Politik

Islamgesetz: IGGÖ-Chef appelliert an Nationalrat

Der Nationalrat soll am Mittwoch über die Novellierung des Islamgesetzes abstimmen. ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS sind dafür. Ümit Vural, Präsident der Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), appellierte nun noch einmal an den Nationalrat, kein Gesetz zu beschließen, das Musliminnen und Muslime diskriminiere.

„Der Nationalrat kann einem Gesetz, das eine einzige Religionsgemeinschaft grundsätzlich ungleich behandelt und einen nie dagewesenen Bruch mit dem bewährten Kooperationsmodell zwischen Staat und Religionen darstellt, nicht zustimmen“, so Vural in einer Aussendung am Mittwoch.

Darin kritisierte der IGGÖ-Präsident einmal mehr, dass sich in dem Gesetz Bestimmungen befinden, „die sich in den Gesetzen anderer staatlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften nicht finden, wie in zahlreichen Stellungnahmen während der parlamentarischen Begutachtungsphase bemängelt wurde“. Letzteren seien von der Bundesregierung jedoch keinerlei Beachtung geschenkt worden, so Vural.

„Politisches Kleingeld“ wechseln

Die Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen werde damit abermals „auf eine institutionalisierte Ebene gehoben“, wie Vural kritisierte. Er beklagte zudem „die mangelhafte Einbindung der betroffenen Religionsgesellschaft“ und warf der Bundesregierung vor, nicht an konsensorientierten Gesprächen und an der Formulierung wirksamer Maßnahmen in der Extremismusprävention interessiert zu sein. Sie würden lenkten lediglich von den „eigenen Versäumnissen“ ab und wolle „auf dem Rücken österreichischer Musliminnen und Muslime politisches Kleingeld wechseln“.

Ümit Vural
APA/Georg Hochmuth
IGGÖ-Präsident Ümit Vural sieht in der Gesetzesnovelle eine Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen

Einen Appell richtete Vural auch an die Grünen. Zumindest sie „als deklarierte Menschenrechtspartei“ und auch die Opposition „sollten sich an dieser Form der Politik nicht beteiligen“, so Vural. Zahlreiche Politikerinnen und Politiker würden sich regelmäßig gegen die Diskriminierung einzelner Bevölkerungsgruppen aussprechen.

Möglicherweise Gang vor VfGH

Er erwarte sich, dass sich diese Haltung auch im heutigen Abstimmungsverhalten widerspiegele: „In den vergangenen Wochen habe ich mich um einen intensiven Austausch mit Abgeordneten unterschiedlicher politischer Couleur bemüht, um den Standpunkt der IGGÖ zu erläutern“, so Vural.

Sollte das Gesetz in dieser Form verabschiedet werden, könne er rechtliche Schritte nicht ausschließen. Die IGGÖ überlegt, den Verfassungsgerichtshof anzurufen, um die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zu überprüfen.

Geplante Änderungen

Das neue Islamgesetz soll das Kultusamt mit umfassenden Kontrollmöglichkeiten über die Angelegenheiten der Islamischen Glaubensgemeinschaft sowie ihrer Kultus- und Moscheegemeinden ausstatten. Das Gesetz wurde im Rahmen des Anti-Terror-Pakets novelliert, die Regierung legte die Novelle wenige Wochen nach dem Terroranschlag in Wien vor. Gegen die Verknüpfung eines Religionsgesetzes mit Maßnahmen gegen Terrorismus sprach sich die IGGÖ seitdem immer wieder deutlich aus.

Die Novellierung des Islamgesetzes werde „keinen einzigen Anschlag verhindern“, sagte Vural kürzlich der Tageszeitung „Die Presse“. „Es wird Muslimen das Gefühl vermittelt, ungleich behandelt zu werden, ja sogar als Ganzes für den Terroranschlag verantwortlich gemacht zu werden.“ Vural forderte bereits vor einigen Monaten, eine konsequente und strikte Trennung zwischen sicherheitspolizeilichen und religionsrechtlichen Regelungen.

Mehr Kontrolle

Die Regierung sichert sich mit dem neuen Islamgesetz Einsicht in die Finanzen der muslimischen Gemeinden. Die Religionsgesellschaft, also die Islamische Glaubensgemeinschaft, aber auch die Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich müssen in Zukunft jährlich ein Vermögensregister der ihnen zugeordneten Kultus- und Moscheegemeinden offenlegen. Das soll es dem Kultusamt ermöglichen, zu kontrollieren, ob das 2015 mit dem Islamgesetz eingeführte Verbot der Auslandsfinanzierung eingehalten wird.

Moscheen leichter schließen

Innerislamische Einrichtungen wie Moscheegemeinden sollen im Falle von Gesetzesverstößen künftig einfacher vom Bundeskanzleramt geschlossen werden können. Das gilt jedenfalls, wenn es dem „Schutz der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer“ dient.

Die übergeordnete Religionsgesellschaft muss nicht mehr aufgefordert werden und hätte somit nicht mehr das Recht, den Missstand selbst abzustellen. Den Moscheegemeinden werde damit ein „faires Verfahren“ nach Artikel 6 der Europäischen Konvention für Menschenrechte verwehrt, wie Vural der „Presse“ sagte.

Breite Zustimmung

Das Kultusamt will auch genaue Informationen darüber erhalten, welcher Imam in welcher Moschee predigt. Wenn die Gesetzesnovelle so in Kraft tritt, müssen dem Bundeskanzleramt künftig sämtliche Einrichtungen der islamischen Religionsgesellschaften und Kultusgemeinden sowie deren Funktionsträgerinnen und Funktionsträger inklusive Gast-Imame bekanntgegeben werden. Die zuständige Kultusministerin Susanne Raab (ÖVP) argumentierte die Neuerung damit, dass es wichtig sei zu wissen, wenn radikale Imame aus dem Ausland nach Österreich kommen und hier predigen.

Die Gesetzesvorlage stieß im Verfassungsausschuss auf breite Zustimmung. Mit Ausnahme der FPÖ, der die Bestimmungen nicht weit genug gehen, stimmten alle Oppositionsparteien dafür.