Schlechtes Omen

„Blutwunder“ in Neapel bleibt aus

Das traditionelle „Blutwunder“ des heiligen Gennaro (Januarius) im italienischen Neapel ist auch in einem zweiten Versuch durch einen Priester ausgeblieben. Ein Ausbleiben des Phänomens gilt als schlechtes Omen.

Nachdem das in einer Glasampulle aufbewahrte verfestigte Blut des Stadtpatrons schon bei einem Gottesdienst am Mittwoch nach Worten des zuständigen Geistlichen Vincenzo De Gregorio „absolut kompakt“ blieb, fiel der erhoffte Effekt der Verflüssigung auch nach einem Abendgebet von Kardinal Crescenzio Sepe aus. Sepe versicherte, das bedeute „keinerlei Vorzeichen von Unheil, weder Epidemien noch Kriege“.

Priester Vincenzo De Gregorio mit der nicht verflüssigten Blutreliquie des Heiligen San Gennaro, Neapel
Reuters/Ciro De Luca
Priester Vincenzo De Gregorio mit der nicht verflüssigten Blutreliquie des Heiligen San Gennaro

Wie die italienische Tageszeitung „Avvenire“ weiter berichtete, betete De Gregorio als Vorsteher der Reliquien-Kapelle besonders um Kraft und Mut angesichts der Coronavirus-Pandemie. Gläubige begleiteten die Ausstellung der Blutreliquie mit Litaneien und Anrufungen des Heiligen. Im Unterschied zur sonst gedrängten Teilnahme fand die Feier unter Wahrung von Abstandsregeln statt.

Üblicherweise an drei Tagen im Jahr

Das „Blutwunder“ (Miracolo del sangue) vollzieht sich üblicherweise an drei Terminen im Jahr: zum Gedenken an die Reliquienübertragung am Samstag vor dem ersten Maisonntag, am Todestag des Januarius am 19. September sowie am 16. Dezember. Dieses letzte Datum erinnert an die Verschonung Neapels bei einem Vesuv-Ausbruch im Jahr 1631.

Umgekehrt tritt die Blutverflüssigung auch außer der Reihe ein. So besiegelte das Wunder den Abschluss der 30. Diözesansynode am 15. Mai 1983 und setzte einen ökumenischen Akzent beim Besuch des orthodoxen zyprischen Erzbischofs Chrysostomos II. am 17. Juni 2007.

Verflüssigung nach Papst-Kuss

Während Visiten von Johannes Paul II. 1990 und Benedikt XVI. 2007 keinen mirakelhaften Effekt zeitigten, ereignete sich das Blutwunder, als Franziskus am 21. März 2015 die Reliquie ergriff und küsste.

Ausgebliebene Blutwunder, die in der Chronik der Domkanoniker von Neapel eigens dokumentiert werden, fallen laut „Avvenire“ in die zeitliche Nähe etwa von einer Cholera-Epidemie 1973 und dem Erdbeben 1980, aber auch dem Eintritt Italiens in den Zweiten Weltkrieg und der Besetzung Neapels durch deutsche Truppen im September 1943.

Der Bischof und Märtyrer Januarius wurde der Überlieferung nach im Jahr 305 unter dem römischen Kaiser Diokletian in Pozzuoli bei Neapel enthauptet. Seit dem 14. Jahrhundert entwickelte sich eine lebhafte Volksfrömmigkeit um das Blutwunder.