Geburtstag

Mönch, Lehrer, Autor: Steindl-Rast ist 95

Er ist Mönch und moderner Mystiker, spiritueller Lehrer, Reisender und Weltbürger, und seine Bücher gehen weg wie die warmen Semmeln: Am Montag feiert der Benediktiner David Steindl-Rast seinen 95. Geburtstag.

Seine Bücher über den Glauben, die Welt und das (richtige) Leben klettern regelmäßig in die Top-Ten-Listen – und das trotz ihrer philosophischen Themen: Spiritualität im Alltag, Gott und die Religionen – der Benediktinerpater hat anscheinend einen Nerv beim Publikum getroffen. In „99 Namen Gottes“ (2019) spürte er zuletzt der Mystik des Islams nach, mit dem buddhistischen Lehrer Thich Nath Hanh und dem Dalai Lama ist er befreundet.

Letzterer verfasste für Steindl-Rasts 2011 erschienenes Buch „Credo: Ein Glaube, der alle verbindet“ das Vorwort. In „Ich bin durch Dich so ich. Lebenswege“ (2016) erzählte der damals 90-jährige Steindl-Rast seine Lebensgeschichte. Anlässlich seines Geburtstags sagte er in einem Interview auf seiner Website: „Einen so hohen Geburtstag in guter Gesundheit feiern zu dürfen, ist allein schon Grund zu großer Dankbarkeit.“

Der Benediktinermönch und Autor David Steindl-Rast
Diego Ortiz Mugica
David Steindl-Rast

Inspiration geben „für alle, die Orientierung suchen“ möchte Steindl-Rast mit seinem neuesten, im Tyrolia Verlag erschienen Buch – denn das seien, so der Autor im Vorwort von „Orientierung finden. Schlüsselworte für ein erfülltes Leben“, „in unserer verworrenen Zeit viele Menschen“.

Achtsamkeit und das Geheimnisvolle

Im ersten Teil gibt der Autor 21 „Orientierungsschritte“ vor: Kapitel, denen Stichworte wie „Das Ich“, „Geheimnis“ oder „Gott“ vorangestellt sind. Der zweite Teil, „Orientierungspunkte“, ist ein ABC der Schlüsselworte. Der Benediktiner betont die Bedeutung von Achtsamkeit, bezogen auf sich selbst ebenso wie auf andere, für alle Arten von Beziehungen.

Quellen für seine Gedanken bezieht Steindl-Rast aus der Bibel, aber auch – weniger naheliegend – etwa aus einem Liebesgedicht, das Rainer Maria Rilke für seine Angebetete Lou Andreas-Salome schrieb, kurz darauf aber in sein „Stundenbuch“ aufnahm – als Gebet. Der Benediktiner operiert auch mit freundianschen Begriffen wie „Ich“, „Es“ und sogar „Ur-Es“.

Cover David Steindl-Rast: „Orientierung finden“
Tyrolia Verlag

Buchhinweis

David Steindl-Rast: Orientierung finden. Schlüsselworte für ein erfülltes Leben. Tyrolia, 168 Seiten, 19,95 Euro.

Ein Kapitel ist dem „Geheimnis“ (oder, wie Albert Einstein es genannt habe, dem „Geheimnisvollen“) gewidmet, unter anderem den drei existenziellen Fragen, „um die wir Menschen nicht herumkommen“: Warum?, Was? und Wie? Zum Geheimnis findet der Benediktiner drei Zugänge: durch Schweigen, durch das Wort und „Geheimnis als Verstehen durch Tun“.

Beschäftigung mit Buddhismus

Der 1926 in eine ehemals adelige Familie geborene geborene Steindl-Rast studierte Kunst, Anthropologie und Psychologie in Wien und trat 1953 in das Benediktinerkloster Mount Saviour im Bundesstaat New York ein. Er beschäftigte sich mit dem Buddhismus und praktizierte Zen. 1968 begründete er zusammen mit Tai San, Swami Satchidananda und Rabbi Joseph Gelberman das „Center for Spiritual Studies“ in New York. Seit 1966 engagiert sich Steindl-Rast für den interreligiösen Dialog. Für das interreligiöse Engagement wurde der Benediktiner 1975 mit dem Martin Buber Award ausgezeichnet.

1989 initiierte er zusammen mit dem Zen-Mönch Vanja Palmers im österreichischen Dienten am Salzburger Hochkönig das „Haus der Stille“ Puregg, das bis heute jedem und jeder Interessierten offen steht. Hier finden Seminare statt, man kann aber auch für eine oder mehrere Wochen in einer klösterlichen Tagesstruktur leben.

Freiheit mit Verbundenheit kombinieren

Im Rahmen des Online-Pfingstkongresses im Mai dieses Jahres äußerte sich Steindl-Rast, der im Europakloster Gut Aich lebt, zuletzt aber ein Jahr zurückgezogen in Argentinien verbrachte und selten öffentlich auftritt, zu den Themen Partizipation und Vereinzelung. Die Entwicklung der Menschheit gehe mit zunehmender Unabhängigkeit einher, aber auch mit wachsender Vereinzelung. Es sei notwendig, die erlangte Freiheit mit einer „Verbundenheit mit Menschen, Tieren und allen Lebewesen“ zu kombinieren, wurde er von Kathpress zitiert.

Der Benediktinermönch und Autor David Steindl-Rast
Tyrolia Verlag
Der Benediktinermönch propagiert "Verbundenheit mit Menschen, Tieren und allen Lebewesen“

„Wir müssen uns wieder eingebettet wissen und danach handeln“, sagte der Mönch als einer der ersten Interviewten der Reihe angesichts der Pandemie. Die Coronavirus-Krise und „das Elend dieser Welt“ könnten nur gemeinsam gelöst werden, durch eine engere Zusammenarbeit innerhalb der Weltgemeinschaft.

Der Wert des Schweigens

Doch dazu müsse man einmal lernen, in sich selbst hineinzuhören, so Steindl-Rast sinngemäß in „Orientierung finden“ – und dazu gehöre die Fähigkeit, zu schweigen: „Jedes echte Wort muss aus dem Schweigen kommen, sonst ist es nur Geplapper.“ Seine Neugierde und sein Wissensdurst scheinen in jedem Kapitel des neues Buchs ungebrochen durch: „Mein ganzes Leben wollte ich vor allem wissen, wie alles mit allem zusammenhängt“ – mit der Lektüre von David Steindl-Rasts Büchern kann man dem ein Stück näher kommen.