auch, dass er den Menschen gleich geworden und somit selbst berührbar und verletzlich ist. Die Botschaft, die er damit den Menschen vermitteln will, ist, dass der Mensch ohne die Annahme seiner Berührbarkeit und Verletzlichkeit kein menschliches Leben führen kann. Wenn ich mich von den notleidenden Mitmenschen hermetisch absperre und mich von den Schmerzen der anderen nicht mehr berühren lasse, dann verliere ich die Möglichkeit, Gott zu begegnen, und genau darum geht es in diesem Textabschnitt aus dem Matthäusevangelium: um die Gottesbegegnung gerade im verletzlichen und verletzten Menschen. Von „vulnerablen“ Menschen ist gerade jetzt oft die Rede…

Lebenskunst
Mittwoch, 6.1.2021, 7.05 Uhr, Ö1

Glänzend wie der Stern von Bethlehem

Der von der El Salvadorianischen Armee ermordete Jesuitenpater und Philosoph Ignacio Ellacuria hat es einmal so formuliert: „Es gibt Orte, wo die Offenbarung Gottes bei Dunkelheit kommt, doch leuchtet sie an anderen Orten in ganzer Herrlichkeit. Der Ort, wo man Gott auf besondere Weise begegnen kann, sind die Armen.“ Das verstehe ich als Aufforderung, Gott oder göttliches Sein dort zu suchen, wo er ist und er ist eben besonders auch in den Armen erfahrbar und gegenwärtig. Wenn ich über die Armen rede, denke ich aber nicht nur an die soziale Armut, sondern an jeden Menschen, der wegen seiner Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Geschlecht seiner Menschenwürde beraubt wurde. Ich denke an die Menschen, die in der Lage sind, ihre Stimme öffentlich hören zu lassen, die ihr Gesicht verloren haben.

Jesus von Nazareth hat sich selbst mit den Schwachen und Leidenden, mit den aus der Gesellschaft Ausgegrenzten identifiziert: „Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben“, sagt er an einer anderen Stelle in der Bibel. So ist die handelnde Solidarität immer ein Ort für eine ganz direkte Gottesbegegnung. In den Augen der leidenden Menschen schimmert die Gegenwart Gottes auf. Vielleicht manchmal so glänzend wie der Stern von Bethlehem, damals am Himmel.