Papst Franziskus geht
Reuters/Guglielmo Mangiapane
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Weltsynode

Vatikan-Dokument: Viel Lob, wenig Tadel

Nachdem der Vatikan am Dienstag zwei zentrale Vorbereitungsdokumente für die Weltsynode der katholischen Kirche veröffentlicht hat, haben Bischöfe, Theologen und Laienvertreter sich zu Wort gemeldet. Die Bilanz spricht bisher für den Papst: Es gibt viel Lob und nur wenig Tadel.

„Die Dokumente lassen keinen Zweifel daran: Es geht dem Papst nicht um das Produzieren von Papier, sondern darum, das Bewusstsein zu stärken, dass alle Getauften in der Kirche einen gemeinsamen Weg miteinander gehen“, erklärte der Salzburger Erzbischof und Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Franz Lackner, am Dienstag in einer Aussendung.

Es werde ausdrücklich darum gebeten, „möglichst viele Menschen zu befragen“, und dabei gerade auch jene besonders in den Blick zu nehmen, „die oft vergessen werden oder am Rand stehen“, so der Erzbischof, der den im Oktober startenden zweijährigen Prozess unterstützt. Lackner schloss sich der Einladung des Papstes an, und lud alle Gläubigen in Österreich ein, „sich an diesem Prozess zu beteiligen“. Jede und jeder sei wichtig und solle mit seinen Erfahrungen gehört werden.

Erzbischof Franz Lackner
APA/Kathpress/Henning Klingen
Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner versicherte am Dienstag seine „Unterstützung und Motivation“ für den Synodalen Prozess

Dokument als „Meilenstein“

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, bezeichnete das Vorbereitungsdokument zur Weltbischofssynode am Dienstag als „Meilenstein auf dem Synodalen Weg, weltweit und für die Kirche in Deutschland“. Papst Franziskus setze damit weiter „konsequent um, was er unter Synodalität versteht“, erklärte er in Bonn. Er sei dankbar, dass das Dokument „nun auch offiziell im Blick auf den weltweiten kirchlichen Prozess ausdrücklich vom ‚Synodalen Weg‘ spricht“ und die bereits begonnenen Prozesse in mehreren Ländern wertschätze.

Bätzing verwies auch auf das Ende des Textes, worin es heißt, dass es in der Konsultationsphase nicht darum gehe, Dokumente zu produzieren, sondern Träume aufkeimen zu lassen. Ähnliches habe ihm Papst Franziskus 2020 auch im Gespräch über den Synodalen Weg in Deutschland gesagt. Ihn selbst, so Bätzing, ermutige das Dokument, „diesen Weg mitzugehen und gleichzeitig die Erfahrungen des Synodalen Weges bei uns in die weltkirchlichen Beratungen einzubringen“. Beide Wege, der weltkirchliche wie der in Deutschland, ergänzten einander.

Deutsche fühlen sich ermutigt

Auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx sieht in dem Vatikan-Dokument eine Stärkung für den Reformprozess in Deutschland. "Ich sehe viele Gemeinsamkeiten mit dem „Synodalen Weg" bei uns und denke, dass sich die Prozesse gut ergänzen können“, sagte der Erzbischof von München und Freising. "Der Weg der Weltkirche geht hin auf eine „Synodale Kirche". Dieser Schritt wird nicht mehr zurückgenommen, auch wenn die Bischofssynode 2023 zu Ende ist.“

Papst Franziskus schüttelt dem deutschen Kardinal Reinhard Marx in einer Privataudienz die Hand, Archivbild vom 3. Februar 2020
APA/AFP/Vatican Media
Der deutsche Kardinal Marx fühlt sich von dem Dokument aus dem Vatikan bestätigt

Im Vorbereitungsdokument wird mehrfach der in der katholischen Kirche in Deutschland verwendete Begriff des „Synodalen Wegs“ aufgegriffen. Allerdings ist es fraglich, ob der Papst darunter Ähnliches versteht wie die deutschen Katholikinnen und Katholiken. Diese diskutieren seit eineinhalb Jahren die Position der Frau, die kirchliche Sexualmoral, den Umgang mit Macht und die priesterliche Ehelosigkeit und wollen dabei auch ganz konkrete Reformfortschritte erzielen.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, bezeichnete das Dokument als „ermutigend“. „Dass aus dem Vatikan heraus formuliert wird, Synodalität stelle für die Kirche einen Königsweg dar, gibt mir Hoffnung, dass wirklich auf den Glaubenssinn des Volkes Gottes gehört wird.“ Der Synodale Weg in Deutschland und anderen Ländern ergänze sich aufs Beste mit der vom Vatikan geplanten Bischofssynode.

