Katholikinnen

Reformen: Was sich Frauen erwarten

15 Frauen in leitenden Positionen innerhalb der katholischen Kirche Österreichs haben sich sich bei der jüngsten Sommervollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell mit den Bischöfen über ihre Vorstellungen von Kirche beziehungsweise Reformanliegen ausgetauscht.

Das „Vorarlberger Kirchenblatt“ ließ alle 15 in seiner aktuellen Ausgabe dazu nochmals mit zentralen Anliegen zu Wort kommen. Viele Menschen – vor allem junge Erwachsene – verstünden nicht mehr, „warum Männer und Frauen nicht gleichberechtigt in der Katholischen Kirche sind. Warum es keine Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen gibt,“ äußert sich etwa Gabriele Eder-Cakl, Pastoralamtsdirektorin der Diözese Linz.

Es sei an der Zeit, hier Veränderungen vorzunehmen, so die Pastoralamtsdirektorin. Wie Annamaria Ferchl-Blum, Schulamtsleiterin der Diözese Feldkirch, betont, habe die feministisch-theologische Forschung zahlreiche Ergebnisse zutage gebracht, auf denen eine Gleichstellung von Frauen in allen Ämtern theologisch gut begründet werden könnte.

Verweis auf Maria von Magdala

„Der biblische Befund zur Apostelin Maria von Magdala und zur hervorragenden Stellung von Frauen in der frühen Hauskirchenbewegung bei Paulus begründet eine Tradition, in der wir uns als Frauen in kirchlichen Leitungsfunktionen gut wiederfinden.“

Bischofskonferenz in Mariazell, Bischöfe im Gespräch mit Frauen in kirchlichen Leitungspositionen
APA/Kathpress/Paul Wuthe
Bischofskonferenz in Mariazell, Bischöfe im Gespräch mit Frauen in kirchlichen Leitungspositionen, 14. Juni 2021

Kritik an einengenden kirchlichen Rollenzuschreibungen übt Anna Hollwöger, Generalsekretärin der Katholischen Aktion Steiermark. Sie verweist als Beispiel auf das Dokument Querida Amazonia von Papst Franziskus aus dem Jahr 2020, aus dem sie zitiert: „Denn der Herr wollte seine Macht und seine Liebe in zwei menschlichen Gesichtern kundtun: das seines göttlichen menschgewordenen Sohnes und das eines weiblichen Geschöpfes, Maria.“

Das widerspricht laut Hollwöger jedoch dem Wissen um die Gottesebenbildlichkeit aller Menschen, egal welchen Geschlechts, und der daraus abgeleiteten Würde. Hollwöger: „Wie können wir den jungen Menschen, zumal unserer Töchtergeneration, vermitteln: ‚Jeder Mensch ist zur Freiheit berufen!‘, wo diese starre Zuschreibung von Rollen dem entgegenläuft?“ Hier habe die Kirche ein massives Glaubwürdigkeitsproblem, „das häufig als Grund für den Kirchenaustritt genannt wird – bei Frauen und Männern“.

Mentoring, familienfreundliche Posten

Ein zentraler Punkt muss für Elisabeth Kandler-Mayr, Ordinariatskanzlerin der Erzdiözese Salzburg, die aktive Förderung von jungen Frauen in Berufen in der Kirche sein, „nicht nur im Ehrenamt, und unabhängig von der Frage der Weihe“. Dafür brauche man ein aktives Mentoring, familienfreundliche Posten und passende Ansätze der Personalentwicklung.

Kandler-Mayr: „Übernehmen Frauen pfarrliche oder diözesane Ämter, trägt das dazu bei, die katholische Kirche als echte Gemeinschaft in allen Lebensbereichen sichtbar und erfahrbar zu machen.“ Die Teilnehmerinnen am Studiennachmittag mit den Bischöfen würden ihre Leitungsaufgaben in der Katholischen Kirche als positive Herausforderung erleben und wollten dies auch anderen vermitteln.

Bischöfe sollen zuhören

„Es muss besser sichtbar werden, dass verschiedene Leitungsaufgaben der Kirche auch jetzt schon Frauen offenstehen“, forderte Kandler-Mayr.

