Praxis – Religion und Gesellschaft 18.5.2022

Frauen kämpfen um das Recht auf Entscheidung

Abtreibungsgesetze in USA und Spanien | Ungewollt schwanger | Einschränkung der Religionsfreiheit in Hongkong

Mögliche Verschärfung der Abtreibungsgesetze in den USA

International sorgt das Thema Schwangerschaftsabbruch immer wieder für Schlagzeilen. In Kroatien ist es jüngst zu Protesten gekommen, nachdem einer Frau die Abtreibung eines unheilbar kranken Fötus in mehreren Kliniken verweigert wurde, obwohl auch für die Schwangere ein erhebliches Gesundheitsrisiko bestand.

Praxis
Mittwoch, 18.5.2022, 16.05 Uhr, Ö1

In den USA haben am Wochenende landesweit zehntausende Menschen gegen die drohende Verschärfung des Abtreibungsrechtes protestiert, nachdem durchgesickert war, dass der Oberste Gerichtshof das historische Urteil Roe vs. Wade nach fast 50 Jahren kippen könnte. Damals, 1973, ging es um ein Strafgesetz im US-Bundesstaat Texas, das – so das damalige Urteil des Obersten Gerichtshofes – das Recht einer Frau auf die freie Entscheidung über Abbruch oder Fortführung einer Schwangerschaft verletzte. Infolge des Urteils wurde das Abtreibungsrecht liberalisiert.

Seit der Regierung von Ex-US-Präsident Donald Trump sind die konservativen Richter und Richterinnen im Obersten Gerichtshof wieder in der Mehrzahl. Als treibende Kraft hinter einer Verschärfung der derzeit gültigen Regelung gilt der Richter Samuel Alito, der das Urteil im Fall Roe vs. Wade im Entwurf der durchgesickerten Stellungnahme als „von Anfang an falsch“ bezeichnet. – Gestaltung: Inka Pieh und Christophe Kohl

Spanien reformiert Abtreibungsgesetz

Mit einer Reform des Abtreibungsgesetzes will die links-sozialistische Regierungskoalition in Spanien das Recht auf Abtreibung im öffentlichen Gesundheitssystem garantieren. So soll etwa die elterliche Zustimmung zum Eingriff für Minderjährige zwischen 16 und 18 Jahren nicht mehr nötig sein. Diese Einschränkung hatte die konservative Vorgängerregierung 2015 eingeführt.

Die katholische Bischofskonferenz Spaniens sieht das Vorhaben als einen „Angriff auf das ungeborene Leben“ und lehnt die geplante Gesetzesreform ab. Gleichzeitig fordert sie mehr Unterstützung für Schwangere in Not, die ihr Kind austragen wollen.

Schon im April hat das Parlament ein Gesetz verabschiedet, das die Belästigung oder Einschüchterung abtreibungswilliger Frauen unter Strafe stellt. Damit sollten unter anderem die Proteste von Abtreibungsgegnerinnen und -gegnern vor Kliniken eingedämmt werden, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden und die sich in den vergangenen Monaten gehäuft hatten. Im Gesetz wird aber auch festgehalten, dass Ärztinnen und Ärzte Abtreibungen aus Gewissensgründen ablehnen können. Schwangerschaftsabbrüche sind in Spanien bis zur 14. Schwangerschaftswoche erlaubt, verlängert werden kann diese Frist, wenn für die Schwangere ein gesundheitliches Risiko besteht. – Gestaltung: Josef Manola

Ungewollt schwanger

Frauen, die ungewollt schwanger sind, haben in Österreich bis zur zwölften Schwangerschaftswoche Zeit, um die Entscheidung zu fällen, ob sie die Schwangerschaft fortsetzen oder abbrechen. Bis dahin ist eine Abtreibung straffrei. An dieser Fristenregelung will in Österreich kaum jemand rütteln, dennoch ist das Thema nach wie vor ein Kampfplatz der Emotionen: Zwischen Glorifizierung von Mutterschaft und „Regretting Motherhood“, zwischen Frauenrechten und Pro-Life-Aktivismus bleibt wenig Platz für das Zulassen von Ambivalenz. Viele wollen mitbestimmen, dazwischen aufgerieben werden jene Frauen, die aus den unterschiedlichsten Gründen ungewollt schwanger sind.

Moralische Urteile helfen betroffenen Frauen aber ebenso wenig wie martialische Kampfansagen. Sie brauchen unvoreingenommene Beratung und die Unterstützung bei ihrer Entscheidung, egal ob für die Forstsetzung oder den Abbruch einer Schwangerschaft. Alexandra Mantler geht für Praxis der Frage nach, was ungewollt Schwangere an Unterstützung brauchen, welche Optionen sie haben und an wen sie sich wenden können und hat dafür mit Barbara Maier, Vorständin der gynäkologisch-geburtshilflichen Abteilung der Klinik Wien-Ottakring, mit Martina Kronthaler und Johanna Jagoditsch von der Schwangerenkonfliktberatung „Aktion Leben“ und mit Bettina Zehetner von „Frauen beraten Frauen“ gesprochen. – Gestaltung: Alexandra Mantler

Drohende Einschränkung religiöser Praxis in Hongkong

Die vorübergehende Festnahme des ehemaligen Bischofs von Hongkong, Kardinal Zen Ze-Kiun hat weltweit für Entsetzen gesorgt. Das Büro der von Peking eingesetzten Verwaltung wirft dem Kardinal und den Aktivisten der Demokratiebewegung, die ebenfalls festgenommen wurden, vor, sie hätten sich mit „ausländischen Staaten und Mächten verschworen“. Der 90-jährige Zen gehört zu den schärfsten Kritikern der Regierung in Peking und ist inzwischen auf Kaution wieder freigelassen worden. Bobachter erwarten nun nicht nur weitere Einschränkungen der Bürgerrechte in Hongkong, auch die Ausübung der Religion dürfte künftig noch schwieriger werden. – Gestaltung: Josef Dollinger

Moderation: Judith Fürst