Moria

Katholikenvertreter appellieren an Regierung

„Setzen Sie ein vorweihnachtliches Zeichen und eröffnen Sie Flüchtlingen aus Moria die Chance auf ein menschenwürdiges Leben“: Diesen Appell hat die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) in einem Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz und Innenminister Karl Nehammer (beide ÖVP) gerichtet.

In dem der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress am Dienstag übermittelten Schreiben verweist die KAÖ auf jüngste Augenzeugenberichte – etwa des Innsbrucker Bischofs Hermann Glettler – über die immer noch „katastrophale Lage“ auf der griechischen Insel Lesbos. Gerade viele Kinder und Jugendliche litten besonders. „Wir appellieren daher eindringlich an Sie, mindestens 150 Menschen, besonders unbegleitete Minderjährige, aus dem Flüchtlingslager schnell und unbürokratisch in Österreich aufzunehmen.“

Die KAÖ erinnert daran, dass aus den Kirchen und aus der Zivilgesellschaft in den vergangenen Monaten zahlreiche Angebote gekommen sind, Flüchtlingen Unterkunft zu geben, sie entsprechend zu betreuen und auch längerfristig zu unterstützen. „Auch als Katholische Aktion sind wir bereit, konkret zu helfen“, versicherte die offizielle katholische Laienorganisation, der Mitglieder wie die Katholische Frauen- und Männerbewegung, die Katholische Jungschar und Jugend, katholische Akademiker und Arbeitnehmer angehören.

„Christlich-soziale Verantwortung“

„Die Voraussetzungen, dass die Regierung im Blick auf die Weihnachtsbotschaft und aus christlich-sozialer Verantwortung heraus eine entsprechende Geste der Menschlichkeit setzt, wären mehr als gegeben.“ Der KAÖ sei zugleich bewusst, dass Österreich und auch Europa „das weltweite Flüchtlingsproblem nicht allein schultern können“ und „die Not in manchen Teilen der Welt kein rasches Ende“ finden werde. Alle Bemühungen der Hilfe vor Ort seien unterstützenswert.

Ein Flüchtlingszelt aus einer durchsichtigen Plastikplane in Griechenland
APA/AFP/Bulent Kilic
Hilfe vor Ort sei wichtig, besser sei, den geflüchteten Menschen die Chance auf ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, schrieb die Katholische Aktion

Österreich habe sich bereits vor einem halben Jahrhundert dazu verpflichtet, 0,7 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Entwicklungshilfe zu verwenden. Davon sei das Land nach wie vor deutlich entfernt, „und wir bitten Sie, diese Hilfsgelder aufzustocken – so wie Sie zuletzt dankenswerterweise die Mittel des Auslandshilfefonds aufgestockt haben“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Europäischer Migrationspakt gefordert

Bei allem Bemühen um Hilfe vor Ort werden sich laut KAÖ in nächsten Jahren weiterhin viele auf den Weg nach Europa machen, sei es auf der Flucht vor Verfolgung oder auf der Suche nach einem besseren Leben. Umso wichtiger sei ein europäischer Migrationspakt, für den die EU-Kommission einen ersten Entwurf vorgelegt hat.

Der Weg zu einer tatsächlich gemeinsamen, solidarischen europäischen Flüchtlingspolitik sei jedoch noch weit, verwies die KAÖ auf Widerstand aus einzelnen Mitgliedsstaaten. „Umso mehr appellieren wir an Sie, einer gemeinsamen Migrationspolitik nicht Steine in den Weg zu legen, sondern sie nach Kräften zu fördern.“

Erfahrung eigener Not mobilisiert Hilfsbereitschaft

Das in der Flüchtlingsdebatte vorgebrachte Argument, die Corona-Pandemie verlange vorrangig Hilfsmaßnahmen für die eigene Bevölkerung im sozial und wirtschaftlich hoch belasteten Österreich, lässt die Katholische Aktion nicht gelten: Gerade die Pandemie habe vor Augen geführt, dass schwerwiegende Probleme nur gemeinsam zu lösen sind. Und: „Gerade die Erfahrung eigener Not weckt oft das Verständnis, dass auch andere Hilfe brauchen und niemand zurückgelassen werden soll.“

Dies gelte besonders im Hinblick auf das nahe Weihnachtsfest. Auch für Josef und Maria war laut dem Evangelium in der Herberge kein Platz – eine Szene, die in den Advent- und Krippenspielen vielfältig aufgegriffen und ausgeschmückt worden sei, wie die KAÖ hinweist. Aus dieser in der Volkskultur verankerten Erfahrung heraus, „wie schmerzlich es ist, keine Herberge, kein Zuhause zu haben“, ersucht die Katholische Aktion die beiden christlich-sozialen Spitzenpolitiker um ein „vorweihnachtliches Zeichen“ der Barmherzigkeit für Flüchtlinge.