Junge Frauen wünschten sich von den Bischöfen, „dass sie ihnen zuhören, für einen wertschätzenden Leitungsstil in den Pfarren sorgen und pastorale Aufgaben nach persönlichen Charismen vergeben; und darüber hinaus, dass in allen Gremien und Prozessen vom Pfarrgemeinderat bis zur Bischofssynode Frauen präsent sind und eine Stimme haben“, so auch Sigrid Müller, Vorständin des Instituts für Systematische Theologie und Ethik an der Universität Wien.

„Gerechtigkeit fängt in Pfarren an“

Geschlechtergerechtigkeit in Gesellschaft und Kirche sind für Angelika Ritter-Grepl, Vorsitzende der Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö), nicht voneinander zu trennen. Es brauche einen strukturierten Dialog zwischen Bischöfen und Frauenvertreterinnen, „damit Welt und Kirche für Frauen gerechter werden und Gerechtigkeit fängt in den Pfarren an“. Freilich, so Ritter-Grepl: „Es gibt kein Kochrezept für Gerechtigkeit.“

Auch Barbara Velik-Frank von der Katholischen Frauenbewegung zeigt sich überzeugt, dass die Berufung zum Seelsorger bzw. zur Seelsorgerin nicht ans „Mannsein“ oder ans „Frausein“ gebunden, sondern ein Geschenk Gottes sei.

Bericht aus der Praxis

Sie sei in der Aus- und Fortbildung von Pastoralassistentinenn und Pastoralassisten tätig und stelle die Frage: „Wo finden wir in unserer Kirche Orte, wo junge Menschen, die diese Berufung verspüren, seelsorglich tätig sein können, ohne auf vorgefertigte Identitätsangebote oder Rollen reduziert zu werden?“

Andrea Pinz, Schulamtsleiterin der Erzdiözese Wien, berichtet aus ihrer Praxis: „Meine Aufgabe als Verantwortliche für den Bildungsbereich ist eine Brückenfunktion hinein in die Gesellschaft, zu öffentlichen Stellen und politischen Parteien. Wir arbeiten ‚an den Rändern‘ von Kirche und erreichen Menschen, die nicht zur kirchlichen Kernschicht gehören.“

Bei ihren Partnern werde sie als das „Gesicht von Kirche“ wahrgenommen, so Pinz: „Es löst immer wieder wohlwollendes Staunen aus, dass eine Frau diese zentrale und vielschichtige kirchliche Position innehat und gestalten kann.“

„Wir gewinnen an Glaubwürdigkeit“

Rita-Maria Schmid, Äbtissin der Gemeinschaft der „Schwestern der Hl. Klara“, hat das Anliegen, „die kirchlichen Dienste mit unserem Frausein zu füllen und zu ergänzen, damit es ein ganzer Schöpfungsauftrag wird“. Zwar würden Frauen als Priesterinnen oder viri probati nicht die Kirche retten oder wohl auch kaum die Kirchenbänke füllen, aber: „Wir gewinnen an Glaubwürdigkeit in der Gesellschaft.“

Als ermutigend bezeichnete die frühere Vorsitzende der Frauenorden Österreich, Sr. Beatrix Mayrhofer, das Treffen mit den Bischöfen: „Im ehrlichen Ringen um wertschätzende Beteiligung an kirchlichen Entscheidungsprozessen können wir gerade jetzt, in der Vorbereitung auf die Synode, einen guten gemeinsamen Weg finden.“

Gezwungen, bei einem Mann zu beichten

„Wieso werde ich als Frau gezwungen bei einem Mann zu beichten?“, fragt Rita Kupka-Baier, Leiterin der Kontrollstelle der Erzdiözese Wien. Auch Nadja Wessely, Leiterin der Ombudsstelle für Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch in der Militärdiözese, stellt fest: „Es genügt nicht, Leitungsfunktionen pro forma mit Frauen zu besetzen, ohne ein Umfeld zu fördern und zu schaffen, welches diesen ermöglicht, ihre Leitungsfunktion auch tatsächlich auszuüben.“

Kritik kam auch vonseiten der Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Diözese Innsbruck, Fiona Zöhrer; so sei das Thema „Frauen in der katholischen Kirche“ oft auf eine einzige Thematik reduziert wird. Dabei würden wichtige Anliegen und Aspekte der modernen Lebens- und Arbeitswelt der Frauen ausgeklammert und gleichzeitig werde ihre Fachexpertise ins abseits gerückt, meinte Zöhrer.