Maria-Lichtmess-Feier in der Peterskirche in Rom, eine Nonne hält ein Gesangbuch und eine Kerze
Reuters/Paolo Cocco
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Feiertag

Lichtmess und das Ende von Weihnachten

Der christliche Feiertag Mariä Lichtmess kommt unscheinbar daher – genau betrachtet, ist er geradezu ein Kaleidoskop an Aspekten des christlichen und des jüdischen Glaubens. Früher markierte er das Ende der weihnachtlichen Zeit und den Beginn des „Bauernjahrs“. Und: Mariä Lichtmess ist kein Marienfest, und es heißt auch ganz anders.

Vielmehr sehe der Festkalender für den 2. Februar ein Jesus gewidmetes sogenanntes Herrenfest vor, sagt Ines Weber, Professorin für Kirchengeschichte und Patrologie an der Katholischen Privat-Universität Linz, im Gespräch mit religion.ORF.at. Der sperrige Name „Darstellung des Herrn“ dürfte vielen Christinnen und Christen nicht einmal bekannt sein. Er bezeichnet den Tag, an dem Jesus von seinen Eltern in den Tempel gebracht wurde.

Dem jüdischen Religionsgesetz zufolge war das erstgeborene männliche Kind auszulösen (vgl. Ex 13,13; 34,20), was in orthodoxen jüdischen Kreisen noch heute praktiziert wird. So heißt es im Evangelientext, das dem Fest zugrunde liegt: „Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn geweiht sein“ (Lk 2,23). Denn „nach jüdischem Verständnis gehört der Erstgeborene Gott und muss durch ein Opfer ausgelöst werden“, sagt Weber.

Unreine Mutter, ausgelöstes Kind

Im Zuge dieses Rituals im Tempel wird Jesus laut dem Lukas-Evangelium von der Prophetin Hanna und dem frommen Simeon als Erlöser erkannt. Doch auch die Mutter galt dem jüdischen Gesetz gemäß nach einer Geburt als kultisch „unrein“, sie durfte dem Tempel nicht nahekommen, ohne sich ebenfalls einem Reinigungsritual zu unterziehen und ein Opfer darzubringen.

Darstellung des Herrn (Hans Holbein der Ältere, 1501, Hamburger Kunsthalle)
Public Domain/Wikipedia
Darstellung des Herrn (Hans Holbein der Ältere, 1501, Hamburger Kunsthalle)

Reinigungssegen bis in die 1960er

Daher sei auch Maria mit im Tempel gewesen, so die Kirchenhistorikerin, und daher stamme auch der Name „Mariä Reinigung“ für ein und dasselbe Fest. Die Geburt eines Sohnes machte eine Frau übrigens 40 Tage „unrein“, die einer Tochter doppelt so lang.

Das übliche Reinigungsopfer für Frauen waren damals, je nach Einkommen, Schafe oder Tauben, in Marias Fall, „wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben“ (LK 2,24). Die Vorstellung der kultischen Verunreinigung der Frau durch Menstruation, Sexualität und Geburt zog auch in das Christentum ein. Der Brauch, Mutter und Kind einem Reinigungssegen zu unterziehen, hielt sich auch in Österreich in einigen Gegenden noch bis in die 1960er Jahre.

Der Beginn des „Bauernjahrs“

Als Anfang des „Bauernjahrs“ habe Mariä Lichtmess eine besondere Bedeutung für Mägde und Knechte gehabt, denn an diesem Tag, so Kirchenhistorikerin Weber, bekamen sie nicht nur ihren Lohn ausgezahlt, sondern hatten auch ein paar Tage frei.

Ines Weber, Professorin am Institut für Kirchengeschichte und Patrologie der Privatuniversität Linz
Weihbold
Kirchenhistorikerin Ines Weber

Mit dem Rückzug des Winters und den längeren, helleren Tagen konnte wieder mit der Feldarbeit begonnen werden, und Handwerker konnten wieder bei Tageslicht arbeiten. Verträge (zumeist mündlicher Natur) mit dem Gesinde wurden erneuert oder aufgelöst. An diesen Tagen war es den Dienstboten auch möglich, gegebenenfalls auf einen anderen Hof zu wechseln.

Ein sehr altes Fest

Wie auch immer es genannt wird, das christliche Fest am 2. Februar ist sehr alt. So ist es in Jerusalem bereits Ende des 4. Jahrhunderts bezeugt, erzählt Expertin Weber. Davon berichtet die Pilgerin Egeria, die im 4. Jahrhundert vermutlich von Spanien ins Heilige Land pilgerte, in ihren Reiseberichten.

Das Fest, dessen Namen Egeria nicht erwähnte, sei in Jerusalem 40 Tage nach der Geburt des Herrn begangen worden. Die Pilgerin, deren Berichte zu den wichtigsten Quellen für die frühe Liturgie gehören, schrieb von einem Lichterfest und einer Prozession, die an Ostern erinnere. Mitte des 6. Jahrhunderts in Byzanz eingeführt, kann das Fest für das 7. Jahrhundert auch in Rom nachgewiesen werden. Im Lauf der Zeit wurde es, im Zuge der schon damals starken Marienverehrung, vom Herrenfest (Jesus als dem „Herrn“ gewidmet) zum Marienfest.

Kerzenweihe für das kommende Jahr

In Rom ist für Anfang Februar eine altheidnische Lichterprozession als Sühne- bzw. Reinigungsprozession bezeugt, die wohl christlich „überformt“ wurde. Noch heute werden zu Lichtmess die Kerzen für das ganze Jahr geweiht, und es gibt eine Lichterprozession.

Maria-Lichtmess-Feier in der Peterskirche in Rom, eine Nonne hält ein Gesangbuch und eine Kerze
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Zu Mariä Lichtmess werden die Kerzen für das ganze Jahr geweiht

Kein Wunder, dass viele an Weihnachten denken. Doch ein Abschluss der weihnachtlichen Zeit ist das Fest heute nicht mehr. Zwar wird in traditionsbewussten Haushalten und Pfarren mancherorts noch der Christbaum bis Lichtmess stehen gelassen – seit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils in den 1960er Jahren steht fest: Weihnachten endet nicht zu Lichtmess, aber auch nicht am Tag der Erscheinung des Herrn, dem 6. Jänner (früher als Dreikönigsfest bezeichnet), sondern erst am Sonntag darauf (Taufe des Herrn).

Auf Weiß folgt Grün

Dann wechselt in der römisch-katholischen Kirche auch die liturgische Farbe, und die Priester tragen nach Violett (Advent) und Weiß (Weihnachten) nun Grün, die Farbe für alle Gottesdienste im Jahreskreis, wenn keine andere Farbe vorgeschrieben ist – ein Zeichen dafür, dass Lichtmess nicht mehr zum Weihnachtsfestkreis gehört. Als Ausrede dafür, den Christbaum im Wohnzimmer stehen zu lassen, bis auch die letzte Nadel abgefallen ist, taugt das Fest Darstellung des Herrn, vulgo Mariä Lichtmess, jedenfalls nicht mehr.