Lebenskunst 18.2.2024, Benedikt Collinet

Bibelessay zu Genesis 9,8-15

„Nach mir die Sintflut“ – so sagt ein bekanntes Sprichwort. Was die Zukunft bringt, braucht mich nicht zu interessieren. Doch wie sehen Noah und seine Familie das? Sie sind gerade dieser göttlich verursachten Naturkatastrophe entkommen, die selbst die Auswirkungen des Klimawandels erzählerisch in den Schatten stellt.

Ich frage mich, welches Bedürfnis Menschen haben, die gerade nach Wochen auf offener See und nur mit der Hoffnung auf Überleben plötzlich am rettenden – und doch zugleich fremden Ufer – angelangt sind. Vielleicht zweifeln sie, ob sie willkommen sind in dieser neuen Welt, oder fürchten sich davor, in Zukunft wieder in diese Situation zu geraten.

Vertrag mit dem Kosmos

Benedikt Collinet
ist Privatdozent am Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie der Universität Innsbruck

Auf solche Unsicherheiten reagiert der Bibeltext. Darin wird erzählt, wie Gott zu den Menschen und allen Lebewesen spricht. Gottes erste Worte sind nicht, wie sonst so häufig: „Fürchtet euch nicht!“ – denn das wäre nach der gerade gemachten Erfahrung völlig unglaubwürdig. Gott sagt schlicht: „Ich bin es“, also „Hallo, ich bin hier, schaut, was ich tue“.

Dann schließt Gott einen Bund, also einen Vertrag, mit dem gesamten Kosmos: Nicht nur mit den Menschen, sondern mit allen von der ökologischen Krise betroffenen Lebewesen. Niemals wieder soll die Erde durch Gott verwüstet werden, egal was die Menschen tun. Denn wie das biblische Buch Genesis erzählt, war die Bosheit und Gier der Menschen der Auslöser für die „Große Flut“.

Sicherheit durch Schönheit

Als Symbol und Siegel für seinen Vertrag verwendet Gott einen Regenbogen. In der antiken Bildsprache dürfte der Bogen in den Wolken ein entspannter Kriegsbogen gewesen sein, ein Bogen ohne Pfeil. Er symbolisiert Frieden, mahnt aber auch, den Vertrag nicht zu brechen, damit es zu keinen Vertragsstrafen kommen muss. Ich stelle mir vor, wie die Schönheit des Regenbogens dabei das Grau der gewittrigen Wolken durchbricht, bis sie sich auflösen und der Wärme der Sonne Raum geben. Gott schenkt Sicherheit durch Schönheit.

Lebenskunst
Sonntag, 18.2.2024, 7.05 Uhr, Ö1

Für Christinnen und Christen, die heute den 1. Sonntag der Fasten- beziehungsweise Passionszeit begehen, führt diese Geschichte auf das Osterfest hin, das in sechs Wochen gefeiert wird. Gott ruft mir durch Noah im Bibeltext zu: „Ich bin mit euch einen Vertrag eingegangen. Dieser Vertrag wird von Generation zu Generation weitergegeben. Ihr Menschen müsst selbst erkennen, ob es Zeit zur Umkehr ist.“ Denn es ist nicht Gott, der die Schöpfung auf dieser Erde zerstört.

Der Bibeltext hält in mir die Frage wach, ob ich den Generationenvertrag halte. Gibt es eine Zukunft für meine Kinder und Enkel oder kommt nach mir die Sintflut?