Gedenken nach Leichenfunden auf dem Gelände der katholischen Internatsschule Marieval Indian Residential School in der zentralkanadischen Provinz Saskatchewan
APA/AFP/Cole Burston
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Indigene

Kanada: Bischöfe betroffen über Leichenfunde

Kanadas Bischöfe haben sich über neuerliche Funde von Kinderleichen in einem früheren Indigenen-Internat betroffen gezeigt. Er sei „traurig und verstört“, twitterte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Richard Joseph Gagnon.

Die Bischöfe unterstützten „in vollem Umfang“ die laufenden Untersuchungen und wollten an der Aufklärung der Geschehnisse mitwirken, hieß es. Zuvor hatten Vertreter der ethnischen Gruppe der Cowessess laut kanadischen Medien (Donnerstag Ortszeit) mitgeteilt, dass Ermittler auf dem Grundstück der früheren katholischen Marieval Indian Residential School in der zentralkanadischen Provinz Saskatchewan die Überreste von Verstorbenen in 751 nicht markierten Gräbern gefunden hätten.

Die Federation of Sovereign Indigenous First Nations (FSIN) sprach von der bisher größten Zahl derartiger Funde in Kanada. Die Marieval Indian Residential School etwa 140 Kilometer östlich der Provinzhauptstadt Regina wurde von 1899 bis 1997 in dem Gebiet betrieben, in dem heute die ethnische Gruppe der Cowessess lebt.

Bisher unbekannte Gräber

Sie übernahm in den 1970er Jahren den Friedhof der Schule von der katholischen Kirche. Anfang Juni hatten Vertreterinnen und Vertreter der sogenannten First Nation damit begonnen, mittels Bodenradar nach bisher unbekannten Gräbern zu suchen.

Es ist der zweite große Gräberfund binnen eines Monats. Ende Mai wurden auf dem Gelände eines früheren katholischen Internats nahe der Kleinstadt Kamloops in Westkanada die Überreste von 215 Kinderleichen entdeckt. In Einrichtungen wie diesen waren Söhne und Töchter aus indigenen Familien zumeist zwangsweise untergebracht, vorgeblich um sie im Auftrag des kanadischen Staates an die „christliche Zivilisation“ heranzuführen.

Opfer eines „kulturellen Genozids“

In Kanada waren ab 1874 rund 150.000 Kinder von Ureinwohnern und gemischten Paaren von ihren Familien und ihrer Kultur getrennt und in kirchliche Heime gesteckt worden, um sie so zur Anpassung an die weiße Mehrheitsgesellschaft zu zwingen. Viele von ihnen wurden in den Heimen misshandelt oder sexuell missbraucht. Nach bisherigen Angaben starben mindestens 3.200 dieser Kinder, die meisten an Tuberkulose.

Viele indigene Gemeinschaften machen die Heime, die ganze Generationen geprägt haben, heute für soziale Probleme wie Alkoholismus, häusliche Gewalt und erhöhte Selbstmordraten verantwortlich. Ottawa entschuldigte sich im Jahr 2008 offiziell bei den Überlebenden der Internate. Sie seien Opfer eines „kulturellen Genozids“, stellte eine Untersuchungskommission im Jahr 2015 fest.