Warnzeichen für deutsche Katholiken

Der als Kritiker des „Synodalen Wegs“ bekannte Priester und Buchautor Wolfgang Picken interpretiert das Dokument gänzlich anders – nämlich als Warnzeichen für die deutschen Katholikinnen und Katholiken. Was dem Papst vor allem wichtig sei, sei eine möglichst breite Partizipation aller Gläubigen bei der Erneuerung der Kirche im Rahmen eines synodalen Prozesses, sagte der Stadtdechant von Bonn der Deutschen Presse-Agentur. „Das ist das Gegenteil unseres Prozesses in Deutschland. Wir sind 230 Delegierte ohne strukturelle Rückbindung an die Basis. Hier fehlen die vorhergehenden Diskussionen in Pfarreien und Diözesen, die Franziskus wünscht.“

Picken sagte, ein anderer Unterschied sei zudem, dass der „Synodale Weg“ in Deutschland auf vier Themenfelder beschränkt sei und sich als Reaktion auf den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche verstehe. Der Prozess, der dem Papst vorschwebe, sei thematisch viel weiter gefasst.

Glauben vertiefen statt reformieren

Er verstehe sich auch nicht ausdrücklich als Reformprozess, vielmehr gehe es dem Dokument zufolge zuerst um eine Vertiefung des Glaubens und dann um „persönliche Umkehr und strukturelle Reform“, sagte Picken. An erster Stelle sei also der Einzelne aufgerufen, an sich zu arbeiten. Picken lehnt den „Synodalen Weg“ nicht grundsätzlich ab, hält aber zentrale Forderungen für utopisch.

Papst Franziskus am Weg zurück von der Generalaudienz, von hinten,
APA/AFP/Tiziana Fabi
Papst Franziskus gehe nicht weit genug, sagt Theologe Daniel Bogner

Kritik: „Papst bleibt auf halbem Wege stehen“

Der Theologe Daniel Bogner äußerte sich kritisch zu dem Vatikan-Dokument. Das Dokument spiegele „das spezifisch römische Verständnis von Synodalität“, sagte der Professor für Moraltheologie und Ethik an der schweizerischen Universität Freiburg der Deutschen Presse-Agentur. „Ziel soll vor allem sein, zu einer besseren gegenseitigen Wahrnehmung zu kommen und sich besser zuzuhören.“ Das sei an sich auch richtig, doch sei dies auch bisher schon der Anspruch innerhalb des Christentums gewesen.

„Die römische Position setzt nicht tief genug an, denn auf eine kritische Diskussion der hierarchischen Verfassungsstruktur der Kirche wird verzichtet“, bemängelte Bogner. „Es bleibt dabei, dass Kirchenmitglieder zwar ausführlicher konsultiert werden sollen, die Entscheidungen aber werden am Ende allein von geweihten Amtsträgern getroffen.“ Damit offenbare das Dokument „eine grundlegende Schwäche des Vorgehens von Papst Franziskus: Er macht Vorschläge in die richtige Richtung, aber er bleibt auf halbem Wege stehen.“

„Monarchistisch-hierarchischer Gesamtrahmen“

Der Vatikan gehe weiterhin davon aus, dass der „monarchistisch-hierarchische Gesamtrahmen“ der Kirche gesetzt sei und auch durch Synodalität nicht in Frage gestellt werden könne. „Das genau aber ist unter anderem Gegenstand des Synodalen Weges“, gab Bogner zu bedenken.

Papst Franziskus will ab Oktober in Vorbereitung auf die Weltbischofssynode 2023 alle Gläubigen weltweit zur Mitarbeit an der Weiterentwicklung der Kirche aufrufen, wie es in einem am Dienstag im Vatikan vorgestellten Vorbereitungsdokument hieß.

Klimakrise, Missbrauch, soziale Ungerechtigkeit

Mit dem weltweiten Prozess will der Papst die katholische Kirche synodaler gestalten. Einzelne, Gruppen und Verantwortliche sollen stärker aufeinander hören und mehr Menschen beteiligt werden. Nur so könne sich die Kirche Herausforderungen stellen und die christliche Botschaft angemessener bezeugen.

Das vom Generalsekretariat der Bischofssynode veröffentlichte Vorbereitungsdokument trägt den Titel „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“. Es skizziert den Kontext, in dem die Weltsynode stattfindet: Covid-19-Pandemie, soziale Ungleichheit, Missbrauchsskandale in der Kirche, Klimakrise, Migration. Zugleich beschreibt es den Stil des synodalen Prozesses.