Justizministerin Alma Zadic (Grüne), Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Kultusministerin Susanne Raab (ÖVP) – (v.l.n.r.)
APA/Helmut Fohringer
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Religionspolitik

Islamgesetz: Experte ortet Verfassungswidrigkeit

Der Religionsrechtsexperte Andreas Kowatsch ortet in der am Mittwoch vom Nationalrat beschlossenen Islamgesetz-Novelle eine „unsachliche Diskriminierung“ der islamischen Religionsgemeinschaften. Das Gesetz dürfte „verfassungswidrig“ sein, sagte er Mittwochabend in der Ö1-Sendung „Religion aktuell“.

„Diskriminierung bedeutet unsachliche Diskriminierung und eine solche dürfte doch vorliegen, wenn die im Islamgesetz anerkannten Religionen einzig und allein ein Imame-Verzeichnis führen müssen. Das kennen wir von anderen Religionsgemeinschaften nicht“, so Kowatsch, Vorstand des Instituts für Kirchenrecht und Religionsrecht an der Uni Wien. Das Islamgesetz gilt für die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) und die Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (ALEVI).

Wenn „einzig und allein“ die anerkannten islamischen Glaubensgemeinschaften über die Verwendung ihrer Mittel Auskunft geben müssen und Verzeichnisse vorlegen müssen, sei dies „eindeutig ein Eingriff in die inneren Angelegenheiten einer Religion“ und dürfte deshalb sogar „verfassungswidrig sein“, so Kowatsch.

„Herbe Enttäuschung“

Dass die Islamgesetz-Novelle beschlossen wurde, sei eine „herbe Enttäuschung“, sagte IGGÖ-Präsident Ümit Vural Ö1. Sie beinhalte „gravierende, nicht akzeptable Eingriffe in das Grundrecht der Religionsfreiheit und auch in die innere Angelegenheit unserer Glaubensgemeinschaft“.

Vural beklagte auch „eine Schlechterstellung gegenüber anderen Religionsgesellschaften". Die „vielen Stellungnahmen und kritischen Stimmen während er Begutachtungsphase wurden leider nicht berücksichtigt“, sagte der IGGÖ-Chef, der den Rechtsweg nicht ausschließt. Das Gesetz könnte also vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) landen, der das Gesetz, falls es verfassungswidrig sein sollte, kippen würde.

Mehr Kontrollmöglichkeit für Staat

Das neue Islamgesetz stattet das Kultusamt mit umfassenden Kontrollmöglichkeiten über die Angelegenheiten der Islamischen Glaubensgemeinschaft sowie ihrer Kultus- und Moscheegemeinden aus. Das Gesetz wurde im Rahmen des Anti-Terror-Pakets novelliert, die Regierung legte die Novelle wenige Wochen nach dem Terroranschlag in Wien vor.

Gegen die Verknüpfung eines Religionsgesetzes mit Maßnahmen gegen Terrorismus sprach sich die IGGÖ seitdem immer wieder deutlich aus. Vural forderte eine konsequente und strikte Trennung zwischen sicherheitspolizeilichen und religionsrechtlichen Regelungen.

Einsicht in Finanzen

Die Regierung sichert sich mit dem neuen Islamgesetz Einsicht in die Finanzen der muslimischen Gemeinden. Die anerkannten islamischen Religionsgemeinschaften müssen in Zukunft jährlich ein Vermögensregister der ihnen zugeordneten Kultus- und Moscheegemeinden offenlegen. Das soll es dem Kultusamt ermöglichen, zu kontrollieren, ob das 2015 mit dem Islamgesetz eingeführte Verbot der Auslandsfinanzierung eingehalten wird.

Innerislamische Einrichtungen wie Moscheegemeinden können im Falle von Gesetzesverstößen künftig einfacher vom Bundeskanzleramt geschlossen werden. Das gilt jedenfalls, wenn es dem „Schutz der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer“ dient.

Imame-Verzeichnis

Die übergeordnete Religionsgesellschaft muss nicht mehr aufgefordert werden und hat somit nicht mehr das Recht, den Missstand selbst abzustellen. Dem Bundeskanzleramt müssen künftig auch sämtliche Einrichtungen der islamischen Religionsgesellschaften und Kultusgemeinden sowie deren Funktionsträgerinnen und Funktionsträger inklusive Gast-Imame bekanntgegeben werden.

Die zuständige Kultusministerin Susanne Raab (ÖVP) argumentierte die Neuerung damit, dass es wichtig sei zu wissen, wenn radikale Imame aus dem Ausland nach Österreich kommen und predigen.