Deutsche Bischöfe
Reuters/Kai Pfaffenbach
Reuters/Kai Pfaffenbach
Synodaler Weg

Deutsche Bischöfe beraten über Reformprozess

Die katholischen Bischöfe in Deutschland kommen am Montagnachmittag zu ihrer Herbstvollversammlung in Fulda zusammen. Ein Schwerpunkt der viertägigen Beratungen ist der Reformprozess Synodaler Weg.

Vom 30. September bis zum 2. Oktober tagt in Frankfurt/Main zum zweiten Mal die Synodalversammlung, die den Prozess vorantreibt und am Ende Empfehlungen für konkrete Änderungen vorlegen soll. Der Prozess umfasst vier Punkte: die Stellung der Frauen in der Kirche, die kirchliche Sexualmoral, den Umgang mit Macht und die priesterliche Ehelosigkeit (Zölibat).

Ein weiteres Thema des Bischofstreffens ist die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch katholische Priester. Hierzu liegen mittlerweile mehrere Studien vor. Sie bestätigen immer wieder, dass es der Kirche jahrzehntelang nur darum ging, die Täter zu schützen. Die deutsche Bischofskonferenz beschäftigt sich außerdem mit der Lage in Afghanistan und dem Kampf gegen Antisemitismus.

Zukunft Woelkis ungeklärt

Das Treffen findet in einer Atmosphäre der Unklarheit statt. Zum einen ist unsicher, wie Papst Franziskus zu den Reformbestrebungen der deutschen Katholiken steht. Zum anderen ist die Zukunft des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki ungeklärt. Sein Bistum befindet sich seit etwa einem Jahr in einer tiefen Krise, was sich unter anderem in einer Welle von Kirchenaustritten niederschlägt. Im Juni hatten zwei Bevollmächtigte des Papstes die Situation überprüft.

Im Fall des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße hatte Papst Franziskus in der vergangenen Woche entschieden, dass dieser im Amt bleiben darf. Heße hatte seinen Rücktritt angeboten, weil ihm ein Gutachter Pflichtverletzungen bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen nachgewiesen hatte. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) – die Vertretung der Laien – reagierte „schockiert“ auf die Entscheidung des Papstes.

Reformer sehen Scheideweg

Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“ sieht die deutschen Bischöfe in Fulda an einem Scheideweg: „Bleiben die Bischöfe ihrem Versprechen treu, mit dem Synodalen Weg und gemeinsam mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken sich um grundlegende Reformen zu bemühen, die sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch verhindern? Oder lassen sie sich durch gezielte Störmanöver einzelner Bischöfe und auch durch den jetzt von Rom organisierten weltweiten synodalen Prozess von ihren Zusagen abbringen?“

Zuletzt hatte der konservative Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer alternative Textvorschläge zum Synodalen Weg auf einer eigenen Website publiziert. Der Papst bereitet einen eigenen Synodalen Prozess vor, wobei unklar ist, was genau er darunter versteht.

„Die Katholikinnen und Katholiken in Deutschland erwarten von dieser Bischofsversammlung ein überzeugendes Bekenntnis zum Reformprozess des Synodalen Weges, wenn der nicht zur Farce werden soll“, mahnte „Wir sind Kirche“.

Frauen pochen auf Gleichberechtigung

Die feministische Bewegung „Maria 2.0“ will auch in diesem Jahr anlässlich der Herbstvollversammlung für Gleichberechtigung und Glaubwürdigkeit in der katholischen Kirche auf die Straße gehen. Am Abschlusstag der Bischofsversammlung an diesem Donnerstag (23. September) ist unter dem Motto „Wir bleiben laut“ eine Demonstration in Fulda geplant.

„Mit den Verbrechen des sexuellen und geistlichen Missbrauchs, mit der fehlenden Gleichberechtigung, der lebensfremden und diskriminierenden Sexualmoral, der Zölibatsverpflichtung, mit dem Klerikalismus und dem Machtmissbrauch ist übergroßes Leid verbunden“, erklärte die Reformgruppe. Nötig sei eine radikale und grundlegende Erneuerung der katholischen Kirche. Unterstützt werde die Demonstration von der Friedensbewegung „Pax Christi“ sowie „Wir sind Kirche“.

Opferinitiativen: Fühlen uns „verhöhnt und beleidigt“

Mehrere Opferinitiativen warfen der katholischen Kirche zum Auftakt der Herbstvollversammlung einen „unsäglichen Umgang mit den Betroffenen sexuellen Missbrauchs in kirchlichen Einrichtungen“ vor. Der von den Bischöfen vorgegebene Zahlungsrahmen der Anerkennungszahlungen bis 50.000 Euro sei schon „lächerlich niedrig“, erklärten Vertreter des Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen sowie der Giordano-Bruno-Stiftung am Montag in Fulda. Doch die konkreten Entscheidungen der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen „übertreffen unsere schlimmsten Befürchtungen bei weitem“, hieß es.

Die Kommission reize selbst in Fällen des schweren, hundertfachen und sich über Jahre erstreckenden Missbrauchs nicht einmal den ihr zur Verfügung stehenden Rahmen aus, kritisierten die Initiativen. Auch ließen die Zahlungen der Kommission Transparenz und Systematik vermissen. „Im Ergebnis gleicht das Verfahren eher einem Glücksrad als einem fairen Verfahren. Wir Betroffenen fühlen uns verhöhnt und beleidigt.“ Und weiter: „Solange die Anerkennungsleistungen das Leid der Betroffenen nicht wenigstens ansatzweise widerspiegeln, werden die Verbrechen erneut bagatellisiert.“

„Konsequenzloses Verhalten aus Rom“

Seit Anfang des Jahres können Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche nach einer Neuregelung der Anerkennungszahlungen höhere Summen beantragen. Der Beschluss der deutschen Bischöfe vom September 2020 sieht finanzielle Leistungen von bis zu 50.000 Euro vor.

Bei einer Protestaktion wollten die Initiativen während der Herbstvollversammlung ihre Position verdeutlichen. Bis zum Abschluss der Versammlung am Donnerstag würden die Großplastik „Der Hängemattenbischof“ sowie zwei weitere Kunstwerke in Fulda gezeigt, hieß es. Die Organisatoren kritisierten auch die Entscheidungen von Papst Franziskus, die Rücktrittsangebote des Erzbischofs von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, und Hamburgs Erzbischof Stefan Heße nicht anzunehmen.

„Das konsequenzlose Verhalten aus Rom, gegenüber schuldig gewordenen Verantwortungsträgern macht jede weitere Missbrauchsstudie überflüssig – in den Augen von Papst und Kirche sind die Betroffenen ohnehin nichts wert“, so Jens Windel, Mitglied im Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz sowie Gründer der Betroffeneninitiative-Hildesheim.