Indigene Demonstrantinnen und Demonstranten in Brasilien
APA/AFP/Sergio Lima
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Brasilien

Bischof: Widerstand gegen Bolsonaro nötig

Der emeritierte Bischof von Altamira in Brasilien, Erwin Kräutler, hat am Wochenende in einem Appell an mehrere kirchliche Medien vor einem Ökozid Amazoniens gewarnt. Widerstand gegen Präsident Jair Bolsonaro sei notwendig, so der Bischof.

Kräutler beschrieb gegenüber Kathpress und weiteren österreichischen kirchlichen Medien die dramatischen Folgen der vom brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro angestrebten Öffnung der Indigenen Gebiete für eine wirtschaftliche Nutzung. Die Nutzung wäre ein Dolchstoß ins Herz der dort lebenden Völker und ein "weiterer folgenschwerer Angriff auf das Ökosystem Amazoniens.

Die Konsequenzen daraus würden nicht an der Grenze Brasiliens halt machen, so Kräutler. Die Folgen der Coronavirus-Pandemie, die viele Tote unter den Indigenen gefordert hat, seien bereits schlimm genug.

„Goldschürfer haben das Coronavirus und andere Krankheiten unter den Indigenen Völkern verbreitet, und es hat Todesopfer gefordert. Ja sogar mit Waffengewalt verschaffen sie sich den Weg zum Edelmetall. Gott sei Dank lassen die Indios nicht locker und sind zu Hunderten in die Bundeshauptstadt (Brasilia) gereist, um ihren Forderungen nach Einhaltung der Verfassungsartikel Nachdruck zu verleihen“, heißt es im Appell des Bischofs.

Erwin Kräutler
APA/Roland Schlager
Bischof Erwin Kräutler 2010

Kräutler kämpft darum, dass die Verankerung der Indigenen-Rechte in der brasilianischen Verfassung, an der er einst selbst beteiligt war, beibehalten wird. Wenn auch viele Dinge in Brasilien im Argen lägen, so sei doch sicher, dass die Erkenntnis der tragischen Realität der Gegenwart der Auftakt für einen Wandel bilde.

Klage beim Internationalen Gerichtshof geplant

Denn "die tausenden und abertausenden Menschen, die in allen Hauptstädten und größeren Städten, ja selbst in europäischen Hauptstädten, auf die Straße gehen und die Absetzung Bolsonaros verlangen, können nicht einfach ignoriert werden.

Die brasilianische Rechtsanwaltskammer, die Bischofskonferenz und unzählige zivile und politischen Organisationen melden sich wiederholt zu Wort. Der Dachverband der Indigenen Völker (Artikulation der Indigenen Völker Brasiliens APiB, Anm.) plane in diesem Monat den Präsidenten beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag wegen Genozids und Ökozids zu klagen, so Kräutler.

Umweltminister Pass abgenommen

Umweltminister Ricardo Salles habe bereits seinen Ministerposten verloren. "Er ist eine besonders schillernde Figur und selbst in den illegalen Holzhandel verwickelt. Die Richterin des Obersten Gerichtshof habe verfügt, dass ihm der Reisepass entzogen wird, damit er sich nicht ins Ausland absetzen könne, um einem Prozess zu entkommen.

Ein Rest Regenwald neben Feldern in Brasilien
APA/AP/Leo Correa
Die Abholzung des Regenwaldes in Brasilien gefährdet das Ökosystem und den Lebensraum der indigenen Bevölkerung

Mehrheit für Amtsenthebungsverfahren

Angesichts von mehr als 500.000 CoV-Toten in Brasilien und mehreren Skandalen hat sich laut Kathpress erstmals eine absolute Mehrheit für ein Amtsenthebungsverfahren des rechten Staatschefs Bolsonaro ausgesprochen. Wie Medien am Wochenende berichteten, ergab eine Umfrage des Instituts Datafolha, dass 54 Prozent der Befragten für die Einleitung des Verfahrens sind, 42 Prozent sprachen sich dagegen aus.

Derzeit erfährt der Präsident die niedrigsten Zustimmungsraten seit seinem Amtsantritt im Jänner 2019. Für ein Amtsenthebungsverfahren bedarf es einer Zweidrittelmehrheit im Kongress.

Mehrere Skandale in CoV-Pandemie

In den vergangenen Wochen hatte ein Untersuchungsausschuss des Senats zwei Skandale bei der Beschaffung von Impfstoffen zutage gefördert. Zudem kamen Versäumnisse bei der Pandemie-Bekämpfung ans Licht. Mit über 530.000 CoV-Toten liegt Brasilien hinter den Vereinigten Staaten auf Platz zwei weltweit.

Noch verfügt Bolsonaro über genug Stimmen im Kongress, um eine Absetzung zu verhindern. Meinungsforschern zufolge hätte Bolsonaro bei Wahlen derzeit kaum eine Chance auf die Wiederwahl. Stattdessen könne der ehemalige linke Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, der bereits von 2003 bis 2010 regierte, im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit gegen Bolsonaro erreichen. Bolsonaro liegt demnach nur bei rund 25 Prozent.