Pflege

Caritas geht in Kampagne gegen Pflegenotstand vor

„Wir pflegen Werte.“ Darauf macht die Caritas in ihrer diesjährigen, traditionell im September startenden Pflege-Kampagne aufmerksam, die Menschen für den Pflege- und Betreuungsberuf interessieren soll.

Im Mittelpunkt stehen dabei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für dieses Berufsfeld „als Botschafterinnen und Botschafter auftreten“, wie es in einer Aussendung am Dienstag heißt. Deren Authentizität und Glaubwürdigkeit solle dazu führen, neue Mitarbeitende in den Einrichtungen und Diensten der Caritas zu gewinnen.

In der Kampagne gehe es neben den Menschen auch um die Werte, die die Caritas prägen. Als unterscheidendes Merkmal gegenüber anderen Pflegedienst-Anbietern in Österreich könne die Caritas laut der Leiterin des Bereichs Kommunikation & Fundraising, Katha Häckel-Schinkinger, von sich behaupten: „Unsere Kolleginnen und Kollegen pflegen und betreuen nicht nur Menschen, sondern die Werte einer ganzen Gesellschaft.“

„Pflegerinnen gebührt Anerkennung“

Häckel-Schinkinger nannte Menschlichkeit und Zusammenhalt, Vielfalt und Herzlichkeit, Achtsamkeit und Würde, die in der Caritas-Arbeit von hauptamtlich oder ehrenamtlich Tätigen „mit Leben gefüllt“ würden. Thomas Tatzl, Geschäftsführer der mit der Kampagne betrauten Agentur DDB Wien möchte Menschen in Pflege- und Betreuungsberufen bewusst eine Bühne geben, wie er sagte: „Denn der Gemeinschaft der Pflegerinnen und Pfleger gebührt Anerkennung – auch in Form aktiver, mutiger Öffentlichkeitsarbeit.“

Pflege-Kampagne der Caritas, Plakat
Caritas
Plakat aus der neuen Caritas-Pflegekampagne

Die zweigeteilte Kampagne mit Teaser- und Auflösungsteil soll multimedial durch mehr als 1.400 Groß-Plakate, Onlinebanner und Print-Inserate sichtbar werden; geplant sind auch Videos der Mitarbeitenden auf den Social-Media-Kanälen der Caritas in Österreich.

Interessierte können sich im Rahmen der Kampagne beispielsweise an Info-Tagen auf Social Media sowie in „Job Zoom Calls“ über die unterschiedlichen Berufsangebote informieren.

„Es ist fünf Minuten nach zwölf“

Die Pflege ist laut der Caritas Kärnten bereits selbst zum Pflegefall geworden: „Es ist fünf Minuten nach zwölf“, schlug Ernst Sandriesser, Caritasdirektor der Diözese Gurk-Klagenfurt, in einer Aussendung am Dienstag Alarm. Pflegekräfte, die im normalen Arbeitsalltag schon enorm viel hätten leisten müssen, seien durch die Coronavirus-Pandemie noch einmal voll gefordert worden. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben ihr Bestes und vollbringen Höchstleistungen“, so Sandriesser. „Viele ziehen aber die Notbremse und hören auf.“

Für die Politik bestehe dringender Handlungsbedarf, sonst würden noch mehr Mitarbeiter in der Pflege „das Handtuch werfen und der akute Personalengpass wird noch schlimmer“, warnte die Caritas Kärnten. Die bisherigen Maßnahmen des Landes Kärnten, wie die Einführung von community nurse – also Pflege außerhalb von Akutkrankenhäusern – seien gut und wichtig, „aber reichen bei weitem nicht aus.“ Der Caritasdirektor forderte gemeinsam mit dem Betriebsrat die Gleichstellung der Langzeit- mit der Akutpflege, einen besseren Personalschlüssel und die Abschaffung der Deckelung in der mobilen Pflege.

Unter dem Motto „Die Pflege darf nicht länger Stiefkind sein“ urgiert die Caritas von der Politik auch eine Personaloffensive: So müsse der Einstieg in den Pflegeberuf durch unterschiedlichste Ausbildungswege möglich sein – für junge Menschen, berufsbegleitend und für Quereinsteiger.

„Wir schuften und sind am Limit“

Fachkräfte der Caritas Kärnten gaben in der Aussendung Einblick in ihren extrem fordernden Berufsalltag und machten deutlich, dass es höchste Zeit für die Umsetzung der Pflegereform sei. Die Pflegeassistentinnen Barbara Slamanig (46), Elvira Salihovi (40) und Karin Ogris (48) würden ihren abwechslungsreichen und krisensicheren Job lieben, vor allem die Kommunikation mit den von ihnen Betreuten. Deren Dankbarkeit „stärkt, wenn man wegen der Arbeitslast völlig verzweifelt ist“, so die Frauen nach eineinhalb Jahren Pandemie.

Barbara Slamanig: „Wir schuften und sind am Limit. Ich spüre es schon körperlich. Und trotzdem habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich selbst einmal krank bin und nicht für andere einspringen kann.“ Zwei Fachkräfte seien für 15 bis 19 zu Betreuende zuständig, das Einhalten der Pausen gestalte sich damit schwierig.

Überforderung, kein Nachwuchs

„Viele Bewohnerinnen und Bewohner sind dement, sturzgefährdet und haben eine Weglauftendenz. Da musst du mit deinen Augen und Ohren ständig überall sein“, berichtete Karin Ogris. Sie fühle sich wie ihre Kolleginnen von der Politik im Stich gelassen: „Es gibt keinen Nachwuchs. Die jungen Kolleginnen bleiben nicht. Sie sehen Stress und Mangel. Und unsere Generation geht nach der Reihe in die Knie. Wir sitzen auf einem Dynamitfass, das hochgehen wird, wenn sich nichts ändert.“

Dass die Lösung des Pflegekräftemangels keinen Aufschub mehr duldet, unterstrichen auch die Caritas-Betriebsräte Branko Jeremi (stationäre Pflege) und Nicole Trojar (mobiler Dienst).