Stiftung

D: Kardinal stiftet Vermögen für Missbrauchsopfer

Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx (67) gründet eine Stiftung für Betroffene sexuellen Missbrauchs in der Kirche. Er habe sich entschlossen, dafür „den allergrößten Teil“ seines Privatvermögens aufzuwenden, insgesamt 500.000 Euro, erklärte Marx am Freitag.

Die Stiftung trägt den Namen „Spes et Salus“ (Hoffnung und Heil). Sie soll laut Satzung einen Beitrag zur „Selbstermächtigung“ der Betroffenen leisten. Diese würden „gleichberechtigt“ an der Ausgestaltung der Stiftungsleistungen beteiligt.

Den Vorsitz des Stiftungsbeirats, dem auch ein Betroffener angehören wird, übernimmt laut Mitteilung der Erzdiözese München der frühere Generalvikar Peter Beer, der seit einigen Monaten am Zentrum für Kinderschutz (CCP) der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom arbeitet.

Bezüge als Professor und Bischof

Mit dem CCP soll die Stiftung kooperieren. Das Geld stammt laut Kardinal Marx aus seinen Bezügen, die er in den vergangenen Jahrzehnten für seine Tätigkeiten als Institutsdirektor, Professor und Bischof erhalten hat. Marx sagte, er hoffe, dass sich andere mit ihren finanziellen Mitteln und Ideen der Initiative anschlössen.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx
Reuters/Michele Tantussi
„Das System Kirche als Ganzes ist hier schuldig geworden“, sagte der Münchner Kardinal Reinhard Marx

„Sexueller Missbrauch im Verantwortungsbereich der Kirche ist ein Verbrechen“, so der Kardinal. „Das System Kirche als Ganzes ist hier schuldig geworden. Die Einsicht in diese Wahrheit hat lange gebraucht und dauert noch an. Auch für mich selbst hat es einer Lerngeschichte bedurft, um das Ausmaß und den Umfang von Missbrauch in der Kirche wahrzunehmen und zu erkennen.“ Umso mehr sei es ihm ein Anliegen als Kardinal und Erzbischof, aber auch als Privatperson, „alles mir Mögliche zu tun, um Missbrauch zu bekämpfen und aufzuarbeiten“.

„Geld kann keine Wunden heilen, aber …“

Die Stiftung solle das Engagement der Kirche für Prävention, Aufarbeitung und Anerkennung des Leids ergänzen, so Marx. „Mir ist klar: Geld kann keine Wunden heilen; aber es kann dazu beitragen, dass Bedingungen geschaffen werden, die Heilungs- und Wandlungsprozesse ermöglichen.“ Menschen seien im Raum der Kirche beschädigt worden und hätten dadurch ihren Glauben verloren. Es gehe mit der Stiftung auch um eine Hilfestellung dafür, ihn vielleicht wiederzufinden.

Die Betroffenen hätten ihn in den zurückliegenden Jahren „immer wieder sehr beeindruckt“, sagte der Kardinal. Die gestifteten Mittel sollten in ihrem Sinne eingesetzt werden. Begegnungen mit ihnen sowie Berichte und Untersuchungen über ihre Schicksale hätten ihm verdeutlicht, „wie viel Kraft aufgewandt werden muss und wie viele Anstrengungen nötig sind, um sich den Ursachen und Folgen von Missbrauch entschieden zu stellen und diese zu bearbeiten“.

Erweitertes Gutachten Ende Februar

Als erste deutsche Diözese hatte die Erzdiözese München und Freising unter Marx 2010 einen unabhängigen Missbrauchsbericht vorgestellt, für den die Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) Personalakten seit 1945 durchforstete.

Ein erweitertes Gutachten wurde Ende Februar bei derselben Kanzlei in Auftrag gegeben. Es soll den Zeitraum bis 2019 und damit auch die Amtszeit von Marx einschließen und Verantwortliche für etwaige Versäumnisse nennen. Der Bericht werde nicht vor Frühjahr 2021 fertig sein, hieß es zuletzt bei der Erzdiözese. Auch die Gründung des CCP erfolgte von München aus.