Lebenskunst 13.3.2022

Bibelessay zu Lukas 9, 28b-36 von Pater Karl Schauer

Die Angst, dass ihr Leben Täuschung bleibt, Illusion, Gottesträumerei und Gottesideologie, lähmt die Jünger und lässt sie auch diesen entscheidenden Augenblick ihres Lebens vorerst verschlafen. Davon redet das Evangelium von der „Verklärung Jesu“ auf dem Berg Tabor in Galiläa. Als Petrus erwacht, sieht er seinen verklärten Meister in der Tradition von Mose und Elija – und möchte den Augenblick festhalten: Lasst uns Hütten bauen!

Das Fest der Verklärung wird nahezu in allen christlichen Kirchen gefeiert. Das Evangelium auch heute am 2. Fastensonntag verkündet, ist ein deutlicher Hinweis auf die Passion des Jesus von Nazareth. Die Verklärung, Transfiguration, Metamorphosis ist geschichtlich nicht zu fassen, sie ist Offenbarung, Reden Gottes. Mehr als jeder Erklärungsversuch sagt das berühmte Bild von der Verklärung Christi. Raffael, der große Renaissancekünstler, hat es geschaffen. In seinem letzten weltberühmten Gemälde bringt der Künstler das eigentlich Unsagbare zum Reden.

Wer ist dieser Gott? Dieser Gott des Anfangs, dieser Gott des Mose am Berg Sinai mit seiner Zusage, dieser Gott des Elija mit seiner unendlichen Verheißung, dieser Gott Jesu Christi mit seiner Erlösung von Schuld und aus Verstrickung? Wer ist dieser Gott, nach dem ich immer noch frage, den ich verzweifelt suche, mit dem ich hadere, den ich sogar richte, von dem ich Rechenschaft einfordere, den ich verantwortlich mache für all das Ungenügen und Schreckliche und für diese Welt, ihrer Hoffnung beraubt?

Ehrlich gestanden, auch ich kann dieses Evangelium von der Verklärung Jesu derzeit nicht so hören, wie ich es noch vor zwei Jahren konnte. Die Sehnsucht nach Leben, wenn die Angst übergroß ist, Hoffnung zu stiften im Scheitern, Achtsamkeit zu üben trotz aller Verachtung, Frieden zu wollen und nicht Krieg, das macht müde, manche auch krank. Immer noch werden den Götzen der Herrschaft, der Waffen, des Übermenschen, des Kapitals, des gekränkten Stolzes, des Nationalismus, des Rassismus, des Militarismus unschuldige Menschen geopfert. Auch das selbstverliebte Kreisen um das eigene Ich kann Menschen terrorisieren und zerstören. Ob ihnen allen Gott doch entschwunden ist, das frage ich mich?

Ich bin immer noch überzeugt und ich vertraue: Der Gott, von dem die Bibel erzählt, zieht sich nicht in eine Wolke zurück, Gott putzt sich nicht ab, Gott schleicht sich nicht aus meiner und unserer Geschichte, Gott ist nicht der Tyrann und auch nicht das Produkt meiner Wünsche und Projektionen. Für mich heißt an diesen Gott glauben: dass ich mit ihm rechne, trotz Scheitern und Knappheit meines Lebens, trotz Ängste und Hoffnungslosigkeit.
Ob es reicht, ihm eine Hütte, eine Kathedrale oder ein Zelt zu bauen? Daran zweifle ich! Aber ich vertraue: Gott ist für alle da, er ist treu durch die Geschichte und bleibt beim Menschen, auch im Krieg mit all seiner Grausamkeit und Zerstörung.
Ob ich diesen Gott Jesu Christi aushalten kann? Ich weiß es nicht, doch ich mute es ihm und auch mir zu.