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APA/Herbert Neubauer
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Politik

Ethik-Volksbegehren im Lockdown

Das Volksbegehren „Ethik für alle“ findet trotz Lockdowns im Jänner statt. Das Haus zum Unterschreiben zu verlassen ist zulässig. Das Team des Volksbegehrens kritisiert aber, dass etwa Menschen in Quarantäne nicht teilnehmen können. Sie fordern vom Innenministerium eine Lösung.

Als im Herbst 2020 die Eintragungswoche 18. bis 25. Jänner für das Volksbegehren beschlossen wurde, zeigte sich Eytan Reif von der Initiative „Ethik für alle“ zuversichtlich. Die 62.000 bereits gesammelten Unterstützungserklärungen wertete er als „Beweis für die Wichtigkeit und Relevanz des Anliegens“ und zugleich als „guten Ausgangspunkt für ein erfolgreiches Volksbegehren“.

Das Volksbegehren fordert die Einführung eines vom Religionsunterricht entkoppelten Ethikunterrichts in jeder Schule mit Öffentlichkeitsrecht als Pflichtfach für alle Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur 12./13. Schulstufe.

Am „demokratischen Prozess gehindert“

Doch nun macht sich bei den Initiatorinnen und Initiatoren des Volksbegehrens Sorge breit, weil es im Lockdown unter erschwerten Bedingungen stattfindet. Die Zehntausenden aktiven Covid-19-Fälle sowie ihre Kontaktpersonen – all jene Menschen, die in Quarantäne sind – können zumindest nicht physisch an dem Volksbegehren teilnehmen. Wenn jemand durch einen Absonderungsbescheid „gehindert wird, am demokratischen Prozess teilzunehmen“, wie Reif im Gespräch mit religion.ORF.at sagte, sei dies problematisch.

Mittlerweile können Volksbegehren allerdings auch online mittels Handysignatur unterschrieben werden. Doch man könne nicht davon ausgehen, dass alle Betroffenen Zugang dazu hätten, sagte Reif. Vom Innenministerium fordere man nun rasch eine Lösung. In derselben Woche sollen auch zwei andere Volksbegehren (Tierschutzvolksbegehren und Anti-Impfzwangvolksbegehren) stattfinden, deren Initiatoren teilten die Forderungen an das Innenministerium, sagte Reif.

Kommunikation gefordert

So wünsche man sich vom Innenministerium auch, dass der Bevölkerung klar kommuniziert werde, dass das Verlassen des Hauses, um ein Volksbegehren zu unterschreiben, zulässig ist. Man könne davon ausgehen, dass die Regeln vielen nicht klar seien. Fakt ist, dass Instrumente der direkten Demokratie nutzen zumindest nach der derzeitigen Rechtslage als Ausnahmegrund für die Ausgangsbeschränkungen gilt.

Im Bundesministerium für Inneres wird jedenfalls davon ausgegangen, dass sich an dieser Rechtslage auch für den „für den 18. bis 25. Jänner 2021 anberaumten Eintragungszeitraum für drei Volksbegehren nichts ändern wird“, heißt es gegenüber religion.ORF.at.

Ausnahme bei Quarantäne „unrealistisch“

Man werde die Gemeinden „zu jenem Zeitpunkt, zu dem die ab 18. Jänner 2021 geltende Rechtslage feststeht, zeitnah mittels Rundschreiben informieren und dabei auch auf wesentliche Grundsätze hinsichtlich zu treffender Sicherheitsmaßnahmen bei der Vornahme der Eintragungen eingehen“.

Was eine Regelung für jene, die in Quarantäne sind, betrifft, heißt es aus dem Innenministerium: Für eine etwaige, aber aus Sicht des BMI „nicht realistische Ausnahmebestimmung“ wäre nicht das Innenministerium, sondern die Gesundheitsbehörde zuständig.

Ethikunterricht eingeführt

Initiiert wurde das „Ethik für alle“-Volksbegehren unter anderen von Eytan Reif von der Initiative Religion ist Privatsache, dem Philosophen Peter Kampits und der Philosophin Lisz Hirn, dem Religionspädagogen Anton Bucher, und dem Verfassungsjuristen Heinz Mayer.

Das Volksbegehren kommt, nachdem der Nationalrat im November nach mehr als 20 Jahren Schulversuchen die Einführung eines verpflichtenden Ethikunterrichts ab dem Schuljahr 2021/22 beschlossen hat – aber nur für jene Schülerinnen und Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Den Initiatorinnen und Initiatoren von „Ethik für alle“ ist das ein Dorn im Auge: Ethikunterricht dürfe kein Ersatzfach für Religionsunterricht sein, argumentieren sie.

Katholische Kirche mit Beschluss zufrieden

Den Ethikunterricht wird es ab der neunten Schulstufe geben. Ausgenommen sind Berufsschulen und Polytechnische Schulen. ÖVP, FPÖ und Grüne stimmten für die Regelung, wobei Letztere die Hoffnung äußerten, dass dies nur der erste Schritt zu einem Ethikunterricht für alle sei. Die römisch-katholische Kirche zeigte sich über die Einführung des Ethikunterrichts erfreut.

Die Leiterin des Erzbischöflichen Amts für Schule und Bildung, Andrea Pinz, sprach sich etwa für eine enge Zusammenarbeit zwischen Religions- und Ethikunterricht aus. Die Erfahrungen aus mehr als 200 Ethik-Schulversuchen hätten gezeigt, wie wichtig Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten zwischen Religion und Ethik seien.