Kanada

Kindergräber: Erzdiözesen starten Aufarbeitung

Als Reaktion auf die Tragödie der Internatsschulen für Indigene, die nach der Entdeckung von Hunderten anonymer Gräber für Empörung sorgte, schreiten immer mehr kanadische Diözesen zur Tat und beginnen mit Aufarbeitungsprogrammen.

Nachdem vor einigen Tagen bereits ein Dokument veröffentlicht wurde, das Antworten auf die Fragen vieler Gläubiger zu dieser dunklen Seite in der Geschichte des Landes geben soll, kündigte nun die Erzdiözese Toronto neue Initiativen an, wie das Portal Vatican News berichtete. Demnach handelt es sich dabei u.a. um Bildungsprojekte, die darauf abzielen, Geistliche und Gläubige über das „tragische Erbe der Internatsschulen“ zu informieren, wie es in einer Mitteilung der Diözese heißt.

Konkret geht es um Initiativen zur psychologischen und spirituellen Unterstützung der Überlebenden und derjenigen, die immer noch unter den Traumata leiden, die von den Generationen vererbt wurden, die diese Erfahrung durchlebten. Weiters startet eine Spendenkampagne zur Finanzierung der „laufenden Heilungs- und Versöhnungsbemühungen“.

Kleine Flaggen mit Solarlichtern markieren die Stellen, an denen Kinder indigener Familien in Kanada eingegraben wurden
APA/AFP/Geoff Robins
Kleine Fahnen mit Solarlichtern markieren die Stellen, wo Kinder indigener Familien begraben worden sind. Mehrere Diözesen in Kanada haben Aufarbeitungsinitiativen begonnen.

„Weg der Versöhnung“

„Obwohl die Erzdiözese keine Internatsschulen betreibt, haben wir die Verantwortung, Schritte zu unternehmen, die wirklich sinnvoll sind, um mit den indigenen Gemeinschaften den Weg der Versöhnung zu gehen und dabei zu helfen, das im Internatssystem erlittene Trauma zu heilen“, heißt es in einer Erklärung. Der Missbrauch in den Internatsschulen für Indigene sei „unverzeihlich und unerträglich“. Die Erzdiözese habe zudem Arbeitsgruppen gebildet, „die offen für Beiträge der indigenen Gemeinden sind, um zu verstehen, wie man helfen und diese Interventionen auf den Weg bringen kann“.

Die Bildungsprojekte zielten darauf ab, das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie sich diese Tragödie weiterhin auf indigene Völker auswirke, und ein größeres „Verständnis für indigene Spiritualität“ zu fördern. Was die psychologische und spirituelle Unterstützung betrifft, so wurde die Einrichtung von „Beratungskreisen in persönlicher Form oder in Gruppen, Workshops, Gebet und Versöhnungsdiensten“ vorgeschlagen.

150.000 Kinder aus ihren Familien gerissen

Es wird geschätzt, dass zwischen 1883 und 1996 150.000 indigene Kinder aus ihren Familien gerissen und gezwungen wurden, staatliche Internatsschulen zu besuchen, als Teil der Politik der Bundesregierung zur Assimilierung der indigenen Bevölkerung. Im Jahr 2015 veröffentlichte die kanadische Wahrheits- und Versöhnungskommission nach sieben Jahren Forschung einen Bericht, der die Misshandlung und die schlechten Bedingungen, unter denen diese Kinder leben mussten, detailliert beschreibt. Viele von ihnen – mindestens 4.000 – starben an Krankheiten, Hunger, Kälte und anderen Ursachen, die noch nicht geklärt sind.

In den letzten Wochen haben sich die kanadischen Bischöfe mehrfach zu Wort gemeldet, um ihre Solidarität und die Bereitschaft der Kirche auszudrücken, mit den sogenannten „First Nations“ bei der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit zusammenzuarbeiten. Eine Einladung an die politischen und religiösen Autoritäten Kanadas, sich „demütig auf einen Weg der Versöhnung und der Heilung einzulassen“, sprach auch Papst Franziskus aus, nachdem der Fall der Internatsschule in Kamloops, British Columbia, bekannt geworden